Ein Jahr Klara Hospiz in Marl Das letzte Zuhause für sterbende Menschen

Ein Jahr Klara Hospiz: Das letzte Zuhause für sterbende Menschen
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Monika Appel war die Erste, die sich ins Gästebuch des neuen Hauses eintrug. Sie erlebte die letzten Wochen ihres Lebens liebevoll umsorgt im Klara Hospiz. Für Klaus Vogtländer ging während seiner Zeit im Hospiz am Lipper Weg ein langgehegter Wunsch in Erfüllung. Im Beiwagen war der schwerkranke Marler kurz vor seinem Tod noch einmal mit dem Motorradclub Red Knights auf Tour. Dies sind nur zwei von vielen Geschichten, die das Klara Hospiz zu erzählen hat:

Gut ein Jahr ist seit der Eröffnung des Hauses vergangen, das von einer Trägergesellschaft gebaut wurde und betrieben wird. Beteiligt sind Akteure aus Recklinghausen, Herten, Dorsten und Haltern. Dr. Ulrike Bertlich, Mitgründerin und Vorsitzende des Fördervereins Klara Hospiz, und die Geschäftsführerin der Klara Hospiz gGmbh Uta Heinrich sitzen mit zufriedenen Gesichtern am Tisch im Foyer des lichten Neubaus am Lipper Weg. Das Haus hat zehn Plätze und ist fast immer „ausgebucht“ - wenn man das in diesem Zusammenhang so ausdrücken darf. Menschen bleiben hier manchmal nur Tage, manche Wochen - kaum jemand länger. Das Klara Hospiz ist für Schwerstkranke das letzte Zuhause, bis sie sterben.

Hier sind die Menschen Gäste, keine Patienten

Im Hospiz spricht man nicht von Patienten, auch wenn Pflege und medizinische Versorgung wichtig sind. Hospiz heißt in seiner ursprünglichen Bedeutung Herberge. Hier werden Gäste aufgenommen, liebevoll umsorgt und auf ihrem letzten Weg begleitet. „Die Rückmeldungen unserer Gäste sind durchweg positiv“, sagt Geschäftsführerin Uta Heinrich. Woran das liegt? „Alle, die hier arbeiten sind mit Herz bei der Sache“, sagt Ulrike Bertlich. Die Fürsorge des Teams gilt nicht nur den Kranken. Auch die Menschen, die ihnen nahestehen, werden betreut. Angehörigen und Freunden steht die Tür zum Hospiz immer offen.

Die Geschichte des Klara Hospizes in Marl ist einzigartig. Sie beginnt mit einer Idee, die zuerst in der Stadt, dann auch über ihre Grenzen hinaus zur Bewegung wurde.

Der Ausgang zum Garten, in dem es neben Rasen und Blumenrabatten mit Insektenhotel auch eine Boule-Bahn gibt.
Der Ausgang zum Garten, in dem es neben Rasen und Blumenrabatten mit Insektenhotel auch eine Boule-Bahn gibt. © Vivien Caspers

Rückblick: Der entscheidende Impuls kam aus einem Wohnzimmer in Sickingmühle. Pfarrer Ulrich Müller und Dr. Ulrike Bertlich hatten zu oft miterlebt, dass es für sterbende Menschen aus Marl in den Hospizen der umliegenden Städte keinen Platz mehr gab. Ihr Ziel: Auch Marl sollte eine stationäre Einrichtung bekommen.

Hospizarbeit war schon damals in der Stadt kein neues Thema. Der Ambulante Hospizverein war seit Jahren eine etablierte Einrichtung. In Befähigungskursen vorbereitete Marlerinnen und Marler begleiten ehrenamtlich Sterbende und deren Angehörige ambulant. Auch Angebote für Trauernde gehören dazu. Über die Frage, ob Marl darüber hinaus auch eine stationäre Einrichtung brauche, wurde nur kurz diskutiert.

Vom Start weg eine Erfolgsgeschichte

Das sind die Menschen hinter dem Klara Hospiz on Vimeo

Die Initiative aus Sickingmühle stieß in Marl auf große Resonanz: Zur ersten Informationsveranstaltung kamen einen Monat später rund 200 Interessierte. Kaum drei Wochen darauf wurde im März 2016 der Förderverein Klara Hospiz gegründet. Nach einem weiteren Monat hatte er 260 Mitglieder. Knapp ein halbes Jahr nach seiner Gründung gehörten dem Förderverein Klara Hospiz 500 Menschen an. Die Zahl wuchs weiter und war schon kurze Zeit später bei 1000. Viele Mitglieder zahlen nicht nur Vereinsbeiträge. Sie sind ehrenamtlich im Einsatz, um für die Hospizarbeit zu werben - und um Geld zu beschaffen.

Die Kosten der stationären Hospize werden in Deutschland zwar inzwischen zu 95 Prozent finanziert. Das gilt für die Pflege der Gäste, allerdings nicht für einen Neubau, die Ausstattung oder auch Trauerbegleitung für die Hinterbliebenen.

Michaela Sommer leitet das Klara Hospiz in Marl.
Michaela Sommer leitet das Klara Hospiz in Marl. © Stefan Korte

„Kein Tag ohne Klara“ hieß es ab Anfang 2016 für Ulrike Bertlich, Ulrich Müller, das Vorstandsteam des neuen Fördervereins und eine stetig wachsende Zahl von ehrenamtlichen Unterstützerinnen und Unterstützern. Wo immer sich eine Gelegenheit bot, machten sie Werbung für ein neues Hospiz.

Sechs Jahre bis zur Eröffnung

Dass es bis zur Eröffnung des Klara Hospizes insgesamt mehr als sechs Jahre dauern würde, war den Initiatoren zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. Wenige Monate nach der Gründung des Fördervereins wurde eine stillgelegte Station in der Paracelsus-Klinik als ein möglicher Standort für den Start des Hospizes in Erwägung gezogen, aber bald wieder verworfen. Die Hoffnung, schon Ende 2016 ein stationäres Hospiz in Marl zu haben, erfüllte sich nicht.

Manfred Rosenberg steht an der Einfahrt zum Klara Hospiz. Er war fünf Jahre lang ehrenamtlicher Geschäftsführer der Klara Hospiz gGmbH.
Manfred Rosenberg war fünf Jahre lang ehrenamtlicher Geschäftsführer der Klara Hospiz gGmbH. © Martina Möller

Doch nach der Enttäuschung wuchs die Erkenntnis, dass der Förderverein das Fundament für das neue Klara Hospiz sein kann, das gesamte Projekt aber auf mehrere Schultern verteilt werden muss. Während Vereinsmitglieder mit Info-Ständen, Festen und vielen anderen Aktionen das Hospizprojekt immer bekannter machten, wurde mit der Klara Hospiz gGmbh im Augst 2017 eine Trägergesellschaft gegründet.

Sie bekam zwei ehrenamtliche Geschäftsführer - Manfred Rosenberg aus Polsum, zuvor Prokurist der Commerzbank, und Dr. Andres Schützendübel, Geschäftsführer des Landeskrebsregisters Nordrhein Westfalen. Der Kreis der Mitgesellschafter erstreckt sich über Marls Grenzen hinaus. Ein Neubau wurde geplant. Im Juli 2018 folgte der Überlassungsvertrag mit der Stadt Marl für das Grundstück der Alten Schmiede vor den Toren der Paracelsus-Klinik am Lipper Weg. Im Mai 2019 wurde die Schallmauer von einer Million Euro Spenden- und Sponsorengelder durchbrochen. Die feierliche Eröffnung des Neubaus fand im September 2022 statt.

Auslastung zu 95 Prozent ist wichtig

Damit das Klara Hospiz wirtschaftlich arbeiten und seine Existenz sichern kann, ist eine Auslastung der zehn Betten zu 95 Prozent erforderlich, erklärt die Geschäftsführerin Uta Heinrich. Sie hat das Amt mit der Hospizeröffnung übernommen. Etwa 250.000 Euro müssen jedes Jahr über Spenden, Stiftungen und Sponsoren erwirtschaftet werden. Der Bedarf an stationärer Hospizbegleitung sei groß, betont Uta Heinrich: „Wir können jedes Bett schnell wieder nachbelegen, nachdem jemand verstorben ist.“ Wer aufgenommen wird, ist unabhängig von Religion oder Einkommen, sozialer Stellung oder Einstellung zum Leben. Entschieden wird allein aufgrund der persönlichen Situation der Betroffenen.

„Viele sind überrascht, wenn sie das Haus am Lipper Weg betreten, weil es so hell und freundlich ist“, sagt Ulrike Bertlich. Für die Mitinitiatorin des Projekts sind die Zeiten ruhiger geworden. Sie genießt, dass dem Klara Hospiz in der Region ein guter Ruf vorauseilt und damit auch das Thema Hospizarbeit im Gespräch bleibt. „Wir haben ein Ziel erreicht“, sagt sie. „Menschen, die ihr ganzes Leben hier verbracht haben, können bis zum Lebensende in ihrer Umgebung bleiben.“

Das Klara Hospiz

  • Der Neubau hat rund 4 Millionen Euro gekostet, 2,4 Millionen Euro wurden durch Spenden und Sponsoren finanziert.
  • Träger ist die gemeinnützige und wohltätige Klara Hospiz gGmbh. Die Gesellschafter: Förderverein Klara-Hospiz (mit mehr als 60 Prozent Geschäftsanteil); Hospiz zum hl. Franziskus Recklinghausen; Hospizverein Marl; Diakonisches Werk im Kreis Recklinghausen; Kirchengemeinde St. Franziskus Marl; ESM Evangelische Stadt-Kirchengemeinde Marl; Hospiz-Freundeskreis Dorsten; Kirchengemeinde St. Sixtus - Haltern am See; Endlich e.V. - Herten
  • 20 Pflegekräfte kümmern sich rund die Uhr um die Gäste.
  • 50 Menschen sind ehrenamtlich für das Hospiz aktiv.
  • Rund 250.000 Euro pro Jahr muss das Hospiz selbst finanzieren
  • Alle Kontakte zum Klara Hospiz finden Sie unter www.https://klara-hospiz.de/ansprechpartner-kontakt/
  • Die Spendenkonten der Klara Hospizes gGmbH : Volksbank Marl-Recklinghausen eG, Zweck: Spende für Klara, IBAN: DE69 4266 1008 0111
    Sparkasse Vest Recklinghausen, IBAN: DE03 4265 0150 0090 2523 88

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