Nick und Julia Seibel sind sehr traurig: Sie müssen innerhalb von zwei Jahren zum zweiten Mal ihr Zuhause aufgeben. Wegen Eigenbedarfskündigungen.

© Guido Bludau

Julia Seibel verliert wieder ihr Haus: „Ich habe einen Weinkrampf bekommen“ (mit Video)

rnEigenbedarfskündigung

Die Familie Seibel ist vom Schicksal nicht verwöhnt. Julia Seibel, ihr Mann und Sohn Nick waren gerade im Aufwind. Als sie erneut ein Schlag traf. Sie müssen ihr Haus räumen.

Dorsten

, 08.02.2022, 17:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Julia Seibel ist eine zupackende Frau. Das Leben hat es teilweise nicht besonders gut mit ihr gemeint. Sie hat sich aber nicht unterkriegen lassen. Zurzeit wohnt sie mit ihrem Mann und Sohn Nick (10) in einem sehr komfortablen Haus in Lembeck und fühlt sich dort geborgen.

„Wir haben das Haus unter dem Aspekt angemietet, dass uns keine Eigenbedarfskündigung droht. Das hat die Vermieterin uns auch zugesichert“, sagt Julia Seibel. Doch Ende des letzten Jahres, nur zwei Jahre nach dem Einzug, platzte der Traum von einem unbefristeten Wohnrecht: „Eine Angehörige unserer Vermieterin hat das Haus gekauft und uns die Eigenbedarfskündigung übergeben. Ich habe in ihrem Beisein einen Weinkrampf bekommen“, sagt Julia Seibel. Ihre Trauer sei unendlich groß. Schon wieder steht ein Umzug bevor!

Ein deutlich schwerwiegenderer Grund für ihre aufgewühlte Stimmungslage ist aber, dass Julia Seibel nicht zum ersten Mal Pech mit dem Vermieter hat: „Wir haben schon von unserem vorigen Eigentümer aus heiterem Himmel die Eigenbedarfskündigung präsentiert bekommen, nachdem wir fünf Jahre in einer Doppelhaushälfte von ihm gewohnt haben.“ Ihr Sohn Nick habe den Auszug überhaupt nicht verkraftet: „Er musste für mehrere Wochen in stationäre Therapie in eine Kinderklinik“, so die Dorstenerin.

Nach dem letzten Umzug in stationärer Therapie

Nick leidet unter frühkindlichem Autismus. Jede räumliche Veränderung oder Veränderung in seinem strukturierten Tagesablauf wirft ihn aus der Bahn. Gerade hat Nick sich nach seinem Wechsel zur Gesamtschule Wulfen bestens im neuen Heim eingelebt: „Die Nachbarn kennen ihn, er macht kleine, gewohnte Gänge ganz allein. In der Schule wird er von einem Integrationshelfer begleitet und fühlt sich dort gut aufgehoben“, erzählt seine Mutter.

In diesem schönen Haus in Lembeck haben Julia Seibel, ihr Mann und ihr Sohn Nick zwei Jahre lang gewohnt. Die Eigenbedarfskündigung traf sie aus heiterem Himmel.

In diesem schönen Haus in Lembeck haben Julia Seibel, ihr Mann und ihr Sohn Nick zwei Jahre lang gewohnt. Die Eigenbedarfskündigung traf sie aus heiterem Himmel. © Guido Bludau

Dass nun wieder ein Umzug im Frühjahr bevorstehen soll, versteht der Junge nicht. Und auch seine Eltern haben schwer daran zu knacken. Julia Seibel, die für ein Unternehmen als Freelancerin arbeitet, und ihr selbstständig tätiger Mann haben seit der Übergabe der Eigenbedarfskündigung einige Anstrengungen unternommen, um möglichst schnell passenden Ersatz für das Haus in Lembeck zu finden. „Das ist total schwer. Uns ist bewusst, dass wir ein Haus wie dieses nicht noch einmal bekommen werden. Aber wir geben nicht auf“, sagt Julia Seibel.

Familie Seibel freut sich über jedes ernst gemeinte Angebot, um ein neues Haus mieten zu können. Kontaktaufnahme bitte über folgende, extra eingerichtete E-Mail-Adresse: Zuhause@patchwork-it.de

In einschlägigen Immobilienportalen ist die Familie schon unterwegs. Bei Hausverwaltungen ist sie ebenfalls gemeldet. Ein Mietshaus in einer bestimmten Größe soll es schon sein. Denn: „Unser Sohn ist wegen seines Autismus oft sehr laut. Von einer Freundin mit einem ebenfalls erkrankten Kind weiß ich, dass das nicht in allen Nachbarschaften gut aufgenommen wird“, erzählt Julia Seibel. Ihre Freundin habe wegen des Schreiens ihres Kindes bereits Abmahnungen bekommen. „Wir wollen niemandem in die Quere kommen und unsere Ruhe haben“, betont Julia Seibel.

Ausgeprägtes Bedürfnis nach Beständigkeit

Ein Schulwechsel kommt für Nick wegen seines ausgeprägten Bedürfnisses nach Beständigkeit nicht infrage. Der Radius von Julia Seibel und ihrem Mann ist aber nicht so weit eingeschränkt, dass nicht auch ein Haus in einer Nachbargemeinde vorstellbar wäre. Besichtigungen hat es bereits gegeben. Bis jetzt sei noch nichts Passendes dabei gewesen.

Das ist wirklich tragisch, zumal der Immobilienmarkt in Dorsten und in den Nachbargemeinden aufgrund der immensen Nachfrage bekanntermaßen sehr angespannt ist. Julia Seibel weiß das, gibt aber die Hoffnung nicht auf. „Wir verlieren schon wieder unser Heim und können nichts dagegen machen. Aber vielleicht gibt uns ein neuer Vermieter eine neue Chance, damit wir eine dauerhafte Bleibe finden“, sagt sie.