
© Robert Wojtasik
Die heilige Barbara und ihre Bedeutung für den Bergbau
Abschied vom Bergbau
Kaum eine Heilige wird so verehrt wie Barbara, die Schutzpatronin des Bergbaus. Ein Bergmann war es auch, der Heinz und Mathilde Baukholt eine Barbara-Figur zur Geburt ihrer Tochter schenkte.
Cornelia war erst ein paar Tage auf der Welt, da stand schon der nette Nachbar auf der Matte, um zu gratulieren. Im Arm hielt Günter Kahlert eine aus Steinkohle gefertigte Barbara-Figur. „Die hat er uns zur Geburt unserer zweiten Tochter geschenkt“, erzählt Heinz Baukholt. Das war 1984.
Heute sind Heinz und Mathilde Baukholt stolze Großeltern. Günter Kahlert, der Steiger in leitender Funktion auf der Zeche Ickern in Castrop-Rauxel war, starb Anfang der 90er wie so viele seiner Berufskollegen an Staublunge. „Er war da ungefähr 70 Jahre alt“, erinnert sich Heinz Baukholt. Die Barbara-Figur hat bis heute ihren Platz im Haus der Baukholts in Deuten.
20 Zentimer hoch und zehn Zentimeter breit ist das kleine Kunstwerk. Hinweise auf den Künstler gibt es nicht. Für Heinz Baukholt ist sie auch ein kleines Stück Kulturgeschichte der Kohle im Revier: „Die Kohle war ja nicht nur zum Heizen da, sondern in diesem Fall auch Kunst.“
Hunderte Bergleute ziehen zum Barbara-Tag durch die Straßen
Um kaum eine Heilige gibt es einen vergleichbaren Kult wie um die legendäre Märtyrerin. Im Mittelalter wurde sie in die Gruppe der 14 heiligen Nothelfer aufgenommen. Einer der bekanntesten christilichen Bräuche ist das Schneiden von Kirschzweigen am Barbara-Tag (4. Dezember).
Mitglieder von Knappenvereinen aus ganz Deutschland treffen sich an diesem Tag im Deutschen Bergbau-Museum in Bochum und ziehen zu Hunderten Richtung Kirche, um im Gottesdienst die Schutzpatronin der Bergleute zu feiern. Dabei ist nicht einmal belegt, ob Barbara wirklich existiert hat.

Bergleuten tragen ihre Schutzpatronin durch die Straßen. Zum Barbara-Tag am 4. Dezember gibt es viele Bräuche. © dpa
Der Legende nach lebte sie als Tochter eines griechischen Kaufmanns im 3. und 4. Jahrhundert in Nikomedien, dem heutigen Izmir in der Türkei. Wegen ihrer Schönheit und ihres Scharfsinns buhlten die reichsten Jünglinge der Stadt um sie. Aber Barbara wies alle Avancen ab und verbrachte ihre Zeit lieber mit einer kleinen Gruppe getaufter Christen.
Das erzürnte ihren heidnischen Vater. Er sperrte Barbara laut Überlieferung in einen Turm, um sie vom Glauben abzubringen - und erreichte damit das Gegenteil. Nachdem sich Barbara sogar taufen ließ, beschloss ihr Vater, sie zu töten. Zunächst konnte Barbara entkommen und der Legende nach Unterschlupf in einer Felsspalte finden. Sie wurde jedoch verraten und letztlich von ihrem eigenen Vater enthauptet.

„Ich kenne kaum eine Zeche, die unter Tage am Streckenkreuz keine Barbara-Figur hatte“, sagt Dr. Michael Farrenkopf vom Deutschen Bergbau-Museum in Bochum. © Helena Grebe
„Der Versuch, im Berg Schutz zu finden, ist der Kern, der Barbara so attraktiv für den Bergbau gemacht hat“, sagt Dr. Michael Farrenkopf, Leiter des Montanhistorischen Dokumentationszentrums im Deutschen Bergbau-Museum. „Das ist sehr gelebt worden und hat sich bis heute gehalten. Ich kenne kaum eine Zeche, die unter Tage am Streckenkreuz keine Barbara-Figur hatte.“
Bezug zum Ruhrbergbau geht auf Oberschlesien zurück
Die Figur von Heinz und Mathilde Baukholt stammt aus Oberschlesien. „Günter Kahlert war dort oft im Raum Kattowitz unterwegs“, erinnert sich Heinz Baukholt. Auf diese Region gehe im Wesentlichen auch der Bezug Barbaras zum Ruhrbergbau zurück, erklärt Michael Farrenkopf vom Bergbau-Museum. „In Oberschlesien war die Barbara-Verehrung schon sehr verbreitet. Die polnische Migration Ende des 19. Jahrhunderts und der Zustrom vieler Menschen nach dem Zweiten Welkrieg waren dann die wesentliche Impulse für die Barbara-Verehrung im Ruhrgebiet.“
Heinz Baukholt war selbst nicht im Bergbau beschäftigt. Und doch gab es Verbindungen, wie der ehemalige Betriebsleiter der Hüls AG erzählt: „Die Rohstoffe der Hüls AG, zum Beispiel technische Gase, stammten ja aus den Kokereien der umliegenden Zechen.“ Den Kult um die heilige Barbara bekam er schon lange vor der Geburt seiner Tochter mit. Anfang der 70er sei das gewesen, zu seiner Zeit bei der Bundeswehr: „Am Barbara-Tag hatten wir immer frei. Das war Tradition.“
Einst aus Sachsen nach Westfalen rübergemacht. Dort in Münster und Bielefeld studiert und nebenbei als Sport- und Gerichtsreporter gearbeitet. Jetzt im Ruhrpott gelandet. Seit 2016 bei Lensing Media.
