Dieser Fall ist traurig. Vor rund einem halben Jahr ist eine Frau aus Dorsten-Hervest von ihrem eigenen Sohn mit einem Messer angegriffen und verletzt worden. Seit Freitag (22.12.) steht der 24-Jährige in Essen vor Gericht. Es geht um versuchten Totschlag. Doch bestrafen können ihn die Richter nicht. Der junge Dorstener ist psychisch schwer krank. Zum Prozessauftakt war von schweren Wahnvorstellungen die Rede.
Es war der 26. Juni dieses Jahres. Der Tag war offenbar ganz normal verlaufen. Bis die Mutter ihren Sohn um Hilfe bat. Sie hatte Schwierigkeiten, eine Packung Katzenstreu zu verstauen, die sich beim Wegräumen im Badezimmer irgendwie mit einer Packung Waschpulver verhakt hatte. Dann ging plötzlich alles ganz schnell.
Gelbes Messer in der Hand
Die Mutter verspürte einen Schlag im Nacken und dreht sich um. Dabei soll sie ihren Sohn gesehen haben, der mit einem gelben Messer vor ihr stand. Die Ermittler gehen davon aus, dass er ihr zu diesem Zeitpunkt schon dreimal in den Nacken gestochen hatte – entweder mit dem Messer oder mit einer Nagelschere. Doch das Drama war noch nicht vorbei.
Der 24-Jährige war offenbar überzeugt davon, dass seine Mutter Teil eines Komplotts war, um ihm das Leben zur Hölle zu machen. „Sag mir jetzt, was die wollen.“ Diese Worte soll er seiner Mutter damals zugeraunt haben. Danach soll er versucht haben, weiter auf sie einzustechen.
Potenzielle Lebensgefahr
Es ist wohl nur dem Bruder des 24-Jährigen und einer weiteren Person zu verdanken, dass nicht noch mehr passiert ist. Sie hatten die Hilfeschreie der Mutter gehört, sich ebenfalls mit einem Messer bewaffnet und es geschafft, den Beschuldigten aus der Wohnung zu vertreiben. Er war von der Polizei anschließend widerstandslos festgenommen worden.
Die Ärzte hatten später insgesamt fünf Stichverletzungen gezählt – zwei im Kiefer, eine im hinteren Halsbereich, eine am Rücken und eine am Oberarm. Vor Gericht war von potenzieller Lebensgefahr die Rede. Es sei Zufall gewesen, dass keine lebenswichtigen Organe getroffen worden seien.
Verfolgungswahn
Zum Prozessauftakt hat sich der 24-Jährige noch nicht zu den Vorwürfen geäußert. Das soll sich im Verlaufe des Prozesses allerdings noch ändern. Verteidiger Andreas Renschler hat bereits angekündigt, dass sich der Dorstener persönlich mit den Richtern über die Tat unterhalten wolle.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 24-Jährige zur Tatzeit unter Verfolgungswahn, Denkstörungen und möglicherweise auch unter Sinnestäuschungen gelitten hat. Vor Gericht gilt er als schuldunfähig. Ihm droht jedoch die unbefristete Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie – zum Schutz der Allgemeinheit. Mit einem Urteil ist Mitte Februar zu rechnen.
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