„Irgendwann konnte ich nicht mehr, irgendwann wurde mir alles zu viel“, erzählte der 26-jährige Dorstener Angeklagte. Und so stürzte er sich im August des letzten Jahres aus dem dritten Stock in die Tiefe, überlebte den Selbstmordversuch jedoch mit einigen Verletzungen.
„Seitdem habe ich mein Leben zum Guten geändert.“ Diese späte Erkenntnis half dem jungen Mann am Mittwoch (17. Januar) vor dem Dorstener Schöffengericht leider nicht so richtig weiter.
Nur hin und wieder ein paar Gelegenheitsjobs, Schulden von mehr als 10.000 Euro, dazu eine Drogenabhängigkeit - diese Gemengelage sorgte dafür, dass er sich von 2020 bis 2023 auf illegale Art und Weise Geld besorgte, indem er Internet-Betrügereien beging.
Insgesamt 23 Fälle listeten die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen ihn auf. Und einige dieser Taten beging er unter laufender Bewährung, nachdem er schon zuvor wegen ähnlicher Delikte zu einer Jugendstrafe in Höhe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden war.
Über die Online-Plattformen „Ebay-Kleinanzeigen“ und „Facebook-Marketplace“ bot der Dorstener, der nach eigenen Angaben seine Schulzeit vorzeitig ohne jeden Abschluss beendet hatte, immer wieder Dinge an. Nachdem die Käufer das Geld auf seine Bank- oder Paypal-Konten bezahlt hatten, warteten sie aber vergebens auf die Ware. Gesamtschaden: mehr als 4.000 Euro.
Mal ging es um ein Tablet, häufig um Amazon-Gutscheine im Wert von 100 bis 150 Euro oder Fritz-Boxen zu ähnlichen Verkaufspreisen. Mehrere Male bot der 26-Jährige aber auch Miniatur- und Spielzeug-Lkw mit Fotos aus dem Modellbau-Online-Shop eines Verwandten an.
„Ich schäme mich im Nachhinein, dass ich damit seinen guten Ruf in der Branche in den Schmutz gezogen habe“, erklärte er vor Gericht.
Nach dem missglückten Selbstmordversuch versuche er, sein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Seit November nimmt er Termine in einer Drogenberatungsstelle wahr: „Seitdem bin ich clean.“ Seine langjährige Freundin sei zu ihm zurückgekehrt, mit dem Rest der Familie habe er wieder Kontakt. Sein Verwandter, der sich mit dem Angeklagten wieder vertragen hat, habe ihm sogar einen Probe-Job in einer Transportfirma besorgt.
Nach seiner vollständigen Genesung in ein paar Monaten könnte er dort eine Festanstellung bekommen. „Sie können mich gerne zur höchstmöglichen Bewährungsstrafe verurteilen, damit ich diese Chance wahrnehmen kann“, sagte der 26-Jährige.
Staatsanwalt und Richter jedoch ließen sich darauf nicht ein: Am Ende lautete das Urteil zwei Jahre und drei Monate Haft. Immerhin eröffnet ihm das Urteil die Möglichkeit des Verfahrens „Therapie statt Strafe“.
„Werde das Geld zurückzahlen“
Und da sein Anwalt wohl Berufung gegen das Urteil einlegen wird, hätte er bis zur nächsten Verhandlung vor dem Landgericht Essen sogar genügend Zeit, dort „Werbung in eigener Bewährungssache“ zu machen: indem er bis dahin nachweislich drogenfrei bleibt, möglichst eine feste Arbeit und überhaupt eine gute Sozialprognose aufweisen kann. „Als Erstes werde ich das Geld an die Opfer zurückzahlen und mich schriftlich bei ihnen entschuldigen“, kündigte der Angeklagte am Mittwoch immerhin bereits an.
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