Schon von Weitem ist der riesige Kran zu sehen. 55 Lkw-Ladungen und drei Tage hat es gebraucht, um das gelbe Ungetüm an der Buerer Straße in Dorsten aufzubauen. „Dieser Kran ist mit der größte und schwerste, den es auf dem Markt gibt“, sagt Carsten Uhlenbruck, Fachdienstleiter Tiefbau beim Kreis Recklinghausen. Der Kran soll die gut 100 Jahre alte Lippebrücke sicher demontieren.

Wegen der Arbeiten ist die Lippebrücke an der Buerer Straße seit Ende Juli komplett gesperrt. Bis eine neue vollwertige Brücke steht, soll eine Behelfsbrücke zeitweise wieder eine Durchfahrt ermöglichen. Eine sogenannte D-Brücke wird dann installiert.
D-Brücke kam im Ahrtal zum Einsatz
Zum Einsatz gekommen ist das modulare Konstrukt unter anderem nach der Flutkatastrophe im Ahrtal. Es ist portabel, kann an einer Stelle ab- und an einer anderen Stelle aufgebaut werden.
Doch dafür muss erstmal die alte Stahlbrücke aus den 1920er-Jahren weichen. Die Brückenpfeiler aus Beton bleiben zumindest vorerst stehen. Sie werden für die Behelfsbrücke angepasst. Weichen müssen sie dann, wenn im kommenden Jahr der finale Neubau errichtet wird.
Bereits am Donnerstag (14.9.) ist das mittlere Teilstück demontiert worden, direkt über der Lippe. Ein Bagger mit einem sehr überdimensionierten Saitenschneider hat das gut 80 Tonnen schwere Teil danach zerkleinert, sodass es, soweit es geht, recycelt werden kann. Mehrere Stunden hat dieser Prozess gedauert.

„Das ist auf jeden Fall keine tagtägliche Arbeit“, erzählt Carsten Uhlenbrock auf dem Weg zur Baustelle. Zwar käme es immer mal wieder vor, dass Brücken demontiert oder abgerissen werden würden, aber nicht mit den besonderen Gegebenheiten, wie sie in Dorsten vorliegen.
Viele Auflagen für die Baustelle
Denn, so Uhlenbrock: Der Platz zum Arbeiten sei sehr begrenzt. Zudem gebe es viele Auflagen, um die Lippe sowie die umliegenden Lippeauen nicht zu beschädigen.
So ist zum Schutz direkt angrenzend an die Brücke ein dickes Kiesbett aufgeschüttet worden - aus Natursteinen. Dies habe man für den enorm schweren Kran gut verdichten müssen. Auch ein Bodengutachten sei notwendig gewesen. Nach Abschluss der Arbeiten wird das Kiesbett dann wieder abgebaggert.
Auf der Baustelle angekommen, blickt Carsten Uhlenbrock gespannt auf das, was rund um die Brücke passiert. Der Kranführer sitzt bereits in seinem Führerhäuschen. Über der Brücke schwebt das Kranseil. Daran sind bereits vier Schenkel befestigt worden. Sie führen zu je einer Ecke eines weiteren Brückenteils, das am Freitag (15.9.) ausgehoben werden soll.

Arbeiter wuseln auf der Brücke herum. Dort erledigen sie letzte Handgriffe. Zwei Hubwagen stehen direkt in Ufernähe, damit weitere Arbeiter die Brückenlager begutachten können. Zeitnah soll das mehr als 100 Tonnen schwere Stück durch die Luft schweben und auf dem aufgeschütteten Kiesbett abgesetzt werden.
Komplikationen treten auf
Geschätzte 40 Zentimeter hängt das vordere Stück bereits in der Luft. Doch es gibt Komplikationen. Mehrmals setzt der Kranführer das Brückenstück ab und hebt es wieder an. Arbeiter versuchen, das Problem zu lösen. Zunächst ohne Erfolg.
Bauleiter Frank Winkler erklärt die Situation: „Das Brückenstück ist mit seinen mehr als 100 Tonnen zwar nicht zu schwer für den Kran, aber es ist nicht ausbalanciert. Dadurch lässt es sich mit den Seilen nicht mehr zur Ablagestelle führen.“
Schnelle Lösung muss her
Frank Winkler schildert, wie das Problem gelöst werden könnte: „Wir verschieben die Verankerungen auf einer Seite so, dass sich das Gewicht gleichmäßig verteilt.“ Ein langwieriges Vorhaben. Aber gegen 16 Uhr dann die Vollzugsmeldung. Das Brückenstück hängt in der Luft. Eine gute Stunden braucht das Team dann noch, bis es dann im Kiesbett liegt und zerkleinert werden kann.
In der kommenden Woche soll die Brücke dann vollständig demontiert sein. Dann wird auch der gigantische Kran zeitnah abgebaut. Mit 55 Lkw-Ladungen wird er dann zur nächsten Baustelle gefahren.
Wie es an der Baustelle aussieht, sehen Sie auf dorstenerzeitung.de
Dorstener Lippebrücke wird abgebaut: Schaulustige stören Arbeiten - illegal Zugang verschafft