„Politik mit Weitblick? Fehlanzeige!“ Dorstener Landwirte machen ihrem Ärger Luft

„Politik mit Weitblick? Fehlanzeige!“: Dorstener Landwirte machen ihrem Ärger Luft
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Trotz Minustemperaturen, leichtem Schneefall und glatten Straßen haben sich Dorstener Landwirte mit gut 80 Traktoren am Montagmorgen (8.1.) in Wulfen getroffen. Aufgereiht standen die Fahrzeuge an der Wienbachstraße. Fast alle mit gelben Blinklichtern. Viele mit an den Frontladern montierten Schildern.

„Politik mit Weitsicht? Fehlanzeige!“, „Nicht auf dem Rücken der Bauern!“ oder „No Farmers, No Food, No Future“ zeigen, worum es den Landwirten geht. Sie sind unzufrieden mit dem, was die Bundesregierung entschieden hat.

Die Dorstener Landwirte haben genug von den politischen Entscheidung der Bundesregierung.
Die Dorstener Landwirte haben genug von den politischen Entscheidung der Bundesregierung. © Julian Preuß

Bernd Lienemann, Lembecker Ortsverbandsvorsitzender des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV), konkretisiert, wogegen die Landwirte protestieren. Die von der Politik geplante Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge sowie der Agardieselvergütung sei der Tropfen gewesen, „der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.

Bernd Lienemann war verantwortlich für die Versammlung der Dorstener Landwirte in Wulfen.
Bernd Lienemann war verantwortlich für die Versammlung der Dorstener Landwirte in Wulfen. © Julian Preuß

Und eben deshalb haben sich die Landwirte aus dem Dorstener Norden gegen 8 Uhr getroffen. In Kolonne und in Begleitung der Polizei startete der Zug gegen 8.40 Uhr über die Hervester Straße in Dorsten in Richtung Recklinghausen - zur großen geplanten Demonstration in Recklinghausen.

Viele reagieren auf Traktor-Ansammlung

Und die Reaktionen auf die Traktor-Ansammlung und Kolonne folgten prompt. Mehrmals bahnten sich Lkw durch das Gewerbegebiet an der Wienbachstraße. Einige von ihnen hupten, zeigten sich solidarisch mit den Landwirten.

Ähnlich machten es später einige Autofahrer auf der Hervester Straße. Einer von ihnen steckte gar den Kopf aus dem Fenster auf der Fahrerseite und zeigte einen Daumen nach oben. Lediglich ein Lkw-Fahrer schimpfte im Führerhaus sichtbar vor sich hin.

Auch Bürgermeister Tobias Stockhoff stellte sich am Montagvormittag auf die Seite der Landwirte. Via Instagram und Facebook schrieb er, dass er die Forderungen aus der Landwirtschaft „als Mensch aber auch Bürgermeister sehr gut nachvollziehen“ könne. Das Loch im Bundeshaushalt solle nun „durch Flickschusterei“ kaschiert werden. Stockhoff weiter: „Die Bundesregierung muss endlich - übrigens auch bei den Kommunalfinanzen - den ideologischen Weg verlassen: Wir brauchen Logik statt Ideologie!“

Politische Diskussionen im Internet

Den Vorwurf, selber eine Ideologie zu verbreiten, musste sich Stockhoff von den Dorstener Grünen gefallen lassen - ebenfalls via Social Media. Es folgte zudem ein Video von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Der warnt davor, dass die Proteste der Landwirte instrumentalisiert und auf deren Basis Umsturzfantasien verbreitet würden.

Und genau das macht die Dorstener AfD. Bereits seit einigen Tagen teilt der AfD-Stadtverband entsprechende Inhalte. „Wir stehen hinter unseren Bauern!“, heißt es. Doch politische Lösungsvorschläge im Sinne der Landwirte finden sich nicht. Stattdessen ruft die Partei alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich an dem Protest zu beteiligen. Stattdessen lautet die Botschaft: „Die Ampel muss weg!“

Geplant worden war außerdem ein Autokorso - abgesehen von der Landwirte-Demo - von Waltrop über Castrop-Rauxel nach Herten. Davon, das machte Bernd Lienemann abermals deutlich, wollen sich die Landwirte „ganz klar distanzieren“. Und weiter: „Wir wollen einen friedlichen Protest haben und demokratisch demonstrieren, so wie es das Demonstrationsrecht vorsieht.“

Lienemann war am späten Nachmittag jedenfalls zufrieden mit dem Tagesverlauf. Er schätzt, dass mehr Landwirte an der Demonstration in Recklinghausen teilgenommen haben als gedacht. Und: „Die Resonanz war durchweg positiv!“ Lienemann spricht von viel Zustimmung, gehobenen Daumen und Beifall.

Zu spüren waren die Auswirkungen der Demo auch in Dorsten nochmal. Am Nachmittag waren die Hauptverkehrsachsen teilweise blockiert.

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