
© Stefan Diebäcker
Tobias Stockhoff: Der Bürgermeister betont das Miteinander
Bürgermeisterkandidat
Vor sechs Jahren wurde Tobias Stockhoff einer der jüngsten Bürgermeister in NRW. Manchmal wundert er sich, wie schnell die Zeit vergangen ist. Jetzt strebt er eine zweite Amtszeit an.
Es gab zuletzt immer wieder diese besonderen Momente und Anlässe, da wurde Tobias Stockhoff urplötzlich bewusst, dass seine erste Amtszeit bald vorbei ist. Er nennt ein Beispiel: „Das Schützenfest in Altendorf-Ulfkotte findet nur alle drei Jahre statt, und ich durfte zweimal als Bürgermeister dorthin.“
Mehr geht nicht, ein drittes Mal wird er in dieser Funktion nur dabei sein, wenn Tobias Stockhoff am 13. September als Kandidat von CDU und FDP wiedergewählt wird. Er gilt als haushoher Favorit.
Tobias Stockhoff ist seit 2014 älter geworden, klar. Das ist auch äußerlich erkennbar an den grauen Haaren, die an manchen Stellen durchschimmern. Aber der 38-Jährige ist vor allem erfahrener und „an manchen Stellen“ auch gelassener geworden. „Ich kann Menschen, Interessengruppen und Lobbyisten besser einschätzen. Ich habe positive und negative Überraschungen erlebt und bin deshalb an der ein oder anderen Stelle sicherlich vorsichtiger geworden.“
Was hat Sie die Coronakrise gelehrt?
Ich fand es spannend, dass Veränderungsprozesse, vor allem die Digitalisierung in der Stadtverwaltung, ein Tempo aufgenommen haben, wie ich es mir zuvor nicht hätte vorstellen können. Hinter jeder Krise steckt auch eine Chance, glaube ich. Es kann dann schnell gehen, wenn alle die Notwendigkeit erkennen und mitziehen.
Mit Ausbruch der Pandemie hat sich Tobias Stockhoff als Krisenmanager hervorgetan, der manchmal ganz augenscheinlich bis an die Belastungsgrenze gearbeitet hat. Ähnlich war es, sagt er, als der Erste Beigeordnete Lars Ehm vor zwei Jahren als Leitender Ministerialrat ins NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales wechselte. „Als ich parallel Schuldezernent war, habe ich gemerkt, dass der Tag nur 24 Stunden und die Woche nur sieben Tage hat.“
Sein Engagement in den sozialen Netzwerken, wo er auch spät abends noch Fragen beantwortet, aber auch Pressemitteilungen der Stadtverwaltung verbreitet oder von seinen vielen Terminen berichtet, erklärt, warum ihn ein Mitbewerber ums Bürgermeisteramt kürzlich als „omnipräsent“ bezeichnete. Das war eher beeindruckt als kritisch gemeint.
Wie finden Sie Entspannung?
Sicherlich im Urlaub, dann aber nicht in einer großen Stadt. Da entsteht nur zusätzlicher Stress, weil man eine U-Bahn bekommen will oder ein Museum bald schließt. Ich habe festgestellt, dass Wandern in Südtirol oder ein paar Tage auf Norderney besser für mich sind. Da ist man nicht an Fahrpläne gebunden.
Ist eine Radtour nach Hainichen oder Rybnik auch Urlaub?
Auf jeden Fall, weil man aus dem Alltagsgeschäft rauskommt, mit anderen Menschen zusammenkommt, mit denen man nicht den ganzen Tag über Verwaltungs- oder Politikthemen redet. Schade, dass das wegen Corona in diesem Jahr nicht möglich war.
Tobias Stockhoff gesteht, dass Entspannung für ihn auch bedeuten kann, mal einen Tag ohne Termine und Telefon am Schreibtisch sitzen zu können, „um Dinge in Ruhe abarbeiten und durchdenken zu können“. Das ist eher am Wochenende der Fall. „Ich gehe dann aber wirklich entspannt in die neue Woche, wenn ich weiß: Mein Schreibtisch ist leer.“
Als Bürgermeister kann er im Verbund mit seinen engsten Mitarbeitern „gut delegieren“, wie er sagt, versucht aber gerne auch „nachzusteuern“. Trotzdem sei er „kein Kontrollfreak, auch wenn das einige behaupten. Aber mir wird nachgesagt, dass ich ganz gut analysieren kann.“ Tobias Stockhoff ist „eine einheitliche Linie wichtig. Dass ein Amt A und das andere B sagt, ist nicht gut. Da sollte man sich vorher abstimmen.“

Mit 10 Millionen Euro Kosten wird der Bahnhofsbereich in Dorsten umgebaut. Jetzt hat das Eisenbahnbundesamt die dafür nötigen Flächen frei gegeben. Ministerin Ina Scharrenbach überreichte im Juli die Urkunde. © Michael Klein
Als Verwaltungschef trägt Tobias Stockhoff in den letzten Jahren die Verantwortung auch dafür, dass die ohnehin schon enorme ehrenamtliche Arbeit in Dorsten ausgebaut und strukturiert wurde. Es gibt mit Joachim Thiehoff inzwischen einen zentralen Ansprechpartner im Rathaus für Vereine, Gruppen und Initiativen.
Jeder Stadtteil hat ein eigenes Gremium, in dem nicht nur diskutiert, sondern auch über die Verwendung von städtischem Geld für Projekte entschieden wird, die der Allgemeinheit zugutekommen. Etwas Vergleichbares wie die Stadtteilkonferenzen und das Bürgerbudget gibt es in Nordrhein-Westfalen wohl nicht.
Vielleicht ist das die größte Leistung von Tobias Stockhoff. Mit Sicherheit aber ist es der Grund, warum er für ein Gespräch den Bahnhof ausgewählt hatte, der ja längst „Bürgerbahnhof“ heißt. „Das ist ein Beispiel für viele Orte in Dorsten, wo das gemeinsame Miteinander von Verwaltung, Bürgerschaft und Politik zum Erfolg geführt hat oder, wie hier, hoffentlich in den nächsten Jahren zum Erfolg führen wird.“
Veränderungen gab es immer, doch nie waren sie so gravierend. Und nie so spannend. Die Digitalisierung ist für mich auch eine Chance. Meine journalistischen Grundsätze gelten weiterhin, mein Bauchgefühl bleibt wichtig, aber ich weiß nun, ob es mich nicht trügt. Das sagen mir Datenanalysten. Ich berichte also über das, was Menschen wirklich bewegt.
