Die Dorstenerin Karin Hallwass arbeitet seit 47 Jahren im Gesundheitswesen. Genauer gesagt fast die gesamte Zeit im Dorstener Krankenhaus. Während ihrer Ausbildung 1973 hatte sie viel mit Kolleginnen aus anderen Nationen zu tun. Jetzt fällt ihr auf: Damals war es nie ein Problem. Warum sollte es das jetzt sein?

Menschen aus 36 verschiedene Nationen arbeiten im Dorstener Krankenhaus zusammen. In jedem Bereich, auf jeder Station, in jeder Abteilung. „Alles fängt mit Tag eins an, alles mit der Ankunft in diesem Land. Und das müssen wir denjenigen, die jetzt zu uns kommen, auch zugestehen, dass sie hier ankommen, die Sprache lernen, in die Schule gehen oder wenn sie älter sind, einen Beruf ergreifen“, sagt sie. Doch dafür brauche man Zeit und vor allem zugewandte Menschen. Das sei damals nicht anders gewesen.
Im Krankenhaus eine Situation, die seit jeher nicht mehr anders zu denken ist: „Es ist für uns schon so selbstverständlich, weil wir das eben seit Jahrzehnten leben. Aber es kann ja auch für alle anderen so selbstverständlich werden“, sagt die gelernte Krankenschwester.
Guido Bunten, KKRN-Geschäftsführer, teilt diese Meinung: „Wir sind stolz darauf, ein so diverses Team zu haben, das täglich mit großem Engagement für die Gesundheit unserer Patienten im Einsatz ist.“
Er erklärt, dass der überwiegende Teil der Belegschaft eine deutsche Staatsbürgerschaft hat. Zwölf Prozent der Arbeitnehmer sind hingegen aus dem Ausland. „Besonders viele Kolleginnen und Kollegen stammen aus der Türkei und Syrien. Dies zeigt, wie vielfältig und international unser Team aufgestellt ist“, ergänzt er.
„Ich finde diese Vielfalt gut. Kein Mensch denkt im Krankenhaus über die Nationalität nach“, sagt auch Karin Hallwass. Dass das im Krankenhaus eine besondere Situation ist, zeigt sich am Fachkräftemangel. „Ohne diese internationalen Fachkräfte wäre der ohnehin schon angespannte Fachkräftemangel im medizinischen Bereich noch gravierender. Ihre Arbeit ist für die Patientenversorgung unverzichtbar“, stellt Bunten dar.
„Die brauchen uns, weil sie hier zu uns kommen, die kommen nicht zu uns, weil sie aus einem gelobten Land kommen, sondern weil sie in einem Leben leben, das zumindest sehr, sehr schwierig ist. Und wir brauchen diese Menschen als Arbeitskollegen, als Partner, als Menschen des täglichen Lebens“, meint Karin Hallwass. Aber nicht nur im Krankenhaus gibt es den Fachkräftemangel. Sie betont, dass das Problem immer drängender wird.
Engagiert bei „Dorsten gegen Rechts“
Rund um die Covid19-Pandemie merkte Karin Hallwass, dass sich etwas in Deutschland verändert hat, das sie nachdenklich stimmte. „Die Tonalität hat sich verändert. Das Unsagbare wurde sagbar“, meint sie. Das aufkommende Gefühl, dass sich immer mehr Menschen gegen Ausländerinnen und Ausländer aussprachen, schockierte sie.
Schon auf der Kundgebung von „Dorsten gegen Rechts“ im vergangenen Jahr hat sie ihre Meinung dazu öffentlich kundgetan. „Wir dachten, dass da jetzt wirklich eine Grenze überschritten ist. Wir haben wirklich gehofft, dass jetzt ein Ruck durch Deutschland geht“, sagt sie. Doch der blieb aus. Rund ein Jahr später steht „Remigration“ im Wahlprogramm der AfD. Damit wurde die Partei bei der Bundestagswahl am 23. Februar zweitstärkste Kraft.
„Wenn Sie sich heute ins Krankenhaus stellen und rufen alle Ausländer raus, dann ist der halbe OP leer, dann sind sämtliche Behandlungsräume zum großen Teil leer gepflegt, dann fehlt in jeder Schicht, auf jeder Station jemand. Das zieht sich durchs ganze Haus“, meint sie. „Dann können wir uns selbst behandeln, dann können wir uns selbst pflegen, dann können wir selbst unser Essen rankarren.“
Knapp zwei Wochen vor der Wahl stand Karin Hallwass wieder auf der Bühne und schilderte ihre Eindrücke aus dem Krankenhaus bei der Kundgebung auf dem Marktplatz.
Dieser Artikel erschien ursprünglich am 25.02.2025.