
© Claudia Engel (A)
Schottergärten sind rechtswidrig - Dorstener lieben sie heiß und innig
Landesbauordnung NRW
Schottergärten stoßen vielen Menschen in Dorsten auf. Gegen Unvernunft, Unverständnis oder sogar bewussten Rechtsbruch von Hauseigentümern will ein breites Bündnis einschreiten.
Schottergärten sind laut Landesbauordnung NRW rechtswidrig. Trotzdem sprießen sie in vielen Vorgärten in Dorsten aus dem Boden. Nicht jeder Dorstener weiß, dass er mit dem Zuschütten des ehemaligen Vorgartens mit Steinen einen Rechtsbruch begeht. Das wusste selbst der Vorsitzende des Bauausschusses, Dr. Thomas Grund, nach eigenem Bekunden nicht: „War mir nicht klar, dass das nicht erlaubt ist.“
Das steht in der Landesbauordnung
- Die nicht überbauten Flächen der bebauten Grundstücke sind
- 1. wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen,
- 2. zu begrünen, zu bepflanzen und so zu unterhalten, soweit sie nicht für eine andere zulässige Verwendung benötigt werden.
- Anlagen müssen nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe so gestaltet sein, dass sie nicht verunstaltet wirken. Anlagen sind mit ihrer Umgebung so in Einklang zu bringen, dass sie das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild nicht verunstalten.
Die Diskussion um Schottergärten ist im politischen Raum in Dorsten nicht neu, wurde aber im Bauausschuss aufgrund eines Antrags der „Fraktion feat. Die Linke“ zum wiederholten Male aufgegriffen. Auf satirische Weise hatte Manuel Seth den Stein ins Rollen gebracht. Zwar behagte die Tonalität des Antrages den anderen Fraktionen nicht, aber im Grundsatz waren sich alle Fraktionen einig: „Wir müssen dieses sehr berechtigte Thema neu aufgreifen.“
Bürgermeister ist gegen „Schottergartenpolizei“
Die Frage, wie man gegen Schottergärten vorgehen kann, ist nicht einfach zu beantworten. Bürgermeister Tobias Stockhoff sprach sich in einer früheren Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses gegen eine „Schottergartenpolizei“ für Dorsten aus. Denn wer solche Anlagen auf seinem Grundstück zulässt, müsste eigentlich bestraft werden.

Schottergarten in einer Dorstener Siedlung. © Claudia Engel
Die „Fraktion“ hatte dazu einen satirischen Vorschlag: „Die Eigentümer sollen von der Verwaltung aufgefordert werden, ihre Schottergärten zu asphaltieren und als Parkplatz zu nutzen oder zu begrünen und zu bepflanzen, wie es das Gesetz vorsieht“. Zusätzlich, das schlug die Fraktion auch vor, „sollen die Eigentümer sehr viel Geld als Buße an die Stadt Dorsten zahlen“.
Die Stadt hat aber ganz sicher nicht vor, sich die Taschen voll zu machen, indem sie Hauseigentümer für ihre „Unwissenheit“ bestraft. Interessanterweise sind es nicht immer die Hauseigentümer, auf deren Mist die Anlage eines Schottergartens gewachsen ist. „Ich habe festgestellt, dass es Gartenbauunternehmen sein können, die in Kenntnis der Rechtslage trotzdem solche ‚Gärten‘ anlegen oder gar ehemalige Vorgärten zupflastern, damit Autos dort stehen können“, sagte Stadtbaurat Holger Lohse. In seinem Heimatviertel in Dorsten seien Parkflächen entstanden, zu denen die Autos verbotenerweise nur über Rad- und Fußwege gelangen können.
Grün statt Grau - Schottergärten sind klimaschädlich
Warum Schottergärten so viel Kritik verursachen, hat die Verwaltung in der Vorlage „Grün statt Grau“ sehr deutlich gemacht: „Diese Flächen haben einige Nachteile für unsere Umwelt. Neben der Reduzierung der Vielfalt unserer Pflanzen- und Tierwelt in der Stadt heizen sich diese Flächen stark auf und sind somit auch aus klimatischer Sicht wie versiegelte Flächen zu betrachten.“
Insekten- und vogelfeindlich sind diese Steinwüsten auf jeden Fall. Und auch die Hauseigentümer, die aus Bequemlichkeit oder Unkenntnis das Grüne und Bunte dem Grau geopfert haben, dürften in Hitzeperioden festgestellt haben, wie heiß es vor und in ihrem Haus geworden ist. Die Installation einer Klimaanlage ist für viele sichtlich dann die logische Folge ihres Tuns.
Auf Vorschlag des Stadtbaurates könnte sich der Bauausschuss weitere Informationsveranstaltungen für Bürger vorstellen. Information statt Strafe - diesen Weg wollen die Dorstener Politiker beschreiten. Eine Broschüre der Stadt gibt es schon, die sei aber wohl vielfach im Papierkorb gelandet, wie der Ausschuss meinte. Auf sich beruhen lassen wollen die Politiker das Thema nicht. Denn die Steinwüsten vor Häusern greifen in Dorsten sichtbar um sich.
Seit 20 Jahren als Lokalredakteurin in Dorsten tätig. Immer ein offenes Ohr für die Menschen in dieser Stadt, die nicht meine Geburtsstadt ist. Das ist Essen. Ehefrau, dreifache Mutter, zweifache Oma. Konfliktfähig und meinungsfreudig. Wichtige Kriterien für meine Arbeit als Lokalreporterin. Das kommt nicht immer gut an. Muss es auch nicht. Die Leser und ihre Anliegen sind mir wichtig.
