Lippe-Hochwasser macht Dorstener Höfe zu Inseln Für Familie Fengels gibt’s nur einen Weg „an Land“

Lippe-Hochwasser: Für Familie Fengels gibt‘s nur einen Weg „an Land“
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Erst einmal habe sie erlebt, wie die Lippe derart heftig über die Ufer getreten ist, sagt Christel Fengels am Telefon. Doch der aktuelle Lippe-Pegel von mehr als zehn Metern übertreffe das Hochwasser von 2002/03, ergänzt sie. Das Grundstück mit dem Haus der Familie gleicht am Mittwoch (27.12.) einer Hallig - einer kleinen bewohnten Insel mitten im nordfriesischen Wattenmeer.

Durch den Dauerregen in den vergangenen Tagen ist die Lippe so stark angeschwollen, dass sie die Felder um die Höfe an der Ackerstraße nahezu vollständig geflutet hat. Gleiches gilt für den asphaltierten Weg, der von der Fährstraße zu den Gebäuden führt.

Ein Traktor als Verbindung

Für Familie Fengels und die anderen betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner gibt es nur noch einen Weg ans „Festland“. Sie erzählt: „Wir haben einen Traktor, mit dem wir noch auf die andere Seite kommen.“ Die Wiesen rund um ihr Gehöft stehen etwa einen halben Meter unter Wasser. Seit dem zweiten Weihnachtsfeiertag sei das so.

Der Weg zu den betroffenen Gebäuden in Dorsten ist per Auto nicht mehr passierbar.
Der Weg zu den betroffenen Gebäuden in Dorsten ist per Auto nicht mehr passierbar. © Julian Preuß

Einfach ins Autosteigen und zum nächsten Supermarkt fahren, ist also nicht ohne Weiteres möglich. Für Fengels ist das hingegen kein größeres Problem. „Es war Weihnachten und wir haben entsprechend eingekauft“, sagt sie. „Außerdem helfen uns Freunde und die Familie.“

Dass es zu dieser Situation gekommen ist, habe die Dorstenerin allerdings nicht überrascht. „Wir wohnen schließlich in einem Hochwassergebiet“, sagt Fengels. Bereits vor mehren Tagen seien deshalb entsprechende Vorkehrungen getroffen worden.

„Wir wohnen jetzt in der ersten Etage“

Vor Weihnachten seien wichtige Gerätschaften in Sicherheit gebracht worden. „Auch in der unteren Etage haben wir alles weggeräumt“, berichtet Fengels. „Wir wohnen jetzt in der ersten Etage.“ Entsprechend angespannt sei die Lage über Weihnachten gewesen.

Wasser sei glücklicherweise noch nicht ins Wohnhaus eingedrungen. Fengels erklärt, dass die Familie bereits vorher einige Sandsäcke an kritischen Stellen deponiert hatte. Die Feuerwehr habe weitere Säcke zum Abdichten geliefert. Dass sich etwas Wasser den Weg in die Scheunen gebahnt hat, habe sich allerdings nicht vollständig verhindern lassen.

„Uns bleibt nur abzuwarten, bis der Lippe-Pegel wieder sinkt“, fasst Fengels zusammen. Vielmehr stört die betroffene Anwohnerin jedoch eine andere Sache. Und zwar die zahlreichen Schaulustigen, die sich die Dorstener Hochwasser-Hallig anschauen wollen.

Überflutungsgebiet ist beliebtes Fotomotiv

Zu Fuß, mit dem Hund oder per Fahrrad kommen immer wieder Menschen zur Ackerstraße, um Fotos und Videos zu machen. „Wenn das Wasser wieder weg ist, kommt niemand mehr“, sagt Fengels. Doch dann gehe für die Anwohnerinnen und Anwohner die Arbeit erst richtig los.

„Der Schlamm, die Plastikflaschen und Müll liegen dann überall auf den Wiesen. Und wir müssen das wegräumen.“ Fengels spricht aus Erfahrung. Schließlich hat sie vor gut 20 Jahren ein ähnliches Hochwasser erlebt.

Bürgermeister Tobias Stockhoff äußert sich zur Hochwasserlage:

Die Stadt Dorsten hat am Mittwochmittag (27. Dezember) aufgrund der Hochwasserlage den Stab für außergewöhnliche Ereignisse (SAE) einberufen. Mitglieder des SAE und der Feuerwehr sind in ständigem Austausch mit dem Lippeverband, der für den Wesel-Datteln-Kanal zuständigen Behörde sowie mit dem Kreis Recklinghausen. Die anfälligen Punkte von Lippe und Kanal werden rund um die Uhr kontrolliert. Nach derzeitigem Kenntnisstand besteht keine akute Gefahr.

Bürgerinnen und Bürger werden dringend aufgefordert, die Deiche der Lippe sowie überschwemmte Gebiete großräumig zu meiden. Die Stadtverwaltung bestätigte am Abend, dass aus Sicherheitsgründen Teile des Campingplatzes Zenker nahe des Biergartens „Anne Bänke“ evakuiert worden sind.

Bürgermeister Tobias Stockhoff äußert sich zur Hochwasserlage auf dorstenerzeitung.de

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