Kundgebung für Demokratie auf Marktplatz in Dorsten „Alle Bürger sind jetzt wach geworden“

Eindrucksvolles Zeichen für Demokratie auf dem Marktplatz in Dorsten
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Nach dem Treffen von Rechtsextremisten in Potsdam hatte das Bündnis „Wir in Dorsten gegen Rechts“ zu der Kundgebung eingeladen. „Alle Bürger sind jetzt wach geworden“, sagte Andreas Hatting vom Bündnis angesichts des gut gefüllten Dorstener Marktplatzes. Viele Menschen hatten Plakate mitgebracht, auf denen Statements gegen Rechtsextremismus und die AfD zu lesen waren. „Ich bin geflasht“, gestand Ruth Lange angesichts der Menschenmasse. Es sei ein „Zeichen an die Feinde der Demokratie“.

Hermann Kuhl, ebenfalls vom Bündnis Dorsten gegen Rechts, sagte: „Die wache Zivilgesellschaft ist da. Das ist befreiend.“ Aberwitzige Wahnvorstellungen der AfD, bei denen es um Deportation ginge, hätten das Fass zum Überlaufen gebracht. Hunderttausende demonstrierten nun. „Rassistische Hetze und totalitäre Fantasien haben in Dorsten keinen Platz.“

Landrat: „Nazis raus!“

Landrat Bodo Klimpel: „Wir müssen uns dem Faschismus entgegenstellen. Es ist wichtig, dass wir aufstehen, dass wir zeigen, dass wir mehr sind.“ Tobias Stockhoff nannte den vollen Marktplatz „ein Zeichen der Abgrenzung gegen Verfassungsfeinde“. Eine Partei in Dorsten schaffe es nicht, sich klar von dem Angriff der Rechtsextremen auf die Grundwerte zu distanzieren. Die 5.000 Menschen auf dem Marktplatz seien „Wehrtürme der Demokratie“.

Die Ratsvertreter aus Dorsten fassten sich kurz. Bernd Schwane (CDU): „Ich habe meine Eltern oft gefragt, warum so viel geschwiegen wurde in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts, warum man sich Extremisten nicht in den Weg gestellt hat. Ich will nicht, dass meine Kinder und Enkelkindern mich irgendwann fragen: Was hast du damals gemacht?“

Claas Römer (Grüne) sagte in Hinblick auf die Pläne der Rechtsextremen, Menschen mit Migrationshintergrund aus dem Land zu vertreiben: „Wir müssen mit allen Mitteln verhindern, dass Menschen mit Angst auf ihren Stammbaum blicken. Das hatten wir schon - das war kacke.“

Auch Swen Coralic (SPD), Boris Benkhoff (Die FRAKTION feat. Die Linke) und Lutz Ludwig sprachen sich klar gegen die rechtsextremen Pläne aus.

„Zukunft in Deutschland“

Husam Al-Hereezi, Vorsitzender des Integrationsrates der Stadt Dorsten, sagte, er sei 2006 aus dem Irak nach Deutschland gekommen. „Die politische Situation dort ist bis heute schrecklich.“ Er habe im Irak gegen Korruption gekämpft und sei wie auch seine Familie bedroht worden, weshalb sie nach Deutschland auswanderten. „Wir beherrschten die Sprache nicht und fingen bei Null an.“ Deutschland sei nun seine Heimat. Seine Söhne gingen in Dorsten zur Schule: „Ihre Zukunft liegt in Deutschland“, sagte Al-Hereezi unter großem Applaus. Jetzt habe er aber Angst, dass es völlig anders kommen könne, wenn die AfD entscheiden könnte.

Karin Hallwass ist im Dorstener Krankenhaus beschäftigt, wo 39 Nationalitäten zusammenarbeiteten. „Wir sind ein Team. Wir leben Vielfalt und Toleranz.“ Der gesamte Versorgungsapparat hätte laut Hallwass ohne diese Vielfalt ein Riesenproblem: „Wer das zerstört, zerstört die Grundlagen unseres Gemeinwesens.“

Wie voll es auf dem Marktplatz war, konnte man aus dem Alten Rathaus erkennen.
Wie voll es auf dem Marktplatz war, konnte man aus dem Alten Rathaus erkennen. © Julian Preuß

Blick in die Geschichte

Andreas Hatting sagte zum Abschluss: „Immer wieder lässt die AfD Versuchsballons steigen, um die Grenzen des Sagbaren auszudehnen.“ Rassistische Entgleisungen und Verschwörungsmythen dürften nie mehr unwidersprochen bleiben.

Wenn die AfD in Regierungsverantwortung gewählt werde, komme dies einer „politischen Horrorvision gleich“. Mit Blick auf die Zustände in den USA oder Polen warnte Hatting vor der AfD: „Wenn die erst mal den Fuß in der Tür haben, gibt es kaum ein Zurück.“ Mit dem gemeinsamen Singen der „Ode an die Freude“ endete die Kundgebung nach rund anderthalb Stunden.

Tausende Besucher beleuchteten mit ihren Smartphones den Marktplatz.
Tausende Besucher beleuchteten mit ihren Smartphones den Marktplatz. © Julian Preuß

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