
© Guido Bludau
Vermarktung der Zechenfläche in Dorsten wird zur Erfolgsgeschichte
Fürst-Leopold-Areal
17 Jahre nach dem Aus für die Zeche Fürst Leopold in Dorsten sind auf dem Areal viele Grundstücke verkauft. Hier alle Infos. Dazu ein Drohnenflug, der zeigt, wie sich das Areal entwickelt.
Noch hat die Firma „Oftec“ im Dorstener Gewerbegebiet Barbarastraße auf dem Gelände des ehemaligen Autohauses Kasper ihren Sitz. „Doch hier platzen wir aus allen Nähten“, erzählt Susanne Streck, stellvertretende Geschäftsführerin des Unternehmens, das sich auch auf die Industriesparte „Oberflächentechnik“ spezialisiert hat.
Deshalb hat sich der Familienbetrieb zu einem Umzug innerhalb Dorstens entschlossen - und ein fast 8000 Quadratmeter großes Grundstück auf dem Areal der ehemaligen Zeche Fürst Leopold von den städtischen Wirtschaftsförderern der Gesellschaft „Windor“ erworben. Der Rohbau für die neuen Firmengebäude wächst dort Tag für Tag. „Wir hoffen, dass wir im Februar oder März fertig sind“, sagt Susanne Streck.
„Sieben Hektar haben wir vergeben“
„Oftec“ ist nicht der einzige Neuzugang auf der Fläche, die seit dem Aus der Schachtanlage Fürst Leopold vor sieben Jahren für die Zukunft fit gemacht wird. Es läuft. Und es läuft inzwischen bestens. Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man mit den Akteuren spricht, die sich als Kooperationspartner die Vermarktung der etwa 30 Hektar großen Gewerbefläche teilen.
Neben der RAG Montan Immobilien GmbH und der Tedo GmbH/Ruhrstadtstiftung (Tempelmann) ist dies auch die städtische Wirtschaftsförderungsgesellschaft Windor. Sieben Hektar des insgesamt 8,3 Hektar großen Areals, das die Windor verantwortet (dazu gehören auch ehemalige EON-/Ruhrgas-Flächen), sind mittlerweile verkauft beziehungsweise reserviert. „Wir gehen dabei von mindestens 200 Vollzeit-Arbeitsplätzen aus, vielleicht sogar 50 bis 75 mehr“, erklärt Windor-Geschäftsführer Josef Hadick.

Die Grafik zeigt die einzelnen Vermarktungsbereiche. © Grafik: Nina Dittgen
Zwei Gründe nennt er für den Erfolg: „Zum einen sind wir in einer ökonomischen Hochdruckphase, die Unternehmen suchen dringend Flächen.“ Außerdem: „Wir können hier attraktive Grundstücke anbieten und wir machen das gut“, sagt er nicht ohne Stolz. „Die meisten Flächen haben wir durch Mund-zu-Mund-Propaganda vermarkten können“, ergänzt Thomas Borg (Windor-Projekt- und Immobilienmanagement): „Ich habe keines der Grundstücke, die wir zuletzt verkauft haben, in den Internet-Immobilien-Portalen anbieten müssen.“
Windor hat 50 Anfragen bekommen
Seit Mitte 2016, sagt Hadick, sei man intensiv mit der Vermarktung beschäftigt: „Wir haben 50 Anfragen für unsere Flächen bekommen.“ Aber manche Firma habe den Richtlinien des Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramms (RWP) nicht entsprochen, anderen seien an den Restriktions-Hürden des Bebauungsplanes gescheitert. Das RWP sieht unter anderem vor, dass die Unternehmen 50 Prozent ihres Umsatzes in einem Radius von mehr als 50 Kilometern außerhalb Dorstens machen müssen, so Hadick: „Da sind die Handwerksbetriebe, die vornehmlich hier in der Region tätig sind, leider nicht zum Zuge gekommen.“
Vier Verkäufe in den letzten sechs Monaten
Neun Grundstücke hat Windor bereits verkauft, davon allein vier in den vergangenen sechs Monaten, und zwar diejenigen östlich neben Honsel-Supermarkt, Begegnungszentrum „Das Leo“ und ehemaliger Versuchsanlage. Wer die jeweils 2000 bis 3000 Quadratmeter großen Flächen erworben hat, wollen Josef Hadick und Thomas Borg indes noch nicht öffentlich bekannt geben.
Zwei städtische Ex-Eon-Flächen ganz im Osten sind reserviert, eine von ihnen steht kurz vor der notariellen Beurkundung. „Mit drei weiteren Unternehmen führen wir derzeit Gespräche“, sagt Thomas Borg. Auf einem städtischen Grundstück errichten Schüler des Berufskollegs einen Sportpark mit Bergbau-Motiven.

Das Unternehmen Oftec zieht von der Barbarastraße auf das Zechengelände um. © Michael Klein
Zu den verkauften Grundstücken gehört die eingangs erwähnte 7800-Quadratmeter-Fläche der Firma Oftec, die mit einem Dutzend Mitarbeiter hierhin ziehen wird. „Auf dem Grundstück errichten wir ein Büro, eine Werkstatt und Ausstellungsräume“, erklärt die stellvertretende Geschäftsführerin Susanne Streck. „Hier haben wir dann genügend Platz, um unseren auch internationalen Kunden Vorführungen und Versuche anbieten zu können.“ Oftec bedient ausschließlich Kunden aus dem gewerblich-industriellen Bereich. „Wir verkaufen, vermieten und reparieren Geräte an Firmen wie BP oder Schiffswerften, die Oberflächen entlacken, entrosten oder reinigen wollen“, so Susanne Streck.
Auch Rexin brauchte mehr Fläche
Mit einer Oldtimer-Werkstatt hat sich bereits ein Betrieb auf dem Windor-Gelände etabliert, die nächste Firma baut bereits - und zwar auf dem 26.000 Quadratmeter großen T-förmige Gelände zwischen Zufahrt zur Wenge und der Stichstraße hin zum Festplatz: Die Bottroper Firma Rexin wird ihre Firmenzentrale in Kürze von Bottrop hier hin verlegen. Im Frühjahr 2019 ist der Umzug geplant. Der Rohbau ist abgeschlossen.
Seit 50 Jahren spezialisiert sich der Kunststoffhandel Rexin auf Produkte rund um Haus und Garten. „In Dorsten können wir wesentlich mehr unserer Produkte lagern“, so Mit-Geschäftsführerin Melanie Schwarz. Für den Kunden bedeutet dies kürzere Lieferzeiten beispielsweise von Terrassenüberdachungen, Vordächern, Carports, Balkongeländern und Kunststoffplatten. Zurzeit laufen die Stellenausschreibungen in Dorsten und Umgebung. „Wir haben schon einige neue Mitarbeiter in Dorsten gefunden“, sagt Melanie Schwarz.
„Kleine, aber feine Adressen“
Unter den bisherigen Neu-Zugängen sind fünf innerörtliche Umzüge, drei kommen außerhalb von Dorsten. „Es wird einen guten Branchen-Mix geben“, kündigt Josef Hadick an. „Mit Firmen, die zum Teil deutschlandweit und sogar darüber hinaus tätig sind“, ergänzt Thomas Borg. Wie die Firma „Sossna“, die derzeit ein Bürogebäude auf dem Gelände baut und aktuell noch in Marl ihr Hauptquartier hat. Sie ist in der Spinndüsenherstellung tätig und insbesondere auf dem asiatischen Markt aktiv.
Auch auf dem Grundstück hinter dem östlichen Kreisverkehr wird sich nach Worten von Josef Hadick, eine „kleine, aber feine“ Adresse ansiedeln. Die beiden kleinen Grundstücke auf der anderen Straßenseite hat Windor an „Open Grid Europe“ vermietet beziehungsweise verkauft - der E.on-/Ruhrgas-Nachfolger errichtet auf seinem Grundstück eine neue Prüfanlage. Lediglich die mittlere Fläche zwischen Halterner Straße und Fürst-Leopold-Allee ist noch nicht im Fokus der Wirtschaftsförderer - hier befinden sich noch Leitungen im Boden. Da sich hier auch noch ein kleines Grundstück der RAG Montan Immobilien befindet, „könnte man das auch gemeinsam anpacken“, so Thomas Borg.

Dieses gut 9000 Quadratmeter große Gelände im Besitz der RAG Montan Immobilien hat sich ein Unternehmen aus der Logistik-Branche reservieren lassen. © Michael Klein
Inzwischen sehr gut angelaufen ist auch die Vermarktung der Grundstücksfläche der RAG Montan-Immobilien, die im nordwestlichen Zechenarealbereich liegt. „Der Knoten ist geplatzt“, erklärte Pressesprecher Stephan Conrad auf Anfrage. Nachdem Ende 2016 der erste Spatenstich für die seit einem Jahr bestehende Autopflege-Anlage „Mega Wash“ erfolgt war und mittlerweile ein Kanzleigebäude gebaut wird, sind inzwischen drei Grundstücke reserviert – unter anderem ein 9000 Quadratmeter großes Areal im hinteren Bereich zwischen Mega-Wash und der Stichstraße. Hier will sich ein Unternehmen aus der Speditionsbranche ansiedeln.
Dazu gibt zwei weitere Reservierungen. Und zwei Grundstücke sind bereits verkauft, unter anderem an einen Dienstleister und einen Steuerberater. „Gänzlich frei sind nur noch 3000 Quadratmeter, da kann man nicht drüber klagen“, so Stephan Conrad.
Nutzung im Vierklang
Mit der Schließung der Zeche Prosper Haniel in Bottrop Ende des Jahres endet der Steinkohlebergbau in Deutschland. Jahrzehnte prägten die Schächte das Ruhrgebiet. Die Entwicklungen auf dem Gelände ehemaliger Zechen gehen nun in eine andere Richtung: Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit im Vierklang dort, wo früher der Bergbau Narben ins Gelände schlug - das passiert auch auf dem Zechen-Areal der Prisma Immobilien GmbH (Tempelmann) im und rund um den Kern des dortigen Creativ-Quartiers.
In 2018 hat sich bereits eine Menge getan
Der Edeka-Supermarkt Honsel ist Ende Januar auf dem ehemaligen Zechengelände mit großem Hallo geöffnet worden. Der Dorstener Markus Vornbrock (Maxi-Garagen) hat mit dem Gesellschafter Bennet Kemper gut eine Million Euro in 85 Großgaragen auf einer Fläche von 5200 Quadratmetern investiert. Das Seniorenzentrum „Bellini“ hat seinen Betrieb aufgenommen, nebenan sind zwei Mehrfamilienhäuser entstanden und das Appartement- und Hotel-Gebäude des Hervester Gastronomen Tekin Dagdelen strebt auch mit mächtigen Schritten seiner Vollendung entgegen: Es hat sich - wie man sieht - auch in diesem Jahr eine Menge getan.
Versuchsanlage wird Firness-Studio
Und schon stehen die nächsten (Um-)Bauprojekte auf den Tempelmann-Flächen an. Besonders augenscheinlich ist das bereits an der ehemaligen Kohle-Gas-Versuchsanlage unweit des Begegnungszentrums „Das Leo“: Das Gebäude ist eingerüstet. „Es wird aktuell von uns zum Fitnessstudio umgebaut“, erklärt Vanessa Tempelmann, Vorstandsmitglied der Ruhrstadt-Stiftung und verantwortlich für das Marketing des Creativ-Quartiers. Eigentlich sollte es hier schon vor zwei Jahren losgegangen sein, doch es gab Verzögerungen im Genehmigungsverfahren. Nach dem Umbau wird die expandierende Kette „Fitness Loft“ hier eine neue Filiale einrichten. „Die Eröffnung ist für Frühjahr 2019 geplant“, erklärt Vanessa Tempelmann.

Die ehemalige Versuchsanlage (vorne) ist eingerüstet, hier kommt ein Fitness-Studio rein. Hinten der entstehende Neubau der Firma Rexin. © Foto: Michael Klein
Ein genaues Zeitfenster zum Umbau des denkmalgeschützten Kesselhauses am Platanenplatz (gegenüber Factory und Lohnhalle) kann Vanessa Tempelmann im Augenblick nicht bekannt geben. Hier werden im Untergeschoss ein riesiges Asia-Buffet-Restaurant namens „Gourmet-Tempel“ sowie eine Vinothek entstehen. Erst danach will man die Pläne für das Obergeschoss verraten. Zwar sind die für die neue Kesselhaus-Nutzung benötigten Parkplätze durch die Honsel-Eröffnung inzwischen vorhanden, doch noch hakt es zeitlich. „Wir befinden uns weiterhin in der Genehmigungsphase“, so Vanessa Tempelmann: „Alle Verträge sind aber unterschrieben, bald geht es auch hier weiter.“
Musikprobezentrum ab Ende des Jahres
Das gleiche gilt für das geplante 40-Zimmer-Hotel, das oberhalb des Restaurants Factory in der ehemaligen Verwaltung und der Lampenstube entstehen wird und dessen Lobby und Rezeption in die Lohnhalle kommen sollen. Unter der Weißkaue ist dort im Kellergeschoss ein Musikprobezentrum mit 36 Band-Proberäumen „unter Tage“ geplant. „Wir hoffen, dass Betreiber Alfred Wüst Ende 2018 loslegen kann.“ Auf dem Gelände zwischen dem Bellini-Seniorenzentrum entstehen Reihenhäuser, kurz vor dem Verkauf steht das Grundstück westlich der Zechenstraße.
Auch die Prisma-Immobilien hat nicht mehr allzu viele Grundstücke in ihrem Portfolio: „Derzeit befinden sich noch drei Grundstücke in unserem Besitz, wovon zwei in Kürze verkauft werden.“ Dabei handelt es sich um zwei Flächen neben den XXL-Garagen. Bis zur endgültigen Unterzeichnung will Vanessa Tempelmann aber noch nicht allzu viel verraten, wer die Käufer sind. „Frei bleibt danach zunächst noch ein kleines Eckgrundstück neben der Versuchsanlage.“ Denn auch das offerierte Grundstück am Kreisverkehr gegenüber dem Hellweg-Baumarkt ist inzwischen weg: Das Autohaus Borgmann hat das Areal erworben. „Wir sind aber noch ganz am Anfang bei den Gedankenspielen, wie wir es nutzen werden“, erklärte Geschäftsführer Jörg Borgmann.
Geboren 1961 in Dorsten. Hier auch aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach erfolgreich abgebrochenem Studium in Münster und Marburg und lang-jährigem Aufenthalt in der Wahlheimat Bochum nach Dorsten zurückgekehrt. Jazz-Fan mit großem Interesse an kulturellen Themen und an der Stadtentwicklung Dorstens.
