Diesen Anblick werden Passanten und Familienangehörige wohl nie vergessen: Vor etwas mehr als sechs Monaten ist eine Frau in Wulfen-Barkenberg blutüberströmt auf die Straße gelaufen und dort zusammengebrochen. Seit Mittwoch (22.11.) steht der mutmaßliche Täter in Essen vor Gericht. Es ist der Ex-Mann, der bis zu seiner Festnahme in Marl-Drewer gewohnt hat. Die Anklage lautet auf Mordversuch.
Es war der 6. Mai dieses Jahres, als der 44-Jährige mit einem wuchtigen Küchenmesser immer wieder auf seine schlafende Ex-Frau eingestochen haben soll. Die Ärzte zählten später über 20 Stichverletzungen. Der Rücken wurde getroffen, das Gesäß, der Hals und die Achsel. In der Anklage ist von Lebensgefahr die Rede.
Mit Handschellen ins Gericht
Zum Prozessauftakt am Essener Schwurgericht wurde der Familienvater mit Handschellen in den Gerichtssaal geführt. „Er bereut hochgradig, was passiert ist“, sagte Verteidiger Burkhard Benecken. „Er hat völlig die Kontrolle verloren.“
Hintergrund der Tat soll ein Trennungsdrama gewesen sein. Die Frau des Angeklagten soll den 44-Jährigen verlassen und einen neuen Partner gefunden haben. Damit kam der Angeklagte möglicherweise nicht klar.
„Sie ist fremdgegangen“
Am Tattag wurde der Geburtstag einer gemeinsamen Tochter gefeiert. Erst war man zum Schwimmen in Haltern, dann ging das Fest in einer Wohnung in Barkenberg weiter. Weil die Frau müde wurde, hat sie sich laut Anklage schließlich auf ein Bett gelegt und ist eingeschlafen. Diese Situation soll ihr Ex-Mann ausgenutzt haben.
Dass seine Frau überlebt hat, gleicht einem Wunder.
Passanten und Familienangehörige hatten sich damals sofort um die Schwerverletzte gekümmert, die langsam das Bewusstsein verlor. Ihr Mann soll völlig teilnahmslos danebengestanden und sich eine Zigarette angezündet haben. Auf die Frage, was passiert sei, habe er laut Anklage geantwortet: „Sie ist fremdgegangen.“
Schmerzensgeld angekündigt
Die Familie soll nach der Bluttat versucht haben, den Angeklagten in Schutz zu nehmen. Im Prozess war von „seltsamen“ und „abenteuerlichen“ Versionen die Rede. Das soll sich vor Gericht aber nicht wiederholen. Dem will der Angeklagte mit einem Geständnis vorbeugen. „Es wird mit keinem Wort bestritten, dass er die Stiche durchgeführt hat“, so Benecken.
Wie es dazu kommen konnte, will der Angeklagte an einem der nächsten Verhandlungstage erklären. „Er sieht sich eigentlich als friedlichen Familienvater.“ Auch die Zahlung von Schmerzensgeld wurde bereits angekündigt.
Die Ex-Frau des 44-jährigen Mazedoniers war am ersten Prozesstag ebenfalls im Gericht. Zumindest die körperlichen Wunden sollen nach Angaben ihrer Anwältin Christin Riemann weitgehend verheilt sein. Urteil voraussichtlich im Januar.
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