Seit ungefähr 18 Monaten spitze sich die Situation in Dorsten-Wulfen zu, sagt Carsten Stanley. Der Geschäftsführer der Pott Immo GmbH kümmert sich mit seiner Firma um das Facility Management rund um das Areal am Brauturm in Dorsten-Wulfen. Der 41-Jährige meint den Ärger, den ein laut Polizei „stadtbekannter“ Mann verursacht.
Am Donnerstag (22.8.) bedrohte der Mann Menschen mit einem Messer, am Sonntag (25.8.) randalierte er erneut und warf mit Flaschen nach Passanten. Beide Male war die Polizei vor Ort und nahm den Mann kurzfristig mit. Allerdings seien nach der vorläufigen Festnahme am Sonntag die Haftgründe nicht erfüllt gewesen, teilt die Polizei Recklinghausen mit.
Oftmals Forderung nach Zwangsmaßnahmen
Obwohl sich die Stadt Dorsten nicht zum konkreten Fall in Wulfen äußert, gibt die Stadtverwaltung eine generelle Stellungnahme ab. Denn, so schreibt Stadtsprecher Ludger Böhne: „Wenn Menschen auffällig werden, die von einigen vielleicht sogar als Bedrohung wahrgenommen werden, wird schnell die Forderung laut, diese irgendwie unter Kontrolle zu bringen.“ Notfalls durch Zwangsmaßnahmen, wie etwa eine Unterbringung in einem Gefängnis oder in einer Psychiatrie.
Aber, so Ludger Böhne: „Der Gesetzgeber setzt allen die Freiheit des Einzelnen beschränkenden Maßnahmen sehr enge Grenzen.“ Man dürfe Menschen „nicht einfach wegsperren“, in eine Entzugsklinik einweisen oder ins Gefängnis stecken. Dies funktioniere nur, sofern eine „akute und sehr drastische Fremd- und Eigengefährdung“ vorliege. Belästigendes Verhalten, auch dauerhaft, reiche nicht aus.
In Akutsituationen komme es in aber auch durch Ordnungsbehörden zu Einweisungen. Ludger Böhne: „Diese werden sehr oft durch Gerichte aufgrund einer vermuteten Wiederholungsgefahr bestätigt.“
Klinken bewerten Einweisungen
Aber: Zuständige Kliniken, wie die LWL-Klinik in Herten, würden diese gerichtlichen Entscheidungen aus medizinischer Sicht nochmal neu bewerten. Die Einweisung sei beendet, wenn sich eine Fremd- und Eigengefährdung nicht mehr bestätige.
Mit Blick auf den randalierenden Mann in Wulfen zieht der Stadtsprecher einen ähnlichen Fall aus dem Jahr 2022 als Vergleich heran. Damals sei die „Ordnungsbehördliche Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet der Stadt Dorsten“ genannt worden.
Wenn gegen die „Allgemeine Verhaltenspflichten“ (§2) verstoßen werde, könnten Platzverweise und Ingewahrsamnahmen durch die Polizei durchgesetzt werden.
Allerdings, führt Ludger Böhne an, führe die rechtliche Grundlage nicht unbedingt zum gewünschten Ziel. Die Regelungen der Ordnungsbehördlichen Verordnung (OBV) würden nur für den Moment wirken. Sie seien nicht geeignet, um dauerhafte psychische und medizinische Probleme zu lösen.
Verhalten ändert sich nicht
So würden Platzverweise die Verhaltensweise von Menschen nicht ändern. Stattdessen würden die Betroffenen nur an einen anderen Ort geschickt. Sprich: Das Problem werde verdrängt, nicht behoben.
Ähnlich sehe das Ergebnis nach einer Erzwingungshaft aus, wenn beispielsweise Bußgelder mehrfach nicht gezahlt wurden. Diese sei zeitlich begrenzt und wiederum an einige Voraussetzungen - zum Beispiel Zahlungsfähigkeit und Gesundheitszustand - gebunden.
Auch nach einem Aufenthalt in einer Justizvollzugsanstalt seien also die psychischen und medizinischen Probleme eines Menschen nicht gelöst, sofern dieser aufgrund seines Zustandes überhaupt haftfähig ist.