Pfarrer Reinhard Vehring sitzt in seinem gemütlichen Büro im Pfarrheim St. Josef in Oer-Erkenschwick, nippt an seinem Kaffee, lächelt vergnügt. Um ihn herum herrscht ein bisschen Chaos: Kisten stehen auf dem Boden, die Regale, in denen sich sonst Buchrücken an Buchrücken quetschten, sehen gerupft aus. „Ich habe schon vieles ausgeräumt und weggepackt“, erzählt der 68-Jährige. Denn Pfarrer Reinhard Vehring sitzt auf gepackten Koffern, seit Anfang Januar ist er im Ruhestand, zieht nach Recklinghausen. Den Schritt, Pastor zu werden, habe er nie bereut. „Ich habe die richtige Entscheidung getroffen und mein Hobby zum Beruf gemacht.“

„Doch mir fehlte das Praktische“
Denn als Kind und Jugendlicher in seiner Heimat Rheine ist Reinhard Vehring schon früh in der katholischen Gemeinde aktiv, als Messdiener, Begleiter in Ferienlagern, Leiter einer Jugendgruppe - „mit der wir uns auch nach 50 Jahren noch treffen“. Doch Vehrings Weg sieht zunächst ganz anders aus. Nach dem Abitur will er Mathematisch-Technischer Assistent werden, und beginnt eine Ausbildung beim Finanzamt. „Doch mir fehlte das Praktische, nur am Schreibtisch zu sitzen, das war nicht das Richtige für mich, das merkte ich schnell“, erinnert sich Vehring. Sollte er sich zum Theologiestudium einschreiben?
Eine innere Stimme, „für mich war es Gott“, habe ihm den richtigen Moment gezeigt. Wenn Vehring diesen auch bis kurz vor knapp herauszögert. Bis zum letzten Tag der Einschreibung, um genau zu sein. „Damals fuhr ich einen alten Käfer. Ich sagte mir: Wenn der Käfer es bis nach Münster schafft, schreibe ich mich ein“, erzählt Reinhard Vehring lachend. Nun, der Rest ist Geschichte. Die Seelsorge, sie liegt ihm in seinem Beruf als Pfarrer besonders am Herzen. „Der Kirche ein menschliches Gesicht zu geben - mit vielen anderen zusammen.“
Legendär seine Geburtstagsfeiern
Nach Stationen in Dorsten, Recklinghausen, Haltern und Rhede verschlägt es Pfarrer Reinhard Vehring vor 13 Jahren nach Oer-Erkenschwick. Eine bereichernde, eine positive Zeit, wie er betont. Reinhard Vehring steht auch für eines: Ökumene. „Ich habe eine Zeit erlebt, in der uns gesagt wurde, als Katholik darf man nicht in eine evangelische Kirche.“
Dass sein bester Freund in Kindheitstagen aber evangelisch ist, zeigt ihm schnell, was er für den Rest seines Lebens weiß: Zusammen ist man stärker, unabhängig von der Konfession. Vehring setzt sich für eine gelebte Ökumene ein. „Das hängt aber auch viel von den Personen ab“, erklärt er. Die evangelische und katholische Kirche in Oer-Erkenschwick ständen vor ähnlichen Herausforderungen, „und Rüdiger tickt sehr ähnlich.“ Gemeint ist Rüdiger Funke, leitender Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde.

Schnell glitzert wieder ein Lächeln in den Augen des Pfarrers, der für seine gute Laune bekannt ist. Und seine Freude zu feiern. Legendär seine Geburtstagsfeiern, bei denen alle statt Geschenken etwas fürs Büfett mitbringen - Fleisch und Getränke kommen vom Pfarrer. Legendär auch das Jahr, in dem er zu seinem Geburtstag der Gemeinde eine Curry-Wurst-Schneidemaschine schenkt. Dem Ruhrpottklassiker Currywurst-Pommes-Mayo konnte Vehring bereits in seiner Heimat kulinarisch einiges abgewinnen. Und in diesem besagten Sommer kam keine Feierlichkeit in der Gemeinde ohne die Spezialität aus. Auf die Sauce käme es an, die dürfe auch durchaus scharf sein. Mit anderen Menschen lachen, Spaß haben, das Leben feiern, das liegt ihm. „Die Leute sagen, ich sei ein guter Tänzer.“ Der Ehrentanz mit der neuen Schützenkönigin, da lässt sich Vehring nicht lange bitten. „Ich habe immer sehr genossen, wie frei man auch als Priester sein kann.“
„Der Trend geht hin zur kleinen Herde“

Herausforderungen, die gab es viele. Wie die Zusammenlegung der vier Gemeinden zur Großpfarrei. „Der Trend geht hin zur kleinen Herde, das ist die Zukunft“, findet Vehring. Der damit auf den erfolgreichen Umbau der Marienkirche anspielt, die als Kirche und Pfarrheim dient. Der vom Bistum Münster auferlegte Verkauf der Josefkirche war noch herausfordernder. Von Wohnung und Büro schaut Vehring auf das mittlerweile anders genutzte Gotteshaus. Da wird der Geistliche doch einen kurzen Moment nachdenklich. Ein auch für ihn schmerzhafter Prozess, die Trennung von diesem doch besonderen Gebäude.

Auch gesundheitlich kamen Herausforderungen auf den Pfarrer zu, das Herz macht Probleme. Und da war sie wieder, seine innere Stimme, die ihm sagte, jetzt aufzuhören. „Ich bin bestimmt nicht allen Leuten gerecht geworden“, sinniert Vehring, der sich als emotionalen Typ sieht, einer, dem vieles ins Innere gehe. Aber auch einer, der positive Emotionen an andere Menschen weitergibt. „Und glauben Sie nicht, ich sei im Alter gelassener geworden“, erzählt Pfarrer Reinhard Vehring lachend.
Umzug nach Recklinghausen
Jetzt steht sein Umzug von Oer-Erkenschwick nach Recklinghausen an. Wenn er gebraucht wird, sei er aber für die Gemeinde da. Für die nächsten Monate habe er einiges vor. So steht eine Gruppenreise nach Indien an, „um die asiatische Welt zu entdecken.“ Außerdem ist Vehring kulturbegeistert, will wieder mehr in Musicals, ins Theater und Kino. Die Karten für ein Konzert einer Queen-Revival-Band sind bereits gekauft. Und sonst: „Ach, wissen Sie, ein Termin am Tag, das reicht doch?“ Eines darf natürlich nicht fehlen - und da schließt sich der Kreis: Pfarrer Reinhard Vehring feiert natürlich noch seinen Abschied, mit reichlich Spaß und Musik - bei den Protestanten nebenan. Und was gibt es Leckeres? Klar: `ne Currywurst!
Verabschiedung in Ruhestand
Am 12. Januar findet die Verabschiedung in den Ruhestand von Pfarrer Reinhard Vehring in der evangelischen Johanneskirche am Dietrich-Bonhoeffer-Platz statt. Um 10 Uhr ist der Gottesdienst, der musikalisch begleitet wird von den Chören. Im Anschluss sind alle zum Beisammensein ins benachbarte Gemeindezentrum eingeladen.