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Norbert Heisterkamp zieht Bilanz: „Irgendwo öffnete sich immer eine Tür“
Autobiografie
Stuntman, Schauspieler, Motorsport-Freak - Norbert Heisterkamp hat viel erlebt und mitgemacht. In diesem Jahr wird der Dorstener 60 Jahre alt und veröffentlicht jetzt seine Autobiografie.
Der rote Teppich ist Norbert Heisterkamp im Leben nicht immer ausgerollt worden. „Da war in 30 Jahren schon einiges dabei, was man nicht unbedingt erleben möchte“, sagt der Comedian und Schauspieler aus Dorsten. Was genau er damit meint, erzählt er in seiner Autobiografie „Wenn ich morgen nicht komme, dann bin ich beim Film“. Ende Februar erscheint sie, pünktlich zu seinem 60. Geburtstag.
„Du musst das alles mal aufschreiben“, haben seine Kollegen „Maddin“ Schneider und Otto Waalkes zu ihm gesagt, als „Ralfie“, der größte der Filmzwerge, im Promo-Bus zwischen den Kino-Stopps von seinem bewegten Leben erzählte. Wie er vom Schlosser bei der Ruhrkohle zum Stuntman wurde, Kopf und Kragen riskierte. Wie er ins Fernsehen und dann sogar ins Kino kam, drei Comedy-Preise gewann, obwohl er nie eine Schauspielschule besuchte.
Fast 16 Jahre ist das her, und wahrscheinlich würde Norbert Heisterkamp immer noch darüber grübeln, wie er sein bewegtes Leben zu Papier bringen kann, wenn da nicht Irmgard, seine Ehefrau, gewesen wäre. „Ich habe immer Zeitungsausschnitte gesammelt und nette Kleinigkeiten, die im Laufe der Zeit zusammenkamen“, sagt sie.

In einer seiner bekanntesten Rollen spielte Norbert Heisterkamp (oben, 3.v.r.) Ralfie, den größten der „sieben Zwerge“. © picture-alliance/ dpa
Als dann die Entscheidung gefallen war, eine Autobiografie zu schreiben, und Irmgard eines Tages den Karton auf den Esstisch stellte, in dem all die Erinnerungsstücke aufbewahrt werden, da wurde der fast zwei Meter große Schauspieler auf einmal ganz demütig. „Ich hatte wirklich nicht mehr alles auf dem Schirm“, sagt er.
Das Buch ist ein Familienprojekt
Und so begann ein ungewöhnliches Familienprojekt, das sich ungefähr so beschreiben lässt: Er redete, sie schrieb. „Sonst hätte ich das Buch wohl zum 80. Geburtstag herausgebracht“, sagt er lachend. Irmgard, die Arzthelferin, die Hunderte Patientenberichte geschrieben hatte, war schlicht flotter auf der Tastatur.
Letztlich haben sich Norbert und Irmgard Heisterkamp aber doch professionelle Hilfe dazu geholt, um die vielen Gedanken zu ordnen, die Anekdoten und Geschichten aus 30 Jahren Stunts, Action, Drama und Comedy zu sortieren, Schwerpunkte zu setzen. „Das war auch ein Teil Aufarbeitung für mich“, gibt er offen zu.
So war Norbert Heisterkamp nachts um 2 Uhr am Sterbebett seines Vaters im Dorstener Krankenhaus, brachte anschließend seine Mutter nach Hause und machte sich auf den Weg zum Comedy-Casting nach Köln. „Ich habe den Lustigen gegeben, während meine Familie den Sarg und die Blumen ausgesucht hat. Da habe ich heute noch einen Kloß im Hals.“ Aber Norbert Heisterkamp hatte Frau und drei Kinder. Kein Job, kein Geld - das harte Los eines Freischaffenden.
Wenn ein Hüne sagt: „Ich mache Ballett“
Mit der Figur des Bodybuilders „Harry“ in Deutschlands einst erfolgreichster Comedy-Serie „Alles Atze“ spielte er sich nach oben. „Machen Sie Sport?“, wurde er von den offenbar beeindruckten Filmemachern beim ersten Anblick gefragt. „Einmal die Woche Mikado-Tischtennis und als Ausgleich klassisches Ballett“, antworte der gebürtige Kirchhellener. Da hatte er die Rolle.
So war es oft in seinem Leben. Es öffnete sich eine Tür, und er ging hindurch. „Es ging immer weiter, ohne dass ich mich selbst unter Druck gesetzt hätte.“
Bodenständig ist er geblieben, sagen seine Kumpel über ihn, wenn mal wieder über alte Zeiten gequatscht wird. So hat ihn auch seine Frau in 36 Ehejahren erlebt, die alle Geschichten aus dem Leben ihres Mannes kennt. „Wenn jemand die Wahrheit sagt, dann redet er immer das Gleiche. Märchenerzähler spinnen sich jedes Mal etwas Neues zurecht.“

Mit Ehefrau Irmgard hat Norbert Heisterkamp monatelang an seinem ersten Buch gearbeitet, aber schließlich auch professionelle Unterstützung dazugeholt. © privat
Und so beruht auch die Autobiografie auf Wahrheiten, auf Erlebnissen, die sich exakt so zugetragen haben. „Er hat viel Glück gehabt im Leben, auch in heiklen Situationen“, sagt Ehefrau Irmgard. „Aber er wurde ja auch mit Glücksklee großgezogen, während unsereins Schmelzflocken mit Wasser bekam.“
Wer in dem Buch auf wilde Partys und Frauengeschichten hofft, wird allerdings enttäuscht sein. „Fremdgehen, Koks und Alkohol haben bei mir nicht stattgefunden“, sagt der fast 60-Jährige. „Obwohl es an Angeboten nicht gemangelt hat.“
„Ein Restrisiko beim Stunt bleibt immer“
Langweilig war sein Leben trotzdem nicht. Manchmal hat Irmgard erst davon erfahren, wenn ihr Norbert nach der Show in den Bavaria-Filmstudios oder nach einem Film-Stunt wieder zu Hause war. Die Augenbrauen angeschmörgelt, die Nase feuerrot, Glassplitter in den Fingern - kann passieren, aber: „Norbert und das gesamte Stunt-Team waren immer sehr vorsichtig.“ Einen Sprung aus 25 Metern auf ein Luftkissen hat er sich Stück für Stück erarbeitet. „Aber ein Restrisiko bleibt immer.“
Und manchmal fährt es auch mit. Denn als begeisterter Motorsportler liebt Norbert Heisterkamp die Geschwindigkeit und hat die A 31 schon mit über 300 km/h ausgemessen. „Ich kannte früher nur Vollgas.“ Aber zum Glück ist der Schutzengel meistens mit ihm über die linke Spur geflogen.
Inzwischen lässt er das Motorradfahren, aber mit dem Tourenwagen fährt er noch Rennen. Das ging auch in Corona-Zeiten. Die Schauspielerei ist da ein wenig kurz gekommen. Norbert Heisterkamp machte in dieser Zeit Werbung und bespielte die gemeinsame Facebook-Seite mit „Maddin“ Schneider. „Da ist noch nie ein böses Wort kommentiert worden.“
Was daraus noch erwächst, ist offen. Aber irgendwann wird sich die nächste Tür öffnen.
Veränderungen gab es immer, doch nie waren sie so gravierend. Und nie so spannend. Die Digitalisierung ist für mich auch eine Chance. Meine journalistischen Grundsätze gelten weiterhin, mein Bauchgefühl bleibt wichtig, aber ich weiß nun, ob es mich nicht trügt. Das sagen mir Datenanalysten. Ich berichte also über das, was Menschen wirklich bewegt.
