Hauspreise fallen in Dorsten „Wir drehen uns vom Verkäufer- zum Käufermarkt“

Hauspreise fallen: „Wir drehen uns vom Verkäufer- zum Käufermarkt“
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Weniger Immobilien wurden laut Gutachterausschuss in Dorsten im ersten Halbjahr 2023 verkauft - der Geldumsatz ging im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 9 Prozent zurück. „Nur“ 9 Prozent muss man sagen, denn in den Nachbarstädten waren es 25 Prozent (Marl) und in Gladbeck sogar 28 Prozent weniger.

Warum reagiert der Immobilienmarkt in Dorsten offenbar träger auf Krise, höhere Zinsen und Baukosten? „Es hat gedauert, bis der Knick kam“, sagt auch Bernd Rinkowski vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte. Die Makler Constantin Krukenberg und Friedrich Nagel von der Krukenberg Immobilien GmbH glauben, den Grund zu kennen.

Die Quadratmeterpreise, die bei Ein- und Zweifamilienhäusern im ersten Halbjahr 2023 in Dorsten, Marl und Gladbeck gezahlt wurden, liegen im Schnitt unter denen des Vorjahres.
Die Quadratmeterpreise, die bei Ein- und Zweifamilienhäusern im ersten Halbjahr 2023 in Dorsten, Marl und Gladbeck gezahlt wurden, liegen im Schnitt unter denen des Vorjahres. © Gutachterausschuss

Krukenberg: „Wir drehen uns vom Verkäufer- zum Käufermarkt. Bisher war es für uns als Makler die letzten fünf bis zehn Jahre schwierig, überhaupt an Objekte zu kommen. Wenn man ein Objekt reinbekommen hat, wusstest du genau, welche fünf Leute du anrufst. Und du musstest es gar nicht auf Immoscout stellen.“

Damals habe man potenziellen Käufern keine Besichtigung angeboten, „bevor der Käufer keinen Finanzierungs- und Eigenkapitalnachweis vorgelegt hat“. Die Zeiten seien nun vorbei: „Das dreht sich wieder. Der Käufer wird wieder wichtiger und wir müssen eher beim Verkäufer gucken, ob er überhaupt verkaufen kann.“

„Das ist nicht marktfähig“

Nagel sagt: „Wir haben auch Objekte, die wir nicht genommen haben, weil wir gesagt haben, das ist nicht marktfähig.“ Als Beispiel nennt er ein Zechenreihenhaus in Hervest mit Wintergarten. „Das war aber gar kein Wintergarten. Das war eine Pergola, dann kriegte die Pergola irgendwann ein Dach, dann eine Seitenwand. Dann wurde das Wohnzimmerfenster rausgenommen und das Wohnzimmer war plötzlich 40 Quadratmeter groß.“ Von der Stadt sei dann die Aufforderung zum Rückbau gekommen, weil die Siedlung unter Denkmalschutz steht.

Teils würden in solchen Fällen unrealistische Vorstellungen herrschen. Nagel: „Der Besitzer sagt: ‚Ich hätte dafür gern 230.000 Euro. Ich habe ja schließlich 400 Quadratmeter Garten‘. Doch er kommt nur mit der Mofa in den Garten, weil die Einfahrt genau 1,30 Meter breit ist. Der SUV muss auf dem Bürgersteig bleiben, aber da ist dummerweise Halteverbot.“

Nagels Fazit in so einem Fall: „Da brauche ich so ein Objekt nicht für über 200.000 Euro ins Portfolio legen und sagen: ‚Ich such mal einen Doofen, der es kauft.‘“

„Sind bei ersten 20 Prozent“

Manchen Verkäufern rate man vor dem Verkauf zu Reparaturen oder Renovierungen. „Wir waren vorher im Höhenflug und gehen jetzt auf Reisehöhe“, sagt Nagel zu den Immobilienpreisen. Wie weit hat sich der Markt denn bislang gedreht? „Wir sind bei den ersten 20 Prozent“, sagt Nagel.

Um zu erklären, warum die allgemeine Abwärtsentwicklung der Preise in dieser Region noch nicht deutlicher durchgeschlagen hat, nennt er das Beispiel Kirchhellen: „Da haben sich die Preise in den letzten 15 Jahren gut verdoppelt.“ Von 1.400 Euro pro Quadratmeter sei es hochgegangen auf 3.500 Euro. Dort sei es aber so gewesen, „dass wir eine Erben-Generation hatten“.

Wo 80-Jährige den Enkelkindern beim Hauskauf mit viel Eigenkapital geholfen hätten. Nur so seien Familien oft in der Lage gewesen, die hohen Preise zu zahlen.

„Käufer hat das Geld nicht mehr“

Mittlerweile seien aber auch dort 120-Quadratmeter-Häuser „für eine halbe Million“ wieder schwerer zu verkaufen und würden annonciert. „Der Käufer hat das Geld nicht mehr.“ Das führt Nagel aber nicht auf den gestiegenen Zinssatz zurück, weil man auch in Zeiten deutlich höherer Zinssätze Häuser verkauft habe. Dass Käufer heute deutlich zurückhaltender seien, liege vor allem an einem Grund: „Es ist der Immobilienpreis, der das macht.“ In den letzten fünf Jahren habe es über 30 Prozent Preiserhöhung gegeben.

Auch in Dorsten beobachten die Makler, dass Familien Geld zusammenlegen, „damit der Neffe oder die Tochter noch ein Haus kriegt“. So seien hohe Preise in Dorsten noch bezahlbar gewesen.

„Das ist Wunschdenken“

Laut des Münchener Ifo-Instituts soll in den nächsten zehn Jahren ein neuer Immobilienboom weltweit für steigende Preise sorgen: In Deutschland sollen es 7,2 Prozent sein (nicht inflationsbereinigt). Steht zu erwarten, dass die Preisschraube in Dorsten in Kürze wieder angezogen wird? „Das ist Wunschdenken und wird in Dorsten nicht passieren“, sagt Constantin Krukenberg.

In großen Städten wie München sei das vielleicht möglich, so Krukenberg, aber er geht davon aus, dass es in Dorsten weiterhin Preiskorrekturen gibt. „Der Verkaufsdruck wird steigen“, sagt er auch mit Blick auf die befürchtete Wirtschaftskrise und das Gebäudeenergiegesetz, das in Zukunft Hausbesitzern einiges abverlange.

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