Das ist kein Film für Zartbesaitete. Bereits in der Titel-Sequenz wird rohes Fleisch durch den Wolf gedreht. Später wimmern am Stuhl festgeschraubte Ganoven, werden Gesichter verbrüht und Finger abgebissen. In Maik Große Lochtmanns Drehbuch „No Man‘s Road“ wimmelt es von blutüberströmten Leichen. Auf der Bühne des in Blutrot erleuchteten Theaters Marl lesen TV-Darsteller wie Martin Brambach, Christine Sommer, Hendrik Heutmann und Rana Farahani genüsslich Szenen aus diesem Revier-Thriller, der wie ein Western daherkommt.
440 Zuschauer wollen dieses Kopfkino miterleben, rutschen im Theater auf, damit jeder einen Platz findet. Es ist ein Heimspiel für Autor Maik Große Lochtmann, der in Marl geboren und in Dorsten aufgewachsen ist. Viel Revier-Atmosphäre packte er mit dem krimierfahrenen Co-Autor Dirk Kubowicz aus Dorsten in seinen Thriller: Hinterhöfe, Kanalbrücken und Schrottplätze sind Schauplätze irrwitziger Verfolgungsjagden.
Ständchen und Geburtstagstorte
Viel wird bei dieser Premiere improvisiert. Schauspieler Martin Brambach drehte am Morgen noch in Straßburg, fuhr dann sieben Stunden mit dem Zug, um an seinem Geburtstag nach Genuss einer Sachertorte von Ehefrau Christine Sommer sein Bestes auf der Marler Bühne zu geben.
Bevor Brambach in die Rolle des Unterweltkönigs schlüpft, fließen Tränen der Rührung: Das Publikum bringt ihm ein Ständchen - „Happy Birthday!“
Dann wird der Revier-Thriller auf der Bühne lebendig - mit Dialogen, die für Schauspieler geschrieben zu sein scheinen. Viel schwarzer Humor, Tempo, kauzige Revier-Charaktere und jede Menge Filmzitate machen die Mischung aus Gewalt, Action und Tiefsinn erträglich. Wer „Pulp Fiction“ mag, findet sich in diesem Revier-Tarantino wieder.

In der Schusslinie
Hauptfigur Ulla ist seit einem schweren Badeunfall ans Haus gefesselt. Das Leben erfährt sie nur durch Film und Fernsehen, bis sie 20 Jahre später in die reale Welt geschubst wird: Ihr Bruder Manfred findet im Kanal ein versenktes Auto mit einer Leiche - und einer Handvoll Diamanten in deren BH. Sekunden später fliegen Kugeln und er gerät mit seiner Schwester in die Schusslinie von Gangstern und korrupten Polizisten. Ulla ist im „falschen Film“ angekommen: in der Realität.
Schauspieler wie Heino Ferch, Veronica Ferres, Herbert Knaup, Henry Hübchen und Anna Maria Mühe haben das Drehbuch gelesen. Sie schrieben Maik Große Lochtmann, dass sie gern bestimmte Rollen übernehmen wollen. Auch Martin Brambach und Christine Sommer reizt der Stoff - mit seiner Poesie und „den trashigen Rollen, bei denen man so richtig auf die Kacke hauen kann“.
Produzent gesucht
Der Erlös der Lesung ist für den mobilen Kinderhospizdienst Recklinghausen bestimmt. Schade nur, dass das Publikum den Showdown verpasst. Nach fast drei Stunden läuft der Abspann auf der Leinwand. „Wenn Sie wissen wollen, wie die Geschichte ausgeht, müssen Sie sich den Film anschauen“, sagt Martin Brambach. Trotzdem stehen die Zuschauer auf, applaudieren herzlich. Hoffen wir auf die Realisation. Ein Produzent wird noch gesucht.
