Kinderfeindlichkeit bei der Wohnungssuche Vierköpfige Familie aus Dorsten ist wütend

Vierköpfige Familie aus Dorsten findet wegen Kindern keine Wohnung
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Nein, nein, nein. Seit einem Jahr ist Familie Müller (Namen von der Redaktion geändert) in Dorsten auf Wohnungssuche. Immer wieder scheitert es. Der Grund macht den 41-jährigen Familienvater so fassungslos, dass er sich an unsere Redaktion wandte.

Das Ehepaar sucht eine Wohnung für sich, den zweijährigen Sohn und die acht Jahre alte Tochter. Immer wieder hören die Dorstener von potenziellen Vermietern den gleichen Satz: „Nein, wir wollen keine Kinder im Haus!“ Die Stimme des Familienvaters bebt, als er das schildert: „Da kommt einfach nur Wut auf.“

Angst vor Repressalien

Aus Angst vor Repressalien möchten er und sein Vater, der ihn bei der Wohnungssuche unterstützt, nur in anonymisierter Form über ihre Erfahrungen sprechen.

Große Wohnungen würden lieber an kinderlose Ehepaare vergeben als an Familien mit Kindern, erklärt der 74-jährige Dorstener. Weil sein Sohn tagsüber arbeitet und er Rentner ist, unterstützt er die Familie bei der Wohnungssuche.

Der Familienvater schildert folgende Situation: In einer Anzeige entdecken die beiden ein passendes Angebot. Die Familie ist auf der Suche nach einer Vierzimmerwohnung um die 100 Quadratmeter. Genug Platz, damit jedes Kind sich im eigenen Zimmer entfalten kann. Die Wohnung liegt in der Nähe zu Opa und Oma – alles scheint zu passen.

„Schwieriger Mieter“

Großvater „Peter“ (Name von der Redaktion geändert) ruft für seinen Sohn an und erzählt, für wen er die Wohnung sucht. Beim Telefongespräch erwähnt der Vermieter einen „schwierigen Mieter“, der gerne mal die Lautstärke misst.

„Die Kinder wollten wir jetzt nicht weggeben“, entgegnet der 74-Jährige und lacht. Trotzdem scheint es erstmal kein Problem zu geben. Es wird ein Termin zur Besichtigung vereinbart.

Vor Ort guckt sich der 74-Jährige alles in Ruhe an, stellt Fragen und macht Fotos. Er macht sich Gedanken, welche Möbel wo am besten hinpassen könnten. „Okay, wir würden die Wohnung nehmen.“

Zu früh gefreut. Auf einmal gibt es einen weiteren Interessenten aus Mainz, der sich die Wohnung noch angucken möchte. Ein Bekannter des Mainzers hätte die Wohnung schon vorher besichtigt und für gut befunden. „Da fühlt man sich erst mal vor den Kopf gestoßen“, sagt Peter im Gespräch mit der Redaktion.

„Wir wollen keine Kinder hier“

Trotzdem habe sich der Vermieter mit einer endgültigen Antwort zurückmelden wollen, erklärt Familienvater „Sebastian“. Das Telefon bleibt allerdings still. Zwei Wochen später steht dieselbe Anzeige wieder in der Zeitung. „Da haben wir natürlich wieder angerufen“, erzählt der 41-Jährige.

Ja, die Wohnung sei noch zu haben, aber er bekäme die Wohnung nicht, soll der Vermieter entgegnet haben. Sebastian will einen Grund wissen. Vom anderen Ende des Hörers soll nur ein „Wir sind ihnen keine Auskunft schuldig“ gekommen sein.

Diese Antwort ist für den 74-jährigen Dorstener allerdings nicht akzeptabel. Er hakt nach. „Wir wollen keine Kinder hier.“ Punkt. Der Satz trifft, denn es sei nicht das erste Mal gewesen, dass sie mit dieser Begründung abgelehnt worden seien. „In was für einem Land leben wir, wenn Kinder nicht erwünscht sind?“

„Du musst die Hosen runterlassen“

Auch bei anderen Wohnungsangeboten hört er Ähnliches: „Wir suchen ein älteres Ehepaar“ oder „Kinder hat sich unser Vermieter nicht vorgestellt.“ Generell sei das Problem auch der knappe Wohnungsmarkt.

Früher seien die Zeitungsseiten voll mit Angeboten gewesen. Heute hätte man Glück, vier oder fünf Angebote zu entdecken. Auch sei der Aufwand, den man betreiben müsse, um überhaupt erst eine Wohnung besichtigen zu können, gewachsen.

„Du musst die Hosen runterlassen“, erzählt Sebastian Müller. „Fremde Leute wissen wie meine Kinder heißen und kennen meine Finanzen und das vor einer Erstbesichtigung.“

Das ist dem 41-Jährigen deutlich zu viel. Aber es hilft ja alles nichts. Das „Lottospiel der Wohnungssuche“ geht für die vierköpfige Familie weiter.