Ein Mädchen (r.) vor einem Luftbild von Dorsten.

© Montage Sauerland

Josy (13) aus Dorsten: Jugendliche reißt wiederholt aus - was kann man tun?

rnErneute Vermisstenmeldung

Josy (13) aus Dorsten ist weg. Schon wieder. Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit fehlt von ihr jede Spur. Wo steckt Josy? Das wüssten viele gerne, die an ihrem Schicksal Anteil nehmen.

Dorsten

, 03.05.2022, 17:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Rein zufällig sind in Dorsten innerhalb von einer Woche drei Mädchen vermisst gemeldet worden. Alle drei tauchten wohlbehalten wieder auf. Im Fall einer 13-Jährigen ist die Polizei aber schon wieder auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen: Seit Samstag ist Josy erneut nicht auffindbar. Gemeldet hat sie sich auch nicht. Ihr letzter Aufenthaltsort, als sie wieder auftauchte: eine Wohngruppe in Dorsten.

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Jugendamt und Polizei tun ihr Möglichstes, das Mädchen aufzuspüren. Zur Gefahrenabwehr, wie die Polizei sagt. Ein Kind von 13 Jahren, zumal noch schulpflichtig und auf sich allein gestellt, kann aus Sicht von Erwachsenen oder Sorgeberechtigten vielen Gefahren ausgesetzt sein. Die Jugendlichen dieses Alters bewerten die Situation häufig ganz anders: „Sie wissen, was sie nicht wollen und handeln danach“, sagt der Leiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes beim Jugendamt der Stadt Dorsten, Tobias Klempel, auf unsere Anfrage. Wegsperren könne man ein Kind oder einen jugendlichen Ausreißer nicht: „Dazu bedarf es eines Beschlusses eines Familiengerichts.“

Es gibt viele Hilfsmöglichkeiten

Ohne in seinen Erklärungen Bezug zu nehmen auf den konkreten Fall hat der ASD-Leiter vielfältige Erfahrungen im Laufe seines Berufslebens mit den Problemen Jugendlicher und ihrer Familien sammeln können. In erster Linie setzt das Jugendamt auf die Kooperation aller Beteiligten und erst in allerletzter Instanz auf die „schärfste Waffe im Instrumentarium“: den stationären Aufenthalt.

So bietet das Jugendamt Eltern und Kindern eine ganze Palette von Hilfsmöglichkeiten an, um eine Familie, die aus der Bahn geworfen wurde, das gestörte Familiensystem wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Das kann jeder Familie durch Krankheit oder Verlust des Arbeitsplatzes passieren. Das setzt aber voraus, dass alle Beteiligten gleichwertig mitwirken. „Wir sind sehr daran interessiert“, so Klempel. „Wenn Eltern an ihre Grenzen kommen, ist es überhaupt nicht dramatisch, uns als Jugendamt einzubinden, denn dafür sind wir da“, sagt er auch.

Die Türen bleiben geöffnet

Fälle, wo Jugendliche gar nicht mehr zugänglich sind, haben meist eine lange Vorgeschichte. Wiederholte Ausreißer sind für den Allgemeinen Sozialen Dienst aber eher eine Ausnahme: „Das kommt vielleicht alle zwei Jahre vor und meist sind es Mädchen, die wiederholt abgängig sind“, sagt Klempel. Diese Kinder oder Jugendlichen zu erreichen, sei sehr schwierig. „Sie folgen ihrem eigenen Plan“, auch wenn sie noch sehr jung sind.

Ein Mädchen mit einer Mütze auf dem Kopf.

Josy (13) wird vermisst. © Polizei

Auch wenn das Jugendamt diese Jugendlichen aktuell nicht erreichen kann, bleibt die Tür geöffnet für den Moment, wenn sie doch Hilfe annehmen wollen. Bis dahin versucht das Jugendamt, einen Kontakt zu einer vertrauten Bezugsperson herzustellen. Wenn sich eine Jugendliche regelmäßig bei Verwandten meldet, reißt zumindest der Kontakt nicht ab und ist im Notfall schnelle Hilfe möglich.

Für diese Jugendlichen gebe es individuelle Hilfesettings, etwa eine Handynummer von einer vertrauten Betreuungsperson oder eine Adresse, an die sich die Jugendlichen wenden können. „Wir wollen natürlich nicht, dass sie draußen auf der Straße bleiben.“

Von Josy hieß es nach früheren Recherchen von uns, dass sie sich gerne in Großstädten in der Nähe von Bahnhöfen aufhält. Beim letzten Mal, als sie vermisst gemeldet worden ist, hat sie sich drei Wochen, nachdem sich ihre Spur verloren hatte, selbst zurückgemeldet. Nicht ausgeschlossen, dass es auch diesmal der Fall sein wird.

Polizeisprecherin Corinna Kutschke sagt dass es immer wieder Fälle von Jugendlichen gebe, die wiederholt vermisst gemeldet werden. Fehlt jede Spur von ihnen, startet die Polizei eine Fahndung. „Wir nehmen jeden Vermisstenfall ernst“, sagt Kutschke. Bei Kindern werde bei einer Öffentlichkeitsfahndung abgewogen, ob diese vertretbar ist: „Wir müssen erst alles getan haben, um sie aufzuspüren, bevor das passiert.“ Eigen- oder Fremdgefährdung spielen bei der intensiven Suche nach den Verschwundenen eine wesentliche Rolle. „Wir wollen auch, dass die Jugendlichen da draußen heil bleiben.“

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