Hingucker an Hauptstraße Das macht dieses Haus so wertvoll für Dorsten

Markanter Hingucker: Das macht dieses Haus so wertvoll für Dorsten
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Noch gab es damals im Umfeld nicht allzu viel Wohnbebauung in Holsterhausen - um so repräsentativer sehen die markanten Mehrfamilienhäuser aus, die auf einer alten Dorstener Postkarte zu sehen sind.

Diese stammt wohl aus der Zeit um 1910 (der Kleidung der Passanten nach zu urteilen) und zeigt den Platz an der Kreuzung Koldenfeld/Hauptstraße/Pliesterbecker Straße im Dorf - mittendrin der eingangs erwähnte Gebäudekomplex, der 1907 für Bergleute der damaligen Zeche Baldur im Stadtteil gebaut worden war. Und der heute zu den historisch wertvollsten Immobilien der Stadt gezählt wird.

Es handelt sich um die Gebäude mit den Adressen Hauptstraße 1 und 5 sowie Koldenfeld 2 und 4. Bereits 1986 wurde der Komplex erstmalig unter Denkmalschutz gestellt. Bei einer aktuellen erneuten Überprüfung wurde nun festgestellt, dass der geschichtliche Wert weiterhin so hoch ist, dass die beiden äußerlich und architektonisch zusammenhängenden Häuser nun erneut in die gut 100 Objekte umfassende Dorstener Baudenkmal-Liste einzutragen ist, der Denkmalwert dabei aber überarbeitet und „konkretisiert“ wird. Der Umwelt- und Planungsausschuss gab dafür auf seiner Sitzung am Dienstag (3.9.) grünes Licht.

Hintergrund für die Neueintragung wohl auch: Vor zwei Jahren waren die Häuser öffentlich in den Blickpunkt gerückt. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach hatte sich damals bei einer Rundreise im Kreis Recklinghausen zu wohnungspolitischen Themen ein technisches Projekt der Dorstener Wohnungsgesellschaft (DWG) am Gebäude vorstellen lassen, die Eigentümerin der Immobilie ist.

"Nebengebäude" an der Hauptstraße
Auch das „Nebengebäude" an der Hauptstraße mit der Hausnummer 5 kommt erneut in die Denkmalliste. © Michael Klein

Der Komplex muss dringend saniert werden, um die Substanz zu erhalten und wirtschaftlich betrieben werden zu können - derzeit ist das „Hauptgebäude“ an zwei Seiten eingerüstet. Als Grundlage wurde das Gebäude seinerzeit mit einem Laserscan detailliert vermessen und so ein „digitaler Zwilling“ erstellt.

Dieser wird helfen, das Gebäude millimetergenau zu analysieren und spätere Aufträge vorzubereiten. Ziel sei es, „die wirtschaftlichen Möglichkeiten mit dem Planungsrecht und dem Denkmalschutz in Einklang zu bringen“, so DWG-Geschäftsführer Markus Funk damals.

Industrialisierung

Die Denkmalbehörden erklären in ihrer Einschätzung, dass die Gebäude „bedeutend“ seien, weil sie einen wichtigen Schritt der geschichtlichen Stadtentwicklung dokumentieren. Im frühen 20. Jahrhundert sind in Holsterhausen durch die Industrialisierung die bebauten Flächen und die Bevölkerungszahl sprunghaft angewachsen, aus der landwirtschaftlich und handwerklich geprägten Struktur wurde ein Teil der Industrieregion.

Dass die architektonisch interessanten und farblich unterschiedlichen Ziegel-Fassaden des Eckgebäudes an der Kreuzung Hauptstraße/Koldenfeld mit repräsentativen Ziergiebeln bekrönt wurde, trägt zur Wirkung des Gebäudes als „Blickfang“ bei, heißt es in der Denkmalschutzbegründung. Dies spiegelt den damals zeitgenössischen Ansatz wider, mit einer attraktiven Wohnhausarchitektur um Arbeitskräfte zu werben.

Das Haupthaus ist derzeit an zwei Seiten eingerüstet.
Das Haupthaus ist derzeit an zwei Seiten eingerüstet. © Michael Klein

Nahe an Industriebetrieben wohnten oft diejenigen Mitarbeiter, die für einen reibungslosen Ablauf und zur kurzfristigen Behebung von Störfällen benötigt wurden: Vorarbeiter, Bergbeamte, Ingenieure. Wegen der Entstehungszeit der Häuser zusammen mit der erfolgreichen Abteufung der Schachtanlage Baldur seit 1906 ist davon auszugehen, dass die Bewohner für die Inbetriebnahme der Zeche entscheidend waren.

Treppenhaus erwähnenswert

Auch die historischen Bauteile des Denkmals selbst besitzen demnach einen dokumentarischen Wert - und zwar für die Konstruktionsgeschichte von Wohnbauten. Die noch erhaltene bauzeitliche Treppenhaus-Ausstattung beispielsweise stehe für die industrielle Keramikproduktion und die Innenraumgestaltung des frühen 20. Jahrhunderts vor dem Ersten Weltkrieg, heißt es.