
© Guido Bludau (Archiv)
Messerstecherei in Dorsten: Die aufwändige Suche nach der Wahrheit
Messerstecherei
Spuren sind gesichert, Täter und Opfer bekannt und mehrfach vernommen worden. Doch neun Monate nach einer lebensgefährlichen Messerattacke in Dorsten ist noch immer keine Anklage erhoben.
Es ist der 26. Juli 2021, ein Montag, als an der Pliesterbecker Straße in Holsterhausen zwei Männer blutüberströmt zusammenbrechen. Blutspuren sind auf dem Asphalt der vielbefahrenen Durchgangsstraße zu erkennen, doch die eigentliche Tat hat nicht hier stattgefunden.
Die Polizei sperrt den Tatort weiträumig ab, sucht zwischen Pliesterbecker- und Baldurstraße auf und abseits eine Radweges nach Spuren und findet tatsächliche die Tatwaffe, wohl ein Messer, während die Männer mit zum Teil lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden.
Psychiatrisches Gutachten steht noch aus
Bereits drei Tage später veröffentlicht die Staatsanwaltschaft Essen eine Mitteilung. Täter und Opfer seien identifiziert, das Motiv sei zumindest in Ansätzen klar. Doch selbst neun Monate später ist noch keine Anklage erhoben worden. „Ich warte noch auf die Zusendung eines psychiatrischen Gutachtens“, bestätigte Staatsanwältin Sarah-Kristina Erl (Essen) jetzt auf Anfrage.
Die Einschätzung eines psychiatrischen Sachverständigen sei in derartigen Verfahren üblich, „jedoch von der Mitwirkung des Beschuldigten abhängig, da dieser eben nicht mit dem Sachverständigen sprechen muss, wenn er dies nicht möchte“. Dass „zeitnah“ Anklage erhoben werde, hatte sie bereits Ende Januar angekündigt.
Motiv: ein länger andauernder Streit
Bei den Beteiligten handelt es sich um zwei Männer aus Aserbaidschan, zum Tatzeitpunkt 28 und 31 Jahre alt. Der Jüngere lebt in Billerbeck und ist nach Meinung der Staatsanwaltschaft der Täter, der Ältere lebt in Dorsten und wurde angegriffen.
Von versuchtem Totschlag war vor Monaten die Rede, von Verletzungen, die sich die beiden Männer gegenseitig zugefügt hätten. Das Motiv: offiziell vage. Staatsanwältin Erl spricht von einem „länger andauernden Streit“ zwischen ihnen, ohne ins Detail zu gehen. Bei der Spurensicherung am Tatort war von einer Beziehungstat die Rede. Da gibt es viele Varianten.
Mutmaßlicher Täter auf freiem Fuß
Nach sechs Monaten wurde der mutmaßliche Täter aus der Untersuchungshaft entlassen. So will es das Gesetz. Eine längere Haft darf nur angeordnet werden, wenn die besondere Schwierigkeit, der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund dies rechtfertigen.
Ein Risiko, dass der Mann untertaucht? An die Auflage, sich regelmäßig zu melden, hat sich der 28-Jährige bislang jedoch gehalten.
Veränderungen gab es immer, doch nie waren sie so gravierend. Und nie so spannend. Die Digitalisierung ist für mich auch eine Chance. Meine journalistischen Grundsätze gelten weiterhin, mein Bauchgefühl bleibt wichtig, aber ich weiß nun, ob es mich nicht trügt. Das sagen mir Datenanalysten. Ich berichte also über das, was Menschen wirklich bewegt.
