Dorstener über Erdbeben in der Türkei: „Meine Tante lag 14 Stunden unter den Trümmern“

Erdbeben in der Türkei: „Meine Tante lag 14 Stunden unter den Trümmern“
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Bei dem Erdbeben in der Türkei und Teilen von Syrien sind nach derzeitigem Stand über 5.000 Menschen verstorben, Tausende sind verletzt oder haben ihre Häuser und Wohnungen verloren.

„Wir haben gegen 4 Uhr nachts unserer Zeit einen Anruf aus der Türkei bekommen. Das heißt meistens nichts Gutes“, erzählt Seyfettin Yesilmen. Der 21-jährige Dorstener hat viele Familienmitglieder in der betroffenen Regionen. Die meisten Angehörigen seien „relativ gut davon gekommen“ - eine Person allerdings nicht: „Meine Tante lag 14 Stunden unter den Trümmern.“ Mittlerweile sei sie allerdings auch gerettet worden und den Umständen entsprechend wohlauf.

14 Stunden unter Trümmern

Nach den ersten Meldungen stand die Familie Yesilmen unter Schock und machte sich große Sorgen. Schnell stellte sich aber das Bedürfnis ein, helfen zu wollen. Seyfettins Cousin Bilal hatte über Bekannte eine Möglichkeit gefunden, Sachspenden in die Krisenregion zu schicken.

Er habe einen Post in den Sozialen Medien geteilt, in dem er sagte, dass Spenden zu ihm gebracht werden können - „und dann ging es richtig los", berichtet er. Sein Post wurde schnell geteilt und verbreitete sich auch weit außerhalb von Dorsten - als er an seinem Büro ankam, standen schon 20 vollgepackte Autos vor seiner Tür - „das war unglaublich".

Keine öffentliche Organisation

Zusammen mit seinem Bruder betreibt Bilal ein Transportunternehmen, dementsprechend konnten mehrere Sprinter vollgeladen werden, um die Spenden zu der Sammelstelle nach Gladbeck zu bringen. Bis 4 Uhr nachts hätten Bekannte, Freunde und wildfremde Menschen dabei geholfen, Spenden zu packen und zu einzuräumen. „Da waren Deutsche, Türken, Araber, es war alles gemischt und alle wollten einfach nur helfen und etwas Gutes tun", erzählt Bilal Yesilmen.

Mehrfach muss er während des Gesprächs an sein Telefon, weil noch viele Spenden in Transportern liegen und unklar ist, wie die Klamotten, Windeln und Hygieneartikel in die Türkei und nach Syrien gebracht werden können, „das geht die ganze Zeit so", berichtet er.

Eine öffentlich organisierte Anlaufstelle gibt es bislang nicht, auch bei der Dorstener Ditib-Gemeinde könne man aktuell keine Spenden entgege nehmen, erklärt Siemet Kaynan der Jugendvorstandsvorsitzende der Gemeinde.

„Wir haben von der Ditib nicht direkt eine Spendenaktion, bei der wir Sachenspenden sammeln können, weil vom türkischen Staat noch nicht gesagt wurde, was, wie viel oder wohin", man warte noch auf einen offiziellen Auftrag. Als Privatperson würden aber auch die Dorstener Gemeindefunktionäre aktiv werden.

„Mehr als nur spenden"

Canan Yazici wollte mehr als nur spenden und hat mit ihren Kolleginnen von der Haarmanufaktur Benson eine Aktion gestartet.
Canan Yazici (2.v.r.) wollte mehr als nur spenden und hat mit ihren Kolleginnen von der Haarmanufaktur Benson eine Aktion gestartet. © Beat Linde

„Mehr als nur selbst spenden" wollte auch Canan Yazici von der Haarmanufaktur Benson in der Dorstener Innenstadt. Die Dorstenerin hat ebenfalls Familie und Freunde in der Krisenregion und wollte deswegen auch aktiv werden. „Ich weiß, dass wir ein tolles Team haben, das gerne Hilfe anbietet." Am Dienstag (7.2.) konnten deswegen Sachspenden wie Klamotten oder Windeln in den Friseursalon gebracht werden und bis Ende der Woche wird dort auch Geld gesammelt, das direkt in die Krisenregion fließen soll.

Yazici erklärt, dass die Lkw teilweise bis zu fünf Tage unterwegs sind, Überweisungen aber sofort vor Ort helfen können. Auch sie und ihre Kolleginnen berichten von einer großen Spendenbereitschaft der Kundinnen und Kunden.

Besonders würden warme Klamotten benötigt, berichtet Yazici, „es schneit dort aktuell“ und auch die Yesilmen Cousins sagen, dass besonders Decken, Heizstrahler oder warme Bekleidung wichtig seien. Bis es öffentlich organisierte Hilfsaktionen gibt, empfehlen sie jedem, der spenden möchte, nach privaten Organisatoren über die Sozialen Netzwerke zu suchen.

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