
© Jörn Hartwicih
Raub-Prozess: Kinder-Joghurt wurde zur heißen Spur
Landgericht Essen
Ein Mann aus Schermbeck soll in Dorsten zweimal denselben Supermarkt überfallen haben. Sollte er verurteilt werden, wäre es nicht das erste Mal.
Es sah es aus, wie ein Einkauf auf den allerletzten Drücker. Doch dann war plötzlich eine Waffe im Spiel. Gleich zweimal soll ein 24-jähriger Mann aus Schermbeck einen Rewe-Markt in der Feldmark überfallen haben. Seit Mittwoch beschäftigt der Fall das Essener Landgericht. Zum Prozessauftakt hat der Angeklagte von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht.
Schon über ein Jahr im Gefängnis
Trainingshose, Kapuzenjacke, sportliche Figur: Als der 24-Jährige von den Wachtmeistern in den Gerichtssaal geführt wurde, blickte er ernst in die Runde. Seit über einem Jahr sitzt er inzwischen schon im Gefängnis. Der Schermbecker ist bereits am 2. Dezember 2019 festgenommen worden, nachdem er in seiner Heimatstadt einen Netto-Markt überfallen hatte. Das Landgericht Duisburg hatte ihn dafür später zu drei Jahren Haft verurteilt.
Nach der Festnahme hatten sich die Ermittler sofort daran gemacht, bis dahin ungelöste Fälle noch einmal zu überprüfen. Dabei war der Blick auch auf den Rewe-Markt an der Händelstraße gefallen, der am 18. Mai 2019 erstmals überfallen worden ist.
Pistole aus der Tasche gezogen
Es war kurz vor 22 Uhr, als der Täter schnellen Schrittes in den Supermarkt lief, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. „Huch, der ist aber schnell unterwegs“, hatte einer der Mitarbeiterinnen noch gedacht. Kurz darauf wurde ihr Kollege an der Kasse auch schon mit einer Pistole bedroht.
„Der Täter hat Kinder-Joghurt auf das Band gestellt, den ich auch schon abkassiert hatte“, erinnerte sich der Kassierer im Prozess. „Dann hat er eine Pistole aus seiner Jackentasche gezogen und mich bedroht.“ Beute laut Anklage: 3.300 Euro.
Am 10. August 2019 dann der zweite Überfall, fast nach demselben Muster. Diesmal drängelte sich der Täter an den wartenden Kunden vorbei, holte wieder eine Waffe raus. Diesmal waren jedoch „nur" 750 Euro in der Kasse. Rewe hatte nach dem ersten Überfall reagiert und die Bargeldbestände reduziert. Außerdem war eine Video-Überwachung installiert worden.
„Das ist dreist. Zweimal in so kurzer Zeit.“
Ob es sich beides Mal um denselben Täter handelte? „Da bin ich mir hundertprozentig sicher“, so der Kassierer. „Als er reinkam, habe ich noch gedacht: Das ist dreist. Zweimal in so kurzer Zeit.“
Ob der Angeklagte überführt werden kann, ist unklar. Am Kinder-Joghurt sollen DNA-Spuren gesichert worden sein, die ihm möglicherweise zugeordnet werden können. Außerdem wurden bei einer Wohnungsdurchsuchung Turnschuhe gefunden, die auch der Täter getragen hat.
Hintergrund der Raubzüge soll ein massives Kokain-Problem gewesen sein. Der Angeklagte soll schon in der Schulzeit in die Drogenszene abgerutscht sein. Der Prozess wird fortgesetzt.