
© Jennifer Uhlenbruch
Rolf Zimmermann hat Bauchspeicheldrüsenkrebs überlebt
Krebserkrankung
2008 wurde bei dem Dorstener Rolf Zimmermann Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert. Heute gilt er als geheilt. Er führt dies nicht nur auf die schnelle Reaktion der Ärzte zurück.
Ich habe meiner Frau bei unserer Hochzeit 2008 versprochen, dass wir die Petersilienhochzeit schaffen, also 12,5 Jahre“, sagt Rolf Zimmermann. In eineinhalb Jahren will das Paar diesen Festtag begehen. Dass darauf noch weitere glückliche Ehejahre folgen werden, daran gibt es beim Blick auf den Mann mit der sonnengebräunten Haut und dem Lachen auf den Lippen keine Zweifel. Aber auch schon jetzt lebt der 74-jährige Dorstener ein Leben gegen jede Wahrscheinlichkeit. Denn 2008 wurde bei ihm Bauchspeicheldrüsenkrebs
diagnostiziert.
„Nur ein leichtes Druckgefühl im Oberbauch“
Schlimm, gar heftig, waren die Schmerzen nicht, die Rolf Zimmermann vor mehr als zehn Jahren zu seiner Hausärztin trieben. „Ich hatte nur ein leichtes Druckgefühl im Oberbauch.“ Dennoch überwies ihn die Medizinerin direkt ins Dorstener Krankenhaus. „Und da hat Dr. Christoph Elsing dann richtig reagiert und sofort eine Endosonografie, also einen Ultraschall von innen, gemacht.“ Mit einem normalen Ultraschall kann die Bauchspeicheldrüse, die zwischen Magen, Zwölffingerdarm, Milz, Leber und den großen Blutgefäßen des Bauchraums liegt, nicht untersucht werden.
Die Diagnose danach traf Rolf Zimmermann mit voller Wucht. Denn er hatte keine typischen Symptome wie Verdauungsprobleme, Übelkeit, Appetitlosigkeit und Schwäche gehabt – „oder nicht bemerkt“.
Zu der Zeit hatte er anderes im Kopf: Seine erste Frau war nur zwei Monate zuvor an Darmkrebs gestorben, ein Jahr lang hatte er sie zuvor zu Hause gepflegt. „Nun also auch du.“ Sein Todesurteil – so glaubte er. „Ich habe zwar nie die Ärzte gefragt, wie lange ich noch habe. Aber auch damals gab es schon Google. Ich wusste also: Das sieht nicht gut aus. Keine zwei Prozent der Betroffenen überleben diese Diagnose fünf Jahre oder länger. Warum sollte gerade ich einer von ihnen sein?“
„Pankreas-Krebs ist der gefährlichste überhaupt“
„Pankreas-Krebs ist der gefährlichste überhaupt“, sagt auch Professor Waldemar Uhl, Direktor der Universitätsklinik für Allgemeinchirurgie im St.-Josef-Hospital in Bochum und Leiter des dortigen Pankreaszentrums. Er behandelt seit Jahren auch Rolf Zimmermann. Im Gegensatz zu einigen Tumoren in anderen Organen ist dieser an der Bauchspeicheldrüse kaum frühzeitig erkennbar. „Außerdem kann er schon streuen, wenn der Tumor sehr klein ist“, erklärt Professor Uhl.
Und trotzdem sagt er: „Ich möchte den Menschen Hoffnung geben, denn in den vergangenen Jahren haben sich die Therapiemöglichkeiten verbessert – und mit ihnen die Überlebenschancen. Dieser Krebs muss kein Todesurteil mehr sein.“
Vor 20 Jahren überlebten weniger als ein Prozent diese heimtückische Erkrankung länger als fünf Jahre, heute sind es acht bis neun Prozent. „In spezialisierten Zentren mit multimodalen Konzepten sind es sogar 15 Prozent“, sagt Uhl.
Multimodal heißt, dass zusätzlich zur Operation Chemo- und Strahlentherapien vor und/oder nach der Operation eingesetzt werden. Auch Tumoren, die früher als inoperabel galten oder bereits gestreut haben, werden mittlerweile durch eine Chemotherapie soweit verändert, dass sie operiert werden können. „In Einzelfällen kann Bauchspeicheldrüsenkrebs geheilt werden. Das war früher undenkbar.“
„Wir ziehen das zusammen durch“
Dass Rolf Zimmermann heute – nachdem 2009 eine Metastase in der Leber gefunden und erfolgreich operiert wurde, nach Entfernung von Bauchspeicheldrüse, Milz und Gallenblase und Chemotherapien – als geheilt gilt, hat er der schnellen Reaktion seiner Ärzte zu verdanken. „Das war mein großes Glück“, weiß der Dorstener auch aus den vielen Gesprächen, die er während seiner vier Rehas mit anderen Betroffenen geführt hat. „Die Symptome werden oft nicht richtig gedeutet. Bei Schmerzen im Rücken, die ein Signal sein können, geht es oft erst einmal zum Orthopäden“, bestätigt auch Waldemar Uhl.
Auch das private Glück hat ihn überleben lassen, ist Rolf Zimmermann überzeugt: „Ich habe kurz nach dem Tod meiner ersten Frau die Liebe zu meiner zweiten Frau gefunden, hatte auf einmal vier statt zwei Söhne. Wir ziehen das zusammen durch, das hat sie gesagt.“

Rolf Zimmermann liebt das Reisen. Fotobücher halten die Erinnerungen an die fernen Ziele zu Hause wach. Für seine zweite Leidenschaft muss er nicht so weit fahren: die Schalke-Arena liegt um die Ecke. © Katholisches Klinikum Bochum
Sein behandelnder Arzt hält die Kraft, die der krebskranke Patient aus dem privaten Umfeld zieht, für immens. Die Wechselwirkungen zwischen Psyche und Gehirn einerseits und der körperlichen Gesundheit andererseits hätten neue Studien der Psychoneuro-Immunologie aufgezeigt. „Das alles ist für den Patienten wichtig, nicht der Chirurg allein. Ich bin ein Verfechter der ganzheitlichen Medizin“, sagt Uhl.
Rolf Zimmermann und seine zweite Frau genießen ihr gemeinsames Leben. Gerade waren sie vier Wochen in den USA, auch eine lange Reise nach Italien liegt hinter ihnen. Das nächste Abenteuer wartet: Bald fliegen sie nach Moskau und St. Petersburg und danach geht es mit der Familie in ein Ferienhaus in der Toskana. „Ich plane für jetzt und nicht für in fünf Jahren. Ich genieße jeden Tag“, sagt Rolf Zimmermann. Seine Krankheit habe ihn gelassener gemacht – meistens zumindest. „Es sei denn, ich stehe in der Nordkurve auf Schalke.“ Da ist es mit der Gelassenheit im Moment nicht weit her.
Warum Journalistin mein Traumjob ist? Weil ich jeden Abend schlauer bin als morgens. Mit den Menschen draußen unterwegs zu sein, sich die Geschichten ihres Lebens anzuhören und sich für die Lösung ihrer Probleme einzusetzen – das ist genau mein Ding.