Ehepaar erlebt Kreuzfahrt als Irrfahrt: „Keiner wollte uns haben“

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Ehepaar erlebt Kreuzfahrt als Irrfahrt: „Keiner wollte uns haben“

rnEin Jahr Corona

Es ist ein Jahr her, dass ein Ehepaar aus Dorsten eine Kreuzfahrt durchs südchinesische Meer unternahm. Dass eine Seefahrt nicht zwingend lustig ist, haben die Dorstener zu spüren bekommen.

Dorsten

, 07.03.2021, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Alexandra Dorschu und Stefan Habel aus Dorsten sind regelmäßig Teilnehmer von Kreuzfahrten. „Seit unserer Hochzeitsreise 2012 sind wir auf den Geschmack gekommen“, sagt Alexandra Dorschu.

Bis 2020 war das so. Seitdem das Coronavirus im atemberaubenden Tempo um die Welt rast, ist die Reiselust des Dorstener Ehepaares versiegt. Die Eheleute erlebten im Februar 2020 auf ihrer letzten Kreuzfahrt an Bord der „Westerdam“ im südchinesischen Meer mit, welch hässliche Folgen Corona haben kann. „Keiner wollte uns mehr haben, nachdem bekannt wurde, dass wir einen Verdachtsfall an Bord hatten. Wir sind tagelang über das Meer geirrt und haben nach Häfen gesucht, wo wir andocken konnten.“ So hätten sie sich in ihren kühnsten Träumen ihre Asienreise nicht ausgemalt.

Die beiden Hochschullehrer Stefan Habel und Alexandra Dorschu auf dem Flughafen in Kambodscha. Von hier aus traten sie die Rückreise an - auch die war vom Corona-Irrsinn begleitet.

Die beiden Hochschullehrer Stefan Habel und Alexandra Dorschu auf dem Flughafen in Kambodscha. Von hier aus traten sie die Rückreise an - auch die war vom Corona-Irrsinn begleitet. © picture alliance/dpa

Dass sie ihre Entscheidung später womöglich noch bereuen würden, hatten die Eheleute nicht auf dem Schirm, als sie an Bord der „Westerdam“ gingen. Ein Ozeanriese, der etwas mehr als 1.400 Passagiere beherbergen kann. In Hongkong schifften sich die beiden Dorstener ein. Von dort aus sollte es zu neuen Ufern gehen. „Hongkong, die Acht-Millionen-Stadt, hatte im Februar 2020 gerade einmal acht Erkrankungsfälle. Wir waren nicht besorgt, dass es anderenorts mehr sein würden“, sagen Alexandra Dorschu und Stefan Habel.

Nach dem ersten Seetag schwante den Passagieren nichts Gutes

Nach einem Seetag und dem anvisierten Ziel, die Philippinen, dämmerte ihnen aber, dass diese Kreuzfahrt wegen zunehmender Covid-Fälle in den asiatischen Ländern eine sehr spezielle werden würde: „Das Schiff sollte anlegen, damit einheimische Besatzungsmitglieder ihre Familien treffen konnten. „Das ist uns zu heikel“, soll der kommunikationsfreudige Kapitän der „Westerdam“ dann aber seinen Passagieren mitgeteilt und das nächste Ziel bekannt gegeben haben: Taiwan.

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Ein Landgang wurde den Reisenden nach dem Anlegen verweigert. Wegen Corona lehnten die Behörden unter vielfachen Entschuldigungen Ausflugswünsche ab: „Wir saßen beim Frühstück und sahen, dass die Gangway nicht heruntergelassen wurde. Da schwante uns schon, das wird nichts.“ Auf dem Nachbarschiff habe es einen Corona-Verdachtsfall gegeben. Wenig später dann auch auf der „Westerdam“. Das reichte den Regierungen der Zielländer, ihre Häfen dicht zu machen.

Thailänder flankierten Touristenschiff mit Kanonenbooten

Beeindruckt war Dorschu, wie rigoros Thailand signalisierte, dass Besucher unerwünscht seien: „Uns haben Militärschiffe mit auf unser Schiff gerichteten Kanonen aus ihrem Gewässer hinausgeleitet.“ 14 Tage war die „Westerdam“ danach auf See unterwegs. Bis sich Kambodscha der Gestrandeten erbarmte und die Touristen gruppenweise von Bord in Hotels einließ. Der Corona-Verdachtsfall hatte sich da als unhaltbare Annahme entpuppt.

Trotzdem erlebten die Besucher noch viele ungewisse Stunden an Land, bis

Fluggesellschaften und Zielflughäfen einverstanden waren, sie aufzunehmen. „Bei einer Zwischenlandung in Pakistan hat man uns fünf Stunden im Flugzeug auf der Landebahn schmoren lassen. Die Crew weigerte sich, nach Ablauf ihrer Arbeitszeit weiter für die Passagiere zu sorgen. Einige ältere Leute und auch Kinder waren kurz vor dem Kollaps, bis die Maschine wieder startete.“

Diesen besonderen Urlaub hakten die beiden Dorstener nach ihrer Rückkehr als spannendes Abenteuer ab. Seit dem ersten Lockdown im März wissen sie: mit der Pandemie ist nicht zu spaßen, Corona ist eine furchterregende Plage. Alexandra Dorschu glaubt, dass die Isolation der Menschen noch eine ganze Weile Alltag sein wird. „Über Urlaub 2021 sprechen wir nicht. Das wäre ein Luxusproblem.“ Stattdessen freuen sich die Dorstener auf einen ganz anderen Urlaub: ihren ersten Elternurlaub mit ihrem ersten Kind. Sie erwarten es im Juni.