Bewaffneter Wachdienst reichte nicht Verurteilter Profiboxer beschwert sich über Fußfesseln

Verurteilter Profiboxer beschwerte sich über Fußfesseln bei Außenterminen
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Wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung verbüßt Tobias V. derzeit eine fünfjährige Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Bochum. Der ehemalige Kickbox-Weltmeister hat die Taten stets bestritten. Und sich auch hinter Gittern mit der Justiz anlegt.

Der inzwischen 31-Jährige hatte geklagt, dass er bei einem Arzttermin und einer Gerichtsverhandlung im vergangenen Jahr Fußfesseln tragen musste. Das Landgericht Bochum hielt die Maßnahme für gerechtfertigt, also legte der Boxer Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Hamm ein.

Der dortige 1. Strafsenat hat die rechtlichen Anforderungen für die Fesselung von Strafgefangenen bei Transporten inzwischen klargestellt und die Fesselung des Boxers in beiden Fällen für rechtmäßig erklärt. Der Fall ist aber wohl so besonders, dass er jetzt sogar im Jahresbericht des OLG auftaucht.

Profiboxer Tobias V. während einer Verhandlung vor dem Landgericht Essen im Juni 2021.
Profiboxer Tobias V. während einer Verhandlung vor dem Landgericht Essen im Juni 2021. © Jörn Hartwich (Archiv)

OLG-Sprecher Bernhard Kuchler bestätigte auf Anfrage, dass der Boxer, der mehrere Jahre in Dorsten wohnte und trainierte, im Mai 2022 wegen eines Arbeitsunfalls zu einem Arzt gebracht wurde.

Fußfesseln wurden ihm deshalb angelegt, weil er „als erfahrender Kampfsportler über Fertigkeiten der körperlichen Gewaltanwendung verfügt und sein Verhalten von den Bediensteten als unauthentisch, unterschwellig drohend und nicht mitarbeitsbereit empfunden wurde“.

Zwei Wachleute reichten nicht

Einen Monat später wurde Tobias V. zu einer gerichtlichen Anhörung zum Landgericht Bochum und zurückgebracht. Auch bei diesen Transportfahrten war er an den Füßen gefesselt. „Die Vollzugsanstalt hat dabei erwogen, dass der Betroffene, vollzugsfeindliche Tendenzen erkennen lasse“, berichtet der OLG-Sprecher.

„Die körperlichen Fähigkeiten des Boxers einerseits und die konkrete Art der Fesselung unter Begleitung zweier bewaffneter Bediensteter andererseits wurden dabei berücksichtigt.“

Mit anderen Worten: Man war der Auffassung, dass zwei bewaffnete Wachleute im Ernstfall nicht ausreichen könnten, um den Boxer an einer Flucht zu hindern.

Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde des Boxers in beiden Fällen zurück, betonte aber auch, dass „aufgrund der grundrechtlich geschützten körperlichen Bewegungsfreiheit rechtlich besondere Anforderungen für Fesselungen auch bei Strafgefangenen bestehen“. Es bedürfe immer einer Einzelfall-Prüfung.

Im Fall des Profiboxers waren die Richter allerdings überzeugt, dass eine erhöhte Fluchtgefahr besteht. Auch das „Vorverhalten des Gefangenen in der Haft“ spielte eine Rolle bei der Bewertung.

Tobias V. sieht sich als Justizopfer, hatte die Taten stets bestritten und auf die Verurteilungen 2019 und 2021 mit Fassungslosigkeit reagiert.

Für die Richter am Landgericht Essen stand allerdings fest, dass der Boxer seine minderjährige Freundin einst vergewaltigt und später ein weiteres junges Mädchen sexuell genötigt hat.

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