Der 39-jährige Julian Fragemann kennt die Lokalpolitik von Kindesbeinen an. Sein Vater Friedhelm Fragemann wurde 1985 in den Rat der Stadt Dorsten gewählt, war viele Jahre Fraktionsvorsitzender und vom 31. Oktober 1994 bis zum 8. März 1995 Bürgermeister in Dorsten. „Als kleiner Junge war ich mit im Ratssaal. Aber was es bedeutet, Bürgermeister zu sein, das habe ich nicht gewusst“, sagt Julian Fragemann.
Dass Friedhelm Fragemann zum Ende seiner kurzen Amtszeit mit den Stimmen von CDU und Grünen abgewählt wurde, habe er zwar mitbekommen, sagt Julian Fragemann, aber damals als Kind nicht einordnen können. Sein Vater sei auch „immer tätig geblieben. Er hat das abgeschüttelt und einfach weiter gemacht.“
Gewerkschafter
Julian Fragemann wuchs auf Hardt auf, hat zwei Geschwister, ist verheiratet und hat zwei Kinder (6 und 11). Er arbeitet seit fast 20 Jahren bei der AOK Nordwest in Gelsenkirchen-Buer als Sozialversicherungsfachangestellter und ist stellvertretender Personalratsvorsitzender der Dienststelle mit 2.000 Mitarbeitern. Außerdem ist er in der Gewerkschaft ver.di aktiv.
Seit 25 Jahren ist Julian Fragemann Mitglied der SPD: „Die sozialdemokratischen Gene habe ich vom Vater abbekommen.“ Bei Parteitagen habe er seinen Vater begleitet, war bei den Jusos aktiv, und ist seit 2008 Ortsvereinsvorsitzender der Altstadt. Seit 2014 ist Julian Fragemann Ratsmitglied. „Mein Steckenpferd ist die Jugend- und Sozialpolitik.“
„Immer meinen Weg gegangen“
An der Lokalpolitik hängt Fragemann, „weil ich immer den Eindruck hatte, dass man das konkret sehen kann, was ich mitentscheide. Man merkt: Man kann was bewegen.“ Obwohl er seinen Vater über viele Jahre im Politikbetrieb begleitete, „bin ich immer meinen eigenen Weg gegangen“. Dass er Bürgermeisterkandidat werden solle, sei „nicht mein erster Gedanke gewesen“, sagt Julian Fragemann. Aber nachdem 2020 durch den Rückzug Jennifer Schugs als Bürgermeisterkandidatin kurz vor der Wahl die SPD in „ein Tal der Tränen“ gekommen sei, sei man sich in der Partei einig gewesen, „dass wir so eine Situation nicht mehr haben wollen“. Mit seiner Frau und seinen Kindern habe er über die Kandidatur gesprochen: „Die unterstützen mich.“
„Nicht unser Anspruch“
Acht Ratsmandate seien „nicht unser Anspruch“, sagt Julian Fragemann, der ein großes Potenzial bei den Nichtwählern sieht: „Ich glaube, dass ich persönlich ein starkes Ergebnis erzielen kann.“ Ein Vorteil sei die vorgezogene Bundestagswahl. „Im September haben wir die Chance, dass es nicht mehr eine Abrechnung mit der Regierung Scholz oder der Ampel ist.“
Thematisch will Fragemann keine millionenschweren Versprechungen machen: „Ohne Altschulden-Lösung wird es nicht gehen“, sagt er über den Haushalt der Stadt. Aber ihm ist wichtig, dass nicht an Jugendeinrichtungen oder Leistungen für Familien und Kindern gespart wird. Auch gebe es bei Schulen einen riesigen Investitionsstau.
Die Kampagne zur Personalrekrutierung im Rathaus sei zu spät erfolgt, sagt Fragemann, der die Digitalisierung im Rathaus zur Chefsache machen würde. „Das läuft immer noch zu schleppend.“ Eine Herzensangelegenheit seien ihm die Kitas: Untere bis mittlerweile Einkommen müssten bei den Elternbeiträgen entlastet werden. Einheitliche landesweite Lösungen bei der Grundsteuer, sozialer Wohnungsbau und Förderung von Mehrgenerationenwohnen sind weitere Themen, die Fragemann vorantreiben würde.
„Ich lege ab jetzt los“
Bestätigt werden muss Fragemann noch bei der Delegiertenversammlung, deren Termin wohl im März oder April liegen wird. Ansprechbar für die Bürger sei er aber schon jetzt, sagt Fragemann: „Ich lege ab jetzt los. Ich gehe mit Freude in diesen Wahlkampf.“ Eines schließt er kategorisch aus: „Mit mir wird es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben.“ Diese Partei wolle er „inhaltlich möglichst überflüssig machen, indem wir die richtigen Themen besetzen“.