Dieser Sonderpreis richtet sich an Unternehmensgründerinnen und -gründer, aber auch an Unternehmerinnen und Unternehmer mit Erfolgen beim digitalen Transformationsprozess.
Den muss auch die lokale Wirtschaft meistern, um erfolgreich in die Zukunft zu kommen. Den Innovationspreis der Dorstener Zeitung erhalten in diesem Jahr die Betreiberinnen des „Rostfleckhauses“, einem Concept Store für Mode und Wohnaccessoires in der Alleestraße am Rande der Dorstener Innenstadt. Mit Christiane Pier und ihren Töchtern Laura und Luzie sprach Christoph Winck.
Herzlichen Glückwunsch zum Innovationspreis der Dorstener Zeitung. Freut Ihr Euch?
Christiane Pier: Wir freuen uns mega.
Es ist aber nicht Eure erste Auszeichnung, stimmt’s?
Christiane Pier: Stimmt. In der Corona-Pandemie sind wir von der IHK ausgezeichnet worden, weil wir als Einzelhändler trotz Lockdowns Ausbildungsplätze geschaffen haben.
Aber fürs Personal ist Laura verantwortlich, oder?
Laura Pier: Ja, meine Mutter und meine Schwester sind die kreativen Köpfe in unserem Team. Ich bin für Zahlen, Personal und den Onlineshop zuständig.
Und Deine letzte personelle Einstellung war Deine jüngere Schwester Luzie?
Laura Pier (lacht): Fast. Luzie ist jetzt seit einem Jahr im Rostfleckhaus dabei. Aber nach Luzie kamen noch vier weitere neue Kräfte. Wir sind in diesem Jahr von 19 auf 23 Köpfe angewachsen.
Mit allen Aushilfen und Teilzeitkräften?
Ja genau. 13 Mitarbeiterinnen arbeiten im Store, zehn im Online-Team. Aber ganz genau abgrenzen kann man das gar nicht.
Und wo kommt das Wachstum her?
Christiane Pier: Wir konnten dieses Jahr in beiden Bereichen unseren Umsatz weiter steigern. Im Laden und im Online-Handel.
Weil Du, Luzie, den Bereich auf Social Media professionell abdeckst?
Ja, Marketing ist mein Bereich. Wir setzen in Social Media vor allem auf Instagram und Facebook. Im Juli hatten wir bei Insta unseren 20.000 Follower gefeiert. Inzwischen haben wir 22.300.
Und Eure Follower sind Eure Kunden?
Ja, viele davon. Das hat Mama wirklich gut gemacht
Inwiefern?
Christiane Pier: Der Lockdown im März 2020 hat uns, wie den ganzen Einzelhandel auch, voll erwischt. Von einem Tag auf den anderen alles dicht, 0 Umsatz.
Aber Du hattest die zündende Idee?
Christiane Pier: Laura und ich haben uns angeschaut und überlegt, was wir nun machen können. Und dann haben wir damit begonnen, unsere Outfits digital zu präsentieren. Niemand durfte ja mehr raus. Da haben wir dann kleine Videos gedreht und sie digital verbreitet. Über Instagram und Facebook.
Und das hat funktioniert?
Und wie! Eine Woche nach dem Lockdown haben wir unsere Mitarbeiterinnen aus der Kurzarbeit geholt. Über Nacht ist unser Online-Geschäft über Social Media entstanden. Der Launch des Onlineshops folgte im Frühjahr 2021. Und Mama hat das so gut gemacht mit der Präsentation, dass wir täglich Kartons packen mussten.

Bis heute?
Laura Pier: Genau. Wir schicken jetzt bis zu 200 Pakete pro Tag heraus. Am Anfang des Jahres lag unser Anteil im Online-Shop bei 30 Prozent des Gesamtumsatzes, jetzt sind wir bei 50 Prozent.
Also ist das Ladenlokal irgendwann überflüssig?
Christiane Pier: Niemals! Das genau sehen wir ja als unseren Vorteil an. Laden und Online-Shop ergänzen sich. Das persönliche Einkaufserlebnis ist super wichtig.
Luzie Pier: Aber das funktioniert eben auch digital.
Wie macht Ihr das?
Luzie Pier: Mama hat es begonnen, wir bauen es stetig aus.
Laura Pier: Luzie ist inzwischen das zweite Gesicht vom Rostfleckhaus. Sie macht das klasse.
Christiane Pier: Und seit Luzie auch unsere Mode präsentiert, haben wir auch mehr junge Kundinnen. (lacht) Die kannten bis dahin immer nur die Mutti.
Wo kann man Eure Mode im Netz sehen?
Luzie Pier: Wie haben einen klassischen Online-Shop. Aber über Insta beraten wir die Kunden auch direkt. Das macht unser Geschäft aus.
Laura Pier: Und je besser die Beratung vor dem Versand ist, desto geringer ist die Retourenquote.
Inzwischen macht ihr sogar Livestreams?
Luzie Pier: Das ist fast zufällig entstanden. Ich habe spontan ein Insta-Live beim Pakete Packen gemacht – und wir hatten viele positive Reaktionen. Das wurde zur Motivation, die Livestreams auszubauen.
Und jetzt macht Ihr Modeschauen live?
Luzie Pier: Ja, via Insta. Seit September machen wir das, die dauern ungefähr eine Stunde. Zuletzt waren bis zu 350 Kundinnen und Kunden gleichzeitig online.
Und das lohnt sich?
Laura Pier: Absolut, wir erreichen vom Laden aus live eine Menge Kundinnen, die die Looks zeitgleich shoppen, während wir sie präsentieren.
Luzie Pier: Wir wollen natürlich authentisch sein. Wir sind eben so, wie wir sind. Es wird gelacht, wir kommen beim Umziehen auch mal ins Schwitzen.
Christiane Pier: Hanne Niehuis, Luzie, Laura und ich präsentieren die Mode.
Laura Pier: Und parallel chatten Maike Ponzle und Mara Grigorian im Hintergrund mit den Kundinnen, nehmen Bestellungen auf.

Eure Auszubildenden?
Laura Pier: Maike hat ihre Ausbildung sehr erfolgreich beendet und wir haben sie übernommen, Mara ist unsere Auszubildende zum eCommerce.
Luzie Pier: Wir lassen unsere Community bei Insta mitentscheiden, wann die nächste Modenschau sein soll.
Und wo geht Ihr dann live?
Christiane Pier: Hier im Rostfleckhaus an der Alleestraße. Nach Ladenschluss.
Laura Pier: Wir müssen dringend expandieren. Unseren ganzen Online-Handel würden wir gerne in die nahe Nachbarschaft verlegen. Wir platzen im Obergeschoss aus allen Nähten.
Luzie Pier: Dann könnten wir den Bereich, wo heute Pakete gepackt werden, als Studio für Modeschauen verwenden – auch während der Ladenöffnungszeiten.
Also wachst Ihr weiter?
Laura Pier: Auf jeden Fall. Gerade führen wir Gespräche für eine weitere Werkstudentenstelle im eCommerce.
Aber was macht Ihr, wenn Instagram nicht mehr funktioniert?
Luzie Pier: Dann kommt eine neue Plattform…
Christiane Pier: Dieses Denken muss unsere Generation erst noch lernen…
Das scheint bei Dir geklappt zu haben...
Christiane Pier: Danke. Ja. Wir wurden in der Pandemie zu unserem Glück getrieben.
Wie geht es kurzfristig weiter?
Christiane Pier: Wie Laura sagt: wir würden gerne Verpackung und Versand auslagern. Wir bekommen alle zwei Wochen palettenweise Kartonage. In einem größeren Lager könnten wir effizienter arbeiten. Wir glauben aber, Store und Online-Handel müssen weiter eng verknüpft sein. Das ist die Seele unseres Geschäfts.
Vielen Dank fürs Gespräch. Und noch einmal herzlichen Glückwunsch zum Innovationspreis 2023.
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