Monatelang hat ein Mann in Dorsten und Marl für große Angst gesorgt. Niemand konnte sagen, wann er wieder ausrastet. Einmal saß er sogar mit heruntergelassener Hose an einer Bushaltestelle, um Sekunden später stockschwingend hinter einer Frau herzulaufen. Doch das ist nun vorbei. Niemand muss mehr Angst haben.
Die Richter am Essener Landgericht haben den 53-Jährigen am Montag auf unbestimmte Zeit in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen – zum Schutz der Allgemeinheit. „Sie sind nicht von Grund auf böse, sondern schwer krank“, sagte Richter Martin Hahnemann bei der Urteilsbegründung. „Deshalb muss Ihnen geholfen werden.“

Der Angeklagte leidet wahrscheinlich schon seit seinem 20. Lebensjahr an Schizophrenie. Die Krankheit ist jedoch lange nicht erkannt und deshalb auch nicht behandelt worden. Bis sie irgendwann endgültig die Kontrolle über das Leben des Dorsteners übernommen hat.
Medikamente, die ihm später verschrieben worden sind, haben eine Zeitlang geholfen. Seine Mutter hat dafür gesorgt, dass er sie auch genommen hat. Als er mit 47 bei ihr auszog, fiel jedoch auch die letzte soziale Kontrolle weg. Der Angeklagte lebte auf der Straße oder schlief in Notunterkünften. Sein Gesundheitszustand hat sich immer weiter verschlimmert. Gleichzeit häuften sich die Straftaten.
In einer Filiale der Volksbank bedrohte er Mitarbeiter mit einem Kugelschreiber und schrie dabei: „Ich steche euch die Augen aus.“ Nach einem Tankstellen-Diebstahl (eine Flasche Bier) ging er mit einem Messer auf einen Mitarbeiter los. Außerdem trat er nach fahrradfahrenden Kindern, schlug ohne Anlass mit einem Stock auf eine Frau ein, die an der Schleuse in Dorsten einfach nur mit ihrem Hund spazieren ging.
In einer Tankstelle an der Bergstraße in Marl hatte der 58-Jährige der Kassiererin sogar mit einem Stock auf den Rücken geschlagen und dann eine Flasche nach ihr geworfen. „Hätte sie nicht ausweichen können, wäre sie wahrscheinlich am Kopf getroffen worden“, so Richter Hahnemann.
Bestrafung kam nicht in Frage
Der Angeklagte selbst will sich an die Taten nicht mehr erinnern können. „So etwas mache ich eigentlich nicht“, sagte er im Prozess. Nach seiner Festnahme war der Dorstener bereits vorübergehend in der Psychiatrie untergebracht worden. Diese Zeit hat ihm offenbar gutgetan.
Der 58-Jährige nimmt wieder seine Medikamente, die auch anschlagen. Die Richter haben die Hoffnung, dass er in der Zukunft vielleicht in eine betreute Wohneinrichtung wechseln kann. „Machen sie weiter so“, hieß es im Urteil. „Dann bekommen sie die Freiheit, die möglich ist und die Betreuung, die erforderlich ist.“ Eine „klassische“ Bestrafung kam nicht infrage. Der Angeklagte galt als komplett schuldunfähig.