
© Guido Bludau (A)
Der „Schreier“ von Dorsten: Arme Seele oder potenzieller Gefährder?
Meinung
Ein Dorstener weckt durch sein auffälliges Verhalten öffentliches Interesse, bei vielen auch Angst. Ist er eine arme Seele oder ein potenzieller Gefährder? Daran scheiden sich die Geister.
Wann gehört ein Mensch „weggesperrt“, was ist normal, was nicht? Als nicht normal wird von vielen empfunden, dass ein Mann laut schreiend und betrunken durch Dorsten irrt, Menschen anpöbelt und belästigt. Das ist nicht strafbar. „Wegsperren“, wie vielfach gefordert, kann man ihn nicht. Die Freiheit ist ein hohes Gut in unserem Land. Wenn jemand sich nonkonform verhält, sich selbst nicht gefährdet und anderen nicht schadet, dann muss unsere Gesellschaft mit ihm leben.
Das Verhalten des Mannes ist aber nicht nur unangepasst, sondern strafbar, weil er belästigt und angreift. Kümmert sich niemand um ihn, warum wird er nicht therapiert?, fragen sich viele Dorstener Bürger besorgt. Vor allem fragen sie sich, ob er seine Verhaltensweisen, zumal unter Alkoholeinfluss, überhaupt kontrollieren kann. Diese Sorge ist berechtigt und sollte sehr ernst genommen werden.
Schutz der Privatsphäre ist nachrangig
Bei diesem hochsensiblen Thema ist der Schutz der Privatsphäre des Mannes nachrangig, weil er seine mutmaßlichen Probleme oder Gesundheitsbeeinträchtigungen durch sein Verhalten in die Öffentlichkeit trägt. Sein Verhalten ist von öffentlichem Interesse. Schreit er nach Aufmerksamkeit, weil er eine arme Seele ist oder ist er ein potenzieller Gefährder, wie viele meinen? Das müssen Fachleute beurteilen und die Konsequenzen ziehen.
Seit 20 Jahren als Lokalredakteurin in Dorsten tätig. Immer ein offenes Ohr für die Menschen in dieser Stadt, die nicht meine Geburtsstadt ist. Das ist Essen. Ehefrau, dreifache Mutter, zweifache Oma. Konfliktfähig und meinungsfreudig. Wichtige Kriterien für meine Arbeit als Lokalreporterin. Das kommt nicht immer gut an. Muss es auch nicht. Die Leser und ihre Anliegen sind mir wichtig.
