Welche Klinik ist eigentlich die Beste für meine Knie-OP? Wer ist Spezialist für meine Art von Krebserkrankung? Seit dem 17. Mai ist der Bundes-Klinik-Atlas online.
Das Projekt von Gesundheitsminister Karl Lauterbach vergleicht Krankenhäuser in ganz Deutschland und soll für mehr Transparenz und Durchblick bei den Patienten sorgen. Bei der Bundespressekonferenz beschreibt er es als „wichtigen Moment für Patienten“.
Wie funktioniert's?
Mit einer Art Ampelsystem sollen Patienten zukünftig auf einen Blick erkennen können, welche Klinik am besten zu den eigenen medizinischen Bedürfnissen passt. Damit der Vergleich gelingt, sollen insgesamt vier Kategorien abgefragt werden: Behandlungsfälle, Pflegepersonalquotienten, Komplikationsraten und das Leistungsspektrum eines Krankenhauses.
Die Daten, auf die sich der bundesweite Klinik-Atlas dabei stützt, sind allerdings nicht aktuell. Das liegt an der Komplexität der Auswertung und Erhebung. Das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) sammelt die von den Kliniken vierteljährlich bereitgestellten Informationen und wertet diese nach bestimmten Vorgaben aus.
Die Behandlungsfälle und Pflegequotienten sind jetzt schon einsehbar. Das Online-Portal teilt die Daten in Level und Leistungsgruppen ein.
Der Pflegepersonalquotient gibt laut Bundes-Klinik-Atlas Aufschluss über die Anzahl der Patienten, die auf eine Pflegekraft kommen. Berücksichtigt wird hierbei auch die Schwere der Behandlungsfälle. Generell gilt: „Je niedriger der Wert, desto besser.“
Mehr Sicherheit und Autonomie
Auf der Website gibt der Patient in ein Suchfenster, ähnlich wie bei Google, den Ort, Namen des Krankenhauses, Krankheit oder Behandlung ein. Danach kann man sich die Ergebnisse nach Behandlungsfällen, dem Namen oder der Entfernung anzeigen lassen.
Wer beispielsweise das für sich beste Krankenhaus im Falle eines Schlaganfalls sucht, kann in der Liste dann verschiedene Krankenhäuser miteinander vergleichen. Das soll Patienten mehr Sicherheit und Autonomie geben. Denn die meisten, so Lauterbach, hätten keinen Überblick darüber, welches Krankenhaus für ihre Behandlung und Erkrankung in besonderer Art und Weise geeignet ist.
So schneiden die Kliniken ab
1.700 Krankenhäuser sind im Bundes-Klinik-Atlas gelistet, darunter befinden sich auch das St. Elisabeth-Krankenhaus in Dorsten und das St. Sixtus-Hospital in Haltern am See. Da stellt sich die Frage: Wie gut sind die beiden Kliniken aus dem Krankenhauszusammenschluss des Katholischen Klinikums Ruhrgebiet Nord (KERN)?
Beide Krankenhäuser sind vom Bundes-Klinik-Atlas mit dem Level 1 ausgezeichnet. Das bedeutet: Es findet nur eine Basis-Notfallversorgung statt. Insgesamt gibt es drei Level oder auch Stufen genannt. Level 2 und 3 decken eine erweiterte und eine umfassende Notfallversorgung ab.
Wer einen Schlaganfall erlitten hat, findet in beiden Krankenhäusern zum Beispiel keine Schlaganfallversorgung (Stroke Unit). Das lässt sich bei der Nutzung des Portals herausfinden.
Künstliche Gelenke
Auch der Pflegepersonalquotient kann für Patienten eine wichtige Informationsquelle sein. Wie viele Patienten kommen eigentlich im Schnitt auf eine Pflegekraft? Bei beiden Krankenhäusern tut sich im Vergleich nicht viel.
Das St. Sixtus liegt mit einem unterdurchschnittlichen Wert von 57,77 und 129 Pflegekräften insgesamt fast gleich auf mit dem St. Elisabeth-Krankenhaus. Hier errechnet das Portal einen mittleren Wert von 50,85, bei einer Gesamtzahl von 220 Pflegekräften.
In der Kategorie Behandlungsfälle liegt das St. Elisabeth-Krankenhaus in Dorsten mit 11.148 Fällen deutlich über dem St. Sixtus-Hospital in Haltern. Hier wurden auf Basis von zwei Jahre alten Daten 6.436 Fälle gezählt. Im direkten Vergleich sticht das St. Elisabeth-Krankenhaus mit einem zertifiziertem Endo-Prothetik-Zentrum und Schulterendoprothetik heraus. Wer also ein künstliches Knie oder ein anderes Gelenk benötigt, findet hier die entsprechende Spezialisierung.
Kritik am System
Aber was genau bedeuten diese ganzen Zahlen und Einteilungen für den Endverbraucher? Welche Rückschlüsse lassen sich daraus ziehen? Sollten kranke Menschen lieber in ein Krankenhaus mit Level 2- oder 3-Auszeichnung gehen? Genau das ist einer der Kritikpunkte am neuen System. Die Anzahl der Fälle sagt noch nichts über die Qualität der Behandlung aus.
Auch ein kleineres Krankenhaus kann ein qualitativ hochwertiges medizinisches Angebot bereitstellen. Die Bundesländer sehen die Leveleinteilung kritisch, wie sie der Tagesschau erklären. Patienten könnten so zukünftig „die große Uniklinik“ vorziehen. „Hochspezialisierte Fachabteilung kleinerer Kliniken könnten so im Transparenzportal untergehen.“
Auch die Einteilung in Leistungsgruppen wird von den Ländern kritisiert. Was im Rahmen der geplanten Krankenhausreform erst noch definiert werden sollte, wurde vom Gesundheitsministerium selbst eingeteilt, ohne Diskurs durch den Bundestag.
Patientenschützer befürchten laut Tagesschau, dass „jüngere und erfolgversprechendere Patienten“ gegenüber „älteren Patienten mit seltener erfolgreichen Therapien“ bevorzugt werden.
Das Gesundheitsministerium weist die Vorwürfe zurück. Alter und Vorerkrankungen fließen in die Beurteilung mit ein. Sie sprechen von einem „fairen Vergleich“.