Die blonden Haare Jenny Elvermanns wollten alle Kinder bei der Schuleröffnung anfassen. „Die Kinder sind unheimlich neugierig, aber sehr vorsichtig. Man wird nicht bedrängt“, sagt Jenny Elvermann, auch wenn das Bild vielleicht auf den ersten Blick anders wirkt.
Vom 9. bis zum 18. Januar waren sie, ihr Vater Jürgen Elvermann sowie eine Gruppe von insgesamt 15 Mitarbeitern der Firma Elvermann aus Dorsten-Lembeck mit Reiner Meutsch, Begründer der Reiner Meutsch Stiftung Fly & Help, in Ruanda. „Sehr emotional, sehr beeindruckend“, sagt Jenny Elvermann, sei das für das Team gewesen, das dabei „richtig zusammengeschweißt“ worden sei. „Es sind ganz viele Tränen geflossen.“ Viele Mitarbeiter hätten gesagt, dass es die Reise ihres Lebens gewesen sei. Übrigens: Bezahlt wurde die Reise natürlich nicht aus Spenden, sondern von den Mitarbeitern sowie durch einen Zuschuss seitens der Firma.
Völkermord vor knapp 30 Jahren
„Jeder grüßt, wenn man vorbeifährt“, erinnert sich Jürgen Elvermann an die lächelnden, fröhlichen Menschen in Ruanda. Was aus europäischer Sicht erstaunlich ist: Das Land erlebte 1994 den größte Völkermord sei dem Zweiten Weltkrieg - 800.000 Menschen wurden damals ermordet.

Der stets gut gelaunte Fahrer der Dorstener Reisegruppe, so erfuhren die Dorstener, sei damals als 14-Jähriger mit seiner damals sechsjährigen Schwester in den Busch geflüchtet. Dort harrten sie aus und lebten von dem, was die Natur bot. Alle anderen Familienmitglieder wurden in diesen Monaten getötet. Das Motto der Ruander sei, so Jürgen Elvermann: „Wir wollen vergeben, aber nicht vergessen.“
Geschenke mitgebracht
Große Eröffnungsfeiern hatten die beiden Schulen, die mit Dorstener Mitteln gebaut wurden, für die Besucher organisiert. Mit Torte, Geschenken, vielen Tänzen und Gesängen. Im Gegenzug hatte die Delegation 15 Koffer voller Sachspenden dabei: Bälle, Luftballons, Stifte, Papier und Trikots.

Für kleinste Dinge seien Kinder dort dankbar, sagt Jürgen Elvermann. Sogar ausgetrunkene Halb-Liter-Plastikflaschen hätten einen Wert für sie, da sie darin auch mal Wasser mit zur Schule nehmen könnten. „Wir können viel von denen lernen, was Dankbarkeit betrifft.“
Schule für bedürftige Kinder
Während die ersten beiden Schulen 750 und 800 Kinder fassen, ist die dritte bereits fertiggestellte Schule, an deren Ausbau die Dorstener beteiligt waren, für 1.500 Kinder ausgelegt. Eine vierte Schule ist in Planung, die für 320 besonders bedürftige Kinder gebaut werden soll. Bedürftig heißt, dass dort kein Schulgeld erhoben werden soll und auch behinderte Kinder aufgenommen werden sollen.

Jede gebaute Schule bekommt eine Zisterne und Latrinenblöcke, „da die Wasserversorgung auf dem Land schlecht ist“, so Jürgen Elvermann. „In der Stadt ist das kein Thema.“ Ruanda sei eines der Länder mit der größten Einkommensschere, so Jürgen Elvermann. Dorfbewohner verdienten im Durschnitt 50 Euro im Monat, in der Hauptstadt Kingali wird das Drei- oder Vierfache gezahlt.
Buschkrankenhaus
Unterstützt wird von Dorsten aus auch das Buschkrankenhaus von Uta Düll, das etwa 130 Kilometer von der Hauptstadt entfernt liegt. Die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes zeigte den Dorstenern Orte, „wo sonst keine Touris hinkommen“, sagt Jürgen Elvermann. Etwa das Haus einer alleinerziehenden Mutter, „ohne Bett, Essensvorräte, fließendes Wasser oder Strom - trotzdem sind die so stolz, uns das zu zeigen“.

Für einen querschnittsgelähmten Mann sammelten die Dorstener spontan, damit er ein Haus aus Lehm bekommt. Die Neugeborenen-Station des Buschkrankenhauses durften die Dorstener ebenfalls inspizieren, während draußen ein Mann wartete. „Hinterher stellte sich heraus, dass das ein Vater war. Wir haben sein neugeborenes Kind also vor ihm gesehen“, so Jürgen Elvermann, der die offene, entspannte Art in Ruanda lobt.

Überraschend für die Dorstener war, dass das Gesundheitswesen in Ruanda technisch in einigen Bereichen dem europäischen überlegen ist. Wenn Blutkonserven im Buschkrankenhaus benötigt werden, werden die von einem Verteilerzentrum innerhalb einer halben Stunde zugeschickt - per Drohne.

Von der Sauberkeit in Ruanda waren die Dorstener beeindruckt. Jürgen Elvermann: „Da liegt kein Müll. Die haben auch nicht so viel zum Wegschmeißen.“ Müll werde zum Teil von Kindern mit Schnüren zu Bällen zusammengebunden, um damit zu spielen. Zudem sei jeder Bürger dort einmal im Monat verpflichtet, die Umwelt zu säubern. Besentag werde dieser Tag genannt - wie das jährliche Pendant in Dorsten.
Großes Interesse in der Heimat
Dass die Mitarbeiter der Firma Elvermann Schulen in Ruanda unterstützen, hat sich mittlerweile in Dorsten herumgesprochen. Nach der Rückkehr wurden Helfern und Interessierten bei einem „Update-Abend“ die Sozialprojekte der Firma (auch die Unterstützung des Kinderhospiz Balthasar sowie von Opfern der Flutkatastrophe in Ahrweiler) vorgestellt. Rund 350 Besucher habe man da gezählt.

Mitgebracht haben die Mitarbeiter aus Ruanda dort genähte Elefanten, Taschen und Püppchen, die in der Firma, Zur Reithalle 72-76, verkauft werden, um weitere Projekte anzutreiben und die Schulen nachhaltig zu unterstützen. Interessenten können sich an Jenny Elvermann wenden unter Tel. (02369) 9891269.

Sachspenden für die nächste Reise, die im kommenden Jahr angepeilt ist, werden bereits entgegengenommen, etwa Verbände, Wundauflagen, Pflaster für das Buschkrankenhaus oder auch Spielsachen wie Bälle, Luftballons oder Buntstifte. Für verderbliche medizinische Güter will Jenny Elvermann kurz vor der Reise einen Aufruf starten.
Geldspenden werden bereits ebenfalls jetzt gern entgegengenommen: FLY & HELP, Westerwald Bank eG, IBAN: DE94 5739 1800 0000 0055 50, BIC: GENODE51WW1. Verwendungszweck: Ruanda Elvermann.
Wie die Reise war, sehen Sie auf dorstenerzeitung.de
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