Mit Karacho um die Kurve Schwerer Unfall in Dorsten beschäftigt seit Jahren die Gerichte

Mit Karacho um die Kurve: Unfall beschäftigt seit Jahren die Gerichte
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Drei Verletzte, mehrere Notarztwagen vor Ort, die Straße zum Industriegebiet Dorsten-Ost für die polizeilichen Ermittlungen gesperrt: Es war ein Unfall mit Folgen - seit mehr als fünf Jahren beschäftigen sich Gerichte mit dem Crash, der sich an der Einmündung Schleusenstraße/Alte Marler Straße (parallel zur B 225) ereignete.

Am Mittwoch (18.12.) kam es sogar zu einem Strafprozess vor dem Dorstener Schöffengericht: Der Verursacher soll nämlich laut Anklage den Verkehrsunfall fingiert haben, um seine Versicherung zu schädigen.

Auf der Anklagebank: ein 51-jähriger Recklinghäuser, der damals eine Autowerkstatt in Dorsten führte. Der Beschuldigte war in Höhe der dortigen Tankstelle von der Marler Straße (B 225) mit seinem schwarzen Mercedes E-Klasse nach links in die Schleusenstraße eingebogen. Und ein paar Meter weiter an der Einmündung Alte Marler Straße mit dem roten 3er-BMW eines jetzt 43-jährigen Duisburgers zusammengestoßen, der zu Besuch in Dorsten war und seine Lebensgefährtin und deren Sohn (12) dabei hatte.

Aufheulender Motor

„Wenn er mich anders erwischt hätte, hätte das richtig schlimm für uns ausgehen können“, so der Duisburger. Nach eigenen Angaben hatte er an der Einmündung angehalten. Als aus seiner Sicht die vorfahrtsberechtigte Schleusenstraße frei gewesen sei, sei er nach links abgebogen. „Plötzlich hörte ich quietschende Reifen und einen aufheulenden Motor und dann erwischte mich der Mercedes voll im hinteren Bereich.“ Von der Wucht des Aufpralls schleuderte der BMW auf den gegenüberliegenden Radweg.

Aber es war der Mercedes-Fahrer, der der Meinung war, sein Unfallgegner sei der Verursacher gewesen. Doch sowohl vor dem Landgericht Essen und als auch vor dem OLG Hamm verlor er in Bausch und Bogen - musste seinen eigenen Schaden am Auto (17.000 Euro) zahlen als auch den am BMW (20.000 Euro) sowie Schmerzensgeld an den Duisburger. Und geriet in Verdacht, den Crash absichtlich herbeigeführt zu haben.

Vor dem Schöffengericht stellte sich laut Gutachter heraus, dass der Mercedes-Fahrer mit Karacho von der B225 abgebogen und in der Schleusenstraße noch mal richtig Gas gegeben hatte. Drei Sekunden hatte er laut des Sachverständigen dennoch Zeit, sich ab der Kreuzung zu entscheiden, wie er auf den von rechts kommenden BMW-Fahrer reagieren würde.

„Zwei Sekunden lang machte er gar nichts, eine halbe Sekunde vor dem Zusammenstoß bremste er und zog seinen Wagen nach links, als der Duisburger schon vor ihm war“, so der Gutachter: „Intuitiv würde man in der Situation aber rechts vorbeifahren, um auszuweichen.“ Der Angeklagte erklärte aber, er habe nach links gelenkt in der Annahme, der BMW-Fahrer würde noch rechtzeitig bremsen. Er räumte ein, dass er besser hätte aufpassen müssen.

Am Ende Freispruch

Eine Absicht stritt er ab, sie konnte ihm vor Gericht auch nicht nachgewiesen werden. Viel zu schnell als die erlaubten 50 km/h sei er zu dem Zeitpunkt des Unfalls laut Gutachter nicht gewesen. „Wo soll sein Motiv liegen, was hätte er von der Sache gehabt?“, fragte Vorsitzende Lisa Hinkers.

Zumal der Angeklagte damals anschließend unbedingt auf eine Feier mit Kollegen wollte, wegen der er sogar den Türkei-Urlaub mit seinem Sohn verschoben hatte. Am Ende waren sich alle einig: Freispruch.