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Bürgermeister Stockhoff ist Plagiatsopfer: Bayerischer Kandidat schreibt Bewerbungsrede ab
Wahlkampf
Als „dreist“ bezeichnet Tobias Stockhoff das Vorgehen eines Politikers aus Bayern. Letzterer hatte die Bewerbungsrede abgeschrieben, die der Dorstener Bürgermeister 2014 gehalten hatte.
So richtig weiß Tobias Stockhoff derzeit noch nicht, wie er diese „unglaubliche Geschichte“ finden soll. „Dreist ist das“ - so viel steht für den Dorstener Bürgermeister fest: „Aber irgendwie auch zum Schmunzeln.“ Denn dass er „Opfer“ eines ziemlich unverfrorenen Polit-Plagiats geworden ist, ehrt ihn in gewisser Weise auch: „Da muss meine Rede damals ja wirklich gut gewesen sein.“
„Wie ein Lauffeuer durchs Dorf“
Ein paar Tage ist es her, da bekam Tobias Stockhoff während einer Autofahrt unterwegs einen Anruf von seinem Pressesprecher Ludger Böhne. „Der wollte wissen, ob ich gut sitze, denn es würde mich gleich umhauen.“ Grund: Eine Journalistin der „Frankenpost“ in Bayern hatte bei ihm angefragt, ob Dorstens Bürgermeister seine Reden selbst schreibe.

Die Frankenpost in Kulmbach berichtete über den Plagiatsfall. © Robert Wojtasik
Denn in Rugendof bei Kulmbach verbreite sich derzeit ein Plagiatsgerücht wie ein Lauffeuer unter den Bürgern - der frisch gebackene Bürgermeisterkandidat der dortigen ÜWG (Überparteiliche Wählergemeinschaft) soll vor zwei Wochen eine Vorstellungsrede gehalten haben, die in langen Teilen fast wortgleich mit derjenigen gewesen sei, die Tobias Stockhoff bereits 2014 bei seiner Kandidatur in Dorsten gehalten habe.
„Reden nahezu identisch“
Die Stockhoff-Rede wurde seinerzeit auf der Homepage des Stadtspiegels Dorsten hochgeladen - komplett und damit für jeden auffindbar. Nach Angaben der „Frankenpost“ liegt auch ein Mitschnitt der Rede des ÜWG-Kandidaten von Dezember 2019 vor. „Die beiden Reden sind in der Tat nahezu identisch. Sogar die direkte Rede steht an denselben Stellen“, schreibt die Zeitung in ihrem Artikel am 8. Januar (Mittwoch).

Die Young People Big Band unter Leitung von Marcell Oppenberg begeisterte 2014 mit ihren musikalischen Beiträgen - in Dorsten, deswegen konnte der fränkische Ksndidat sie gar nicht kennen © Klaus-D. Krause (Archiv)
Stockhoff wie auch der ÜWG-Mann wenden sich in ihren Reden direkt an ihr Publikum: „Sie alle, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wahrscheinlich schon einmal als begeisterte Zuhörer vor einem überragenden Orchester (...) gesessen. Geleitet wird jeder Chor, jedes Orchester, ob ein klassisches Symphonieorchester, die örtliche Blasmusik oder die Young People Big Band von einem Dirigenten“, sagen beide in einer deckungsgleichen Passage.
Young People Big Band
Spätestens mit der Erwähnung der „Young People Big Band“ ist Eingeweihten klar, dass der Rugendorfer Politiker von Stockhoff abgeschrieben haben muss. Diese Big Band aus dem Kreis Wesel hatte seinerzeit auf dem Dorstener CDU-Neujahrsempfang gespielt, auf dem Tobias Stockhoff gekürt wurde - und sie dürfte für einen Politiker aus der fränkischen Provinz kaum ein so großer Bandname sein, dass er diesen vor seinen Anhängern von sich aus erwähnen würde.
Die „Frankenpost“ berichtet, dass der ÜWG-Mann gegenüber seiner Heimatzeitung zunächst abgestritten habe, die Rede abgeschrieben zu haben. Auf Nachfrage räumte er aber ein, es gebe Leitfäden, aus denen man sich bedienen könne. Da habe er Wörter rausgezogen.
Gleicher Fall wohl in Niddatal
Die Rede, die Tobias Stockhoff 2014 gehalten hat, ist offenbar nicht nur in Rugendorf auf Zustimmung gestoßen. Auch im hessischen Niddatal wird in diesem Jahr ein neuer Bürgermeister gewählt. Dort hätten die Ausführungen von Stockhoff dem dortigen CDU-Kandidaten offenbar so gut gefallen, dass auch er sie nach Recherchen der Frankenpost in weiten Teilen wortwörtlich „ausgeliehen“ und sie als seine Bewerbungsrede ins Internet gestellt hat - auch wenn sie dort nach Erscheinen des Frankenpost-Artikels nicht mehr zu finden ist.
Bürgermeister Tobias Stockhoff, der nach eigenen Angaben seine Reden grundsätzlich selbst schreibt und darin Zitate von anderen kennzeichnet, will nicht gegen den „Plagiator“ vorgehen. Dass das „Abschreiben“ herausgekommen ist, sei für den ÜWG-Mann schon „Katastrophe“ genug - wer möchte sich schon von einem Mann als Bürgermeister vertreten sehen, der so wenig glaubwürdig ist.
Hier der Link zur damalige Rede von Stockhoff im Wortlaut
Geboren 1961 in Dorsten. Hier auch aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach erfolgreich abgebrochenem Studium in Münster und Marburg und lang-jährigem Aufenthalt in der Wahlheimat Bochum nach Dorsten zurückgekehrt. Jazz-Fan mit großem Interesse an kulturellen Themen und an der Stadtentwicklung Dorstens.
