Vom Schicksalsschlag zur freien Rednerin Jennifer Schneider: „Ich wusste nicht mehr, wer ich wirklich bin“

Jennifer Schneider geht ihrem Herzenswunsch nach und wird freie Rednerin
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Die Wahl-Dorstenerin Jennifer Schneider krempelt ihr Leben mit 46 Jahren nochmal um. Ihr Job in der Kindertagespflege hat sie schon seit einer Weile nicht mehr glücklich gemacht. Nach der Beerdigung eines guten Freundes Ende des vergangenen Jahres entschied sich Jennifer Schneider dazu, eine Ausbildung zur freien Rednerin zu machen.

Sie erklärt: „Er hatte eine riesengroße Abschiedsfeier mit über 120 Leuten und da gab es eine Rede und ich war todtraurig. Ich war todtraurig, weil sie diesen Menschen nicht so geehrt hat, wie ich diesen Menschen gesehen habe. Und ab da war wirklich für mich klar, nein, du machst das jetzt“, erzählt die gelernte Erzieherin.

„Geh deinen Weg“

Der Schritt zur freiberuflichen Tätigkeit fiel ihr dabei leicht. Seit 15 Jahren ist sie bereits mit ihrer Kindertagespflege selbstständig. Zum beruflichen Umschwung brauchte es aber auch durch ihre bisherigen Erlebnisse gar nicht mehr so viel Mut, denn Angst habe sie eher selten.

„Das Leben hat mir schon so viel gezeigt, dass ich einfach denke, mach das einfach. Wenn du da Lust drauf hast, geh deinen Weg. Ich weiß nicht, was morgen ist. Meine Mutter ist mit 49 einfach von jetzt auf gleich eingeschlafen. Mein großes Ziel ist es, erstmal die 49 zu erreichen“, sagt sie.

Jennifer Schneider freie Rednerin Dorsten
Ihre Kundinnen und Kunden empfängt Jennifer Schneider bei sich zu Hause. © Alexandra Schlobohm

Langfristig möchte sich Jennifer Schneider vollkommen der Tätigkeit als freie Rednerin widmen. Dafür hat sie eine kostenintensive Ausbildung mit IHK-Prüfung auf sich genommen.

„Die Ausbildung hat mich verändert, muss ich sagen. Ich wusste nicht mehr, wer ich wirklich bin. Und das hat nochmal viel angeregt, weil du dich mit dir selber ganz viel auseinandersetzen musst“, fasst sie die vergangenen Monate zusammen. „Ich habe während dieser ganzen Monate wirklich gemerkt, genau das ist das, was ich für mich möchte. Und das muss ich jetzt anfangen.“

In der Branche ist sie noch ganz frisch. Sie betont, dass eine Fortbildung für sie allerdings essenziell ist. „Eine fundierte Ausbildung muss einfach sein, weil ich kann nicht einfach so irgendwo hingehen. Man stirbt nur einmal. Du hast nur einmal diese Gelegenheit. In der Regel sollte man auch nur einmal heiraten.“

Eine Trauerrede wie eine Traurede haben für sie dabei eins gemeinsam: In dieser schnelllebigen Welt halten währenddessen alle kurz inne und stärken das Zusammensein. Der Wert einer gelungenen Rede, die die Personen würdigt und nachher im Gedächtnis bleiben, sei ihr besonders wichtig.

Trend: Kinderwillkommensfeste

Montags bis freitags möchte sie künftig Beerdigungen begleiten und am Wochenende Hochzeiten und Kinderwillkommensfeste. Letztere seien bislang noch recht unbekannt. „Das liegt mir auch wirklich, wirklich am Herzen, weil es einfach wunderschön ist“, sagt sie.

Die Feste stellen eine Alternative zur christlichen Taufe dar. Sie heißen den Nachwuchs in der Familie willkommen. Es gibt eine kleine Zeremonie, eine Rede von Jennifer Schneider und es können auch Paten ernannt werden. Eine christliche Taufe werde dabei nicht ausgeschlossen und kann auch später noch nachgeholt werden.

„Insgesamt ist das Kinderwillkommensfest noch viel, viel familiärer als die Trauung, weil das einfach ein kleinerer Rahmen, in der Regel aber viel schöner ist. Du kannst es im eigenen Garten machen, du kannst es überall machen, wo du willst“, erklärt sie.

Für sie selbst ist die christliche Taufe noch wichtig. Ihre drei Kinder hat sie taufen lassen. „Aber viele wollen es halt eben nicht. Und das ist ja auch völlig okay. Müssen sie auch nicht. Genauso wie viele ja auch nicht mehr in der Kirche heiraten wollen“, meint sie.

„Aber ich bin auch Herz“

Jennifer Schneider merkt, dass immer mehr Menschen keine kirchliche Hochzeit mehr wünschen und auch mit der standesamtlichen Trauungen nicht zufrieden sind. Bei einer freien Trauung können die Brautpaare alle Wünsche individuell umsetzen, ganz in ihrem Interesse.

Die Trauung selbst gestaltet Jennifer Schneider. Insgesamt fließen rund elf Stunden Arbeit in die 45-minütige Zeremonie. „Ich bin Anker, ich organisiere, ich mache, ich bin auch für dich da. Aber ich bin auch Herz und ich weiß auch, wie aufgeregt man einfach ist und was das mit einem macht“, erklärt sie.

Die Rede, die sie hält, versucht sie so individuell und einprägsam wie möglich zu gestalten. Sie erzählt eine Geschichte, spricht in Metaphern, macht symbolische Handlungen und bindet die ganze Gesellschaft mit ein. „Es ist viel persönlicher und viel näher. Und dadurch auch viel besonderer“, erzählt sie begeistert von ihrer Leidenschaft. „Die Gäste werden mit einbezogen. Das hast du nicht auf einer normalen Trauung.“

Aber auch Beerdigungen möchte sie begleiten. Sie möchte den Verstorbenen einen individuellen Abschied ermöglichen und ihnen gerecht werden. „Also alles drei hat wirklich was Tolles. Bei Trauerfeiern merkst du einfach diese Wertschätzung von den Leuten. Danke, Frau Schneider, dass sie meinen Johannes nochmal in so einem schönen Licht nochmal leben lassen haben.“

Weitere Informationen gibt es auf ihrer Homepage: www.freierednerinjenniferschneider.com