Nach dreistem Kupferklau in Dorsten Eine „verrückte Geschichte“ und ein trauriges Gerücht

Nach dreistem Kupferklau: Verrückte Geschichte und trauriges Gerücht
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Einen besonderen Fang machte die Polizei in der Nacht auf den 12. Juni des vergangenen Jahres ganz oben auf dem Gymnasium Petrinum in Dorsten. Ein Zeuge hatte gegen 1.45 Uhr gemeldet, dass ein Mann (41) mit einer Leiter auf das Dach gestiegen sei, während unten eine junge Frau (19) offenbar Wache gestanden habe.

Ein besonderer Fang deshalb, weil Unbekannte dort in der Nacht zuvor in einer aufsehenerregenden Aktion vom Gebäudedach auf 200 Metern Länge Kupferplatten im Wert von fast 90.000 Euro abmontiert und entwendet hatten. Deshalb ging die Polizei davon aus, dass der 41-Jährige und seine junge Begleiterin auch an dieser ersten Tat „zumindest in irgendeiner Form beteiligt“ gewesen sein könnten, wie es damals hieß.

Doch wollte der am Tatort mit einer Blechschere angetroffene Mann aus Hervest dort tatsächlich einen neuerlichen Diebstahl begehen? Das wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor, das versucht nun das Dorstener Schöffengericht zu klären. Und womöglich bringt der Prozess auch Licht ins Dunkle der dreisten „Kupfer-Klau“-Aktion in der Nacht zuvor. Denn dieser Fall wurde bis heute nicht aufgeklärt: Der jetzige Angeklagte will nichts damit zu tun gehabt haben.

Namen preisgegeben

Der 41-Jährige ließ über seinen Anwalt vor Gericht erklärten, dass er nur vom Hörensagen von dem Kupferdiebstahl erfahren habe, am Tag danach, als „nachträglicher Mitwisser“ quasi. Im Gerichtssaal gab er sogar den Namen des vermeintlichen Täters gegenüber Richterin und Staatsanwalt preis - demnach soll es sich bei dem Kupferdieb um einen der Polizei und Justiz gut bekannten Dorstener handeln. Dies wäre ein trauriges Gerücht: „Er ist nämlich inzwischen gestorben“, so der Angeklagte.

Aber warum nur war der 41-Jährige Beschuldigte eine Nacht später selbst noch auf das Dach gestiegen? Die Antwort darauf ließ er seinen Anwalt erzählen: Demnach will der 41-Jährige zuvor das Fahrrad der 19-jährigen Freundin repariert haben („deswegen die Blechschere“), dann habe man per Rad zu zweit zu einer nachts offenen Spielothek fahren wollen. Unterwegs sei man am Petrinum vorbeigekommen, dort habe er die Leiter in Gebüsch entdeckt und sei aus Neugier aufs Dach gestiegen. „Kaum habe ich mir oben ein Feuerzeug aus der Tasche geholt, da war auch schon die Polizei da“, sagte der Angeklagte aus.

„Diese verrückte Geschichte mag man glauben oder nicht“, so der Verteidiger. Er gab aber ein Argument zu bedenken, das für seinen Mandaten spräche: „Wer fährt denn mit dem Rad zu einem Tatort, wenn er vorhat, dort Kupferplatten abzutransportieren, das macht doch gar keinen Sinn.“

Zeugen werden gehört

Der Prozess wird Ende April fortgesetzt, dann werden die vor Ostern fehlenden Zeugen gehört: die 19-jährige Begleiterin, die eingesetzten Polizisten - und die Sicherheitsleute, die sich im Auftrag der Stadt in der Nacht auf die Lauer gelegt hatten. Wegen der zurückgelassenen Leiter und bereits abgeschraubter Fassadenteile vermutete man damals im Rathaus nämlich, dass die Täter wiederkommen würden, um ihr kriminelles Werk zu Ende zu bringen.