Hervest, das ist für Familie Thomas und Nicole Iwanowsky und ihre Kinder Leon und Lynn ein Ort mit Ferienparadies-Charakter. Aber die Straßen könnten besser sein, sagt die Familie.
Hervest ist ein dreigeteilter Stadtteil. Mit Dorf Hervest, Hervest-Dorsten und dem Marienviertel sorgt Hervest für Kontraste. Thomas (45), Nicole (46), Leon (18) und Lynn (14) Iwanowsky haben an Hervest kaum etwas auszusetzen. „Hervest hat eine Top-Lebensqualität, ist sehr familienfreundlich und hat eine hervorragende Nahversorgung und viele gastronomische Angebote“, sagt die Familie. Nur der Straßenzustand ließe in einigen Bereichen zu wünschen übrig.
Die Familie Iwanowsky liegt mit ihrer persönlichen Bewertung in einigen Bereichen sogar noch über den guten Noten, die unsere 145 Umfrageteilnehmer aus Hervest unter insgesamt 1571 Teilnehmern aus Dorsten vergeben haben.
Für Thomas Iwanowsky ist Hervest Heimat. „Meine Großeltern hatten in der Sardeckistraße ein Haus, jetzt habe ich auch eines“, sagt er. 2008 habe er das ehemalige Steigerhaus an der Sardeckistraße für sich und seine Familie mieten können. „Ein Glücksfall, am liebsten würden wir es kaufen.“

Hervest zerfällt in drei Teile: Hier das Dorf Hervest mit seiner Traditionsgastronomie. © Claudia Engel
Warum Iwanowsky sich so stark mit seinem Wohnort identifiziert, hängt nicht nur mit der zentralen, aber ruhigen Wohnlage hinter dem Lippedeich und der guten Anbindung zu Geschäften und gastronomischen Einrichtungen zusammen, sondern auch mit der eng verwachsenen Nachbarschaft, dem vielen Grün drumherum.
„Es ist wunderbar still hier. Als Läufer kann ich mich sofort auf den Weg machen.“ „Ich habe fast immer hier gewohnt“, meint der selbstständige Friseurmeister, der sein Geschäft in zentraler Lage an der Halterner Straße/Ecke Glück-Auf-Straße hat.
Ehefrau Nicole ist in Gelsenkirchen groß geworden. Die Grundschullehrerin hat an ihrem Zuhause in Hervest aber auch nichts auszusetzen. Im Gegenteil: „Hier ist es ruhig und trotzdem städtisch“, fasst sie zusammen.
Und auch Tochter Lynn (14) vermisst nichts. Die Petrinumschülerin macht sich gerne mit ihren Freunden auf den Weg durch den Stadtteil und fühlt sich behütet und gut aufgehoben. „Das Sicherheitsgefühl ist gut.“ Außerdem könne sie, wenn sie wolle, mit dem Rad zur Schule in der Innenstadt fahren. „Aber auch die Verkehrsanbindungen sind wirklich gut“, meint sie.

Wie, das Marienviertel gehört zu Hervest? Für Kern-Hervester ist der Ortsteil am Blauen See ein Holsterhausener Viertel. Stimmt aber nicht. © Claudia Engel
Insgesamt geben die Iwanowskys ihrem Heimatort zweimal zehn Punkte bei Lebensqualität und Familienfreundlichkeit. Damit liegen sie noch deutlich über dem Durchschnitt: 9 Punkte haben andere Hervester für die Lebensqualität im Ort gegeben, die Familienfreundlichkeit wurde allgemein mit 7 Punkten etwas schlechter bewertet: „Können wir nicht verstehen. Wir haben Kindergärten, Grundschulen und viele Freizeitangebote“, wundern sich die Iwanowskys.

© Verena Hasken
„Mr. Trucker“, Norbert Holz, ist der Hervest-Experte schlechthin. Selbst Anwohner der Glück-Auf-Straße, die die beiden Ortsteile Hervest Dorf und Hervest-Dorsten miteinander verbindet und Vorsitzender der Stadtteilkonferenz Hervest, weiß um die vielen Vorzüge von Hervest. Aber er sieht auch ein paar verbesserungsbedürftige Ecken und Kanten. „Wir haben Tempo 30 auf dem Hellweg und doch brettern manche Autofahrer trotz Rechts-vor-Links-Regelung hier durch, als ob es kein Morgen gäbe“, sagt er.
Als kritisch bewertet der Hervester, der fast drei Jahrzehnte lang von Hervest nach Münster zu seiner Arbeitsstelle gependelt ist und jetzt den wohlverdienten Ruhestand genießt, den Zustand einiger Straßen und Wege im Stadtteil. „Auf der Glück-Auf-Straße wurden nur einige Teilstücke saniert, andere Stellen, die aber genauso marode sind, ausgespart.“ In die Jahre gekommen sei auch die Wasserstraße. Familie Iwanowsky pflichtet ihm bei.
Lobend erwähnt der Hervester Norbert Holz indes die vielen Rad- und Fußwege. Für Hervester das allerwichtigste Thema in puncto Verkehrsverbindungen: „Dass die Zechenbahnbrücke endlich freigegeben wird“, sagt Holz. Dieses wichtige Verbindungsstück über die Lippe in Richtung Feldmark ist seit mehr als vier Jahren gesperrt, sodass die Hervester auf der einen Seite und die Feldmärker auf der anderen Uferseite der Lippe Umwege fahren oder laufen müssen. Im Sommer soll das kostbare Stück nach aufwendiger Sanierung endlich freigegeben werden. Das wollen beide Stadtteile mit einer großen Party feiern.
Das wurde gut bewertet
Lebensqualität: 9 Punkte haben die Hervester ihrem Stadtteil in diesem Bewertungsmerkmal gegeben. Neben Familie Iwanowsky, die für ihren Lebensmittelpunkt Hervest-Dorsten sogar 10 Punkte verliehen hat, haben insbesondere die Menschen aus dem Dorf Hervest und die Marienviertler die Hoch- und Höchstpunktzahlkarte gezogen: „Als Stadtteil fehlt das Marienviertel“, hat ein Umfrageteilnehmer angemerkt, der auf sein Quartier nichts kommen lässt.
Die tiefe Verwurzelung in diesem Ortsteil macht sich im besonderen Maße bemerkbar: „Ich wohne im Marienviertel. Mir scheint die persönliche Welt und das soziale Umfeld, das Miteinander und die Lebensqualität mit all ihren Facetten noch in Ordnung zu sein“, merkt ein Bewohner dieses Viertels an.
Nahversorgung: Die ist sehr gut bei uns, hat Familie Iwanowsky angemerkt und 9 Punkte vergeben. Das haben andere Hervester auch gemacht. Vermisst wird aber ein gut sortierter Drogeriemarkt.

Die Gastronomie in Hervest erhält Spitzennoten: In Hervest gibt es fast alles, das Mezzomar auf dem Zechengelände bietet mediterrane Küche und Außengastronomie. © Claudia Engel
Gastronomie: Hier haben die Hervester eine Vielfalt, nach der andere Dorstener sich die Finger lecken würden. „Auf dem Zechengelände gibt es wirklich alles und auch in den anderen Hervester Ortsteilen gibt es gute Angebote“, meint Familie Iwanowsky. Von der gutbürgerlichen Küche, über mediterrane Angebote bis hin zum vegetarischen Gaumenschmaus sei alles vorhanden. „Ein Asiate wäre auch gut, aber das ist Klagen auf hohem Niveau.“ Während Familie Iwanowsky 10 Punkte vergibt, verleiht Rest-Hervest gerade einmal 7 Punkte. Vielleicht liegt‘s ja daran, dass bei der Gastronomie die kurzen Wege bevorzugt werden?
Grünflächen: Es grünt so grün hinter dem Lippedeich: 9 Punkte für die Anlagen, in die Hervest eingebettet ist. Besonders lobend erwähnt wurden die Spielflächen am Ellerbruch, die kleine Parkanlage am Tierheim, die direkte Zuwegung zum Wasser und zur freien Natur am Lippedeich.
Radfahren: Wurde super bewertet. Neun Punkte für alle Anlagen, die schon vorhanden sind.
Das wurde negativ bewertet
Angebote für Jugendliche: Trotz Bürger- und Jugendbegegnungsstätte „Das Leo“ schnitt Hervest in diesem Punkt unterdurchschnittlich ab. Die Befragten in Hervest vergaben lediglich 5 Punkte, im gesamtstädtischen Schnitt waren es 6 Punkte. Wir befragte Expertin Lynn (14), die sich nur wundern kann über das schlechte Abschneiden ihres Heimatortes in diesem Punkt: „Jede Menge Sportangebote, Treffpunkte im Grünen und das Leo, was will man mehr“, sagt Lynn. Dazu noch die Freizeitangebote in den kirchlichen Jugendheimen und Gruppierungen - „wenn man will, findet man hier vieles“.
Vater Thomas meint, dass viele Angebote, auch die der Sportvereine, vielleicht nicht so bekannt seien. „Das führt dann vielleicht zu der Einschätzung, dass Hervest den Jugendlichen nichts zu bieten hat“, meint er.
Verkehr: Nun ja, keine Frage, die Halterner Straße als Hauptachse quer durch Hervest zwischen Innenstadt und Autobahnzubringer hat eine hohe Belastung aufzuweisen. Davon kriegen die meisten Hervester, wie Thomas Iwanowsky sagt, aber nichts mit. „Sobald man von der Halterner Straße weg ist, wird es ruhig.“ Der Straßenzustand, der lag aber außerhalb unserer Bewertung, wird zum Teil als schlecht empfunden.
Sanierungsbedarf sehen befragte Hervester an der Glück-Auf-Straße und auch an der Sardeckistraße: „Dieser Nebenarm wurde in den letzten Jahren wegen verschiedener Arbeiten immer mal wieder aufgerissen und dann geflickt. Der Zustand ist schon kritisch“, meint Thomas Iwanowsky.
1188 macht Hervest „Schlagzeilen“

Zeche Fürst Leopold um 1955 © Walter Biermann
Seit 20 Jahren als Lokalredakteurin in Dorsten tätig. Immer ein offenes Ohr für die Menschen in dieser Stadt, die nicht meine Geburtsstadt ist. Das ist Essen. Ehefrau, dreifache Mutter, zweifache Oma. Konfliktfähig und meinungsfreudig. Wichtige Kriterien für meine Arbeit als Lokalreporterin. Das kommt nicht immer gut an. Muss es auch nicht. Die Leser und ihre Anliegen sind mir wichtig.
