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Diese Bahngebäude in Dorsten werden bald Modelleisenbahnen in der ganzen Welt schmücken
Modelleisenbahnen
Das Original-Empfangsgebäude steht leer, die Stellwerke sind verwaist - dennoch produziert der zweitgrößte Modellbahnhändler Europas jetzt Dorstener Bahngebäude für Modellbauer weltweit.
Die beiden zum Teil verrammelten Stellwerke in Deuten sind schon seit dem Anschluss der Bahnstrecke zwischen Dorsten und Borken an die digitale Technik vor einem Jahr verwaist. Auch der denkmalgeschützte Bahnhof Wulfen und das dortige Stellwerk an der B 58 stehen leer.
Doch jetzt kommen diese Gebäude zu später Berühmtheit - und dürften so manche Modelleisenbahn in der ganzen Welt zieren. Denn die drei Stellwerke und der Wulfener Bahnhof im Dorstener Norden sind kürzlich als „Miniatur-Ausgabe“ für die Modellbahn-Spuren H0 (1:87), TT (1:120) und N (1:160) erschienen.

Das Stellwerk Alt-Deuten © Privat
Produziert werden die Bausätze von dem Unternehmen „Modellbahn-Union/dm-toys“ mit Produkt- und Verwaltungssitz in Issum (Niederrhein) und „Showroom“ in Kamen - nach Angaben von Inhaber Daniel Mrugalski „der zweitgrößte Modellbahn-Händler in Europa“.
Insgesamt 25.000 Artikel vertreibt seine Firma über die Internet-Seiten „dm-toys.de“ (für Spur N) und „modellbahnunion.com“. Mit allem, was das Herz der Modellbahn-Freunde begehrt, von exklusiven Eisenbahnmodellen namhafter Hersteller über Landschaftsbauten, Miniatur-Lebewesen und Gleismaterial bis hin zu Bahngebäuden, deren Bausätze das Unternehmen selbst herstellt.
Auf Cabrio-Tour entdeckt
Wie die Stellwerke in Deuten und Wulfen, die das Unternehmen in der Serie mit ausgewählten „Bahngebäude in NRW“ schon vor Wochen umgesetzt hat. Wie auch der Bahnhof Wulfen, der in diesen Tagen ebenfalls auf den Markt kommt.
Warum sich der Hersteller ausgerechnet diese Bauwerke ausgesucht hat? „Ich komme aus Castrop-Rauxel und bin öfters auf Cabrio-Touren Richtung Münsterland unterwegs“, erzählt Daniel Mrugalski.
„Da sind mir die Gebäude aufgefallen.“ Das Deutener Stellwerk beispielsweise habe die „typische hässliche Architektur jener Nachkriegsjahre“ - und sei deshalb ebenso von Modellbahnfreunden als Zeitdokument gefragt wie der Wulfener Bahnhof, der mit seiner damaligen Backstein-Ästhetik exemplarisch für viele andere Bahnhöfe in Norddeutschland stehe.

Das Stellwerks-Modell in Deuten © Privat
Im Sommer 2019 hatte Daniel Mrugalski seinen Architekten George Axampanapoulus mit dem Projektstart der Dorstener Stellwerk-Modelle Deuten und Wulfen beauftragt. „Eine Umsetzung eines solchen Bahngebäudes ist sehr aufwändig und es müssen einige Schritte bis zum fertigen Produkt umgesetzt werden“, so der Inhaber: Internet-Recherchen, Vermessung und Fotodokumentationen, erste Konstruktionen in HO-Größe, Musterbau und Fehlerkorrektur, Musterbau für die kleineren Spurweiten, Dioramenbauten für die Werbefotos, Verpackungsgestaltung und schließlich der Produktlaunch.
Anbau ist separat erhältlich
Während der Entwicklung der beiden Stellwerke entschloss sich das Projektmanagement, auch das Stellwerk Alt-Deuten und den Bahnhof Wulfen ins Portfolio aufzunehmen. „Der Bahnhof Wulfen ist ohne den damaligen Anbau erhältlich“, sagt Mrugalski: „Den alten Anbau gibt es aber als separates Projekt.“

Das Wulfener Stellwerk in Miniatur-Variante © Privat
Da er bekanntlich abgerissen wurde, „haben wir anhand alter Postkarten das Gebäude konstruiert“, so der Unternehmenschef: „Mit Liebe zu den Details und unserer Erfahrung konnten wir da ein wirklich ansehnliches Gebäude produzieren.“
Dass die Modelle den Originalen in ihrem Erscheinungsbild so deutlich nahe kommen, ist dem „Lasercut“- Verfahren zu verdanken, das bei der Produktion zum Einsatz kommt.
Millimetergenauer Laser
Denn mit dem Laser kann nicht nur millimetergenau geschnitten, sondern auch graviert werden. „Dies ermöglich bei der Gestaltung der Oberflächen eine unendliche Anzahl von Möglichkeiten, es können zum Beispiel Backstein-, Ziegel- oder andere Steinstrukturen genauestens nachgebildet werden.“
Sogar eine Eisenbahn-Brücke mit ihren Graffiti-Schmiereien auf den Pfeilern hat das Unternehmen so bereits auf den Markt bringen können. Die Bausätze werden in hochwertig-festen Architekturkarton-Bögen geliefert, „das ist keine Raketentechnik, das kann jeder zusammenbauen, da braucht man nicht allzuviel handwerkliches Geschick“.
Per 3D-Drucker gefertigt
Die Gebäudemodelle werden per 3D-Drucker produziert. „Da wir also keine teuren Spritzgussformen vorher mehr herstellen müssen, wird die Produktion gleich um einen fünfstelligen Euro-Betrag günstiger“, sagt Mrugalski, „somit sind auch geringere Auflagen möglich“.

Firmenchef Daniel Mrugalski © Privat
Von den beiden Dorstener Stellwerken seien bereits ungefähr 50 Stück vermarktet worden. „Da wir unsere Modelle 15 bis 20 Jahre lang anbieten, verkaufen wir von manchen Gebäuden bis zu 1000 Stück“, verrät er. „Die Kunden bestellen von überall her“. Es gäbe spanische Modellbaufreunde, die zu Hause Modellbahnen mit deutschen Zügen, Gebäuden und Landschaften aufbauen würden, oder deutsche, die zu Hause englische oder amerikanische „Railways“ stehen haben. „Heutzutage können wir alle Liebhabereien bedienen.“
Boom bei Modellbahnen
Deswegen erleben Modelleisenbahnen derzeit wieder einen Boom: Nicht nur bei den „Best Agern“, sondern auch bei jungen Leuten, die gerne programmieren und nach und nach ihre Anlagen erweitern wollen. „Denn auch hier ist alles digitaler und hochtechnisierter geworden, das hat mit den Modelleisenbahnen der 1970er-Jahre nicht mehr so viel zu tun.“ Damals hätte es jedenfalls keine Bahnhöfe und Stellwerke aus Wulfen und Deuten in den Prospekten von Faller und anderen Modellbaufirmen gegeben.

Der Anbau für den Bahnhof in Wulfen ist separat erhältlich. © Privat
Und dann gibt es ja noch ein weiteres denkmalgeschütztes Bahnhofsgebäude in Dorsten: Der „Bürgerbahnhof“, der ab dem nächsten Jahr komplett saniert wird (DZ+). „Es ist durchaus denkbar, dass wir auch den irgendwann mal nachbauen“, sagt Mrugalski. Und bei genügend Interesse sowohl in der schäbigen Vorher- und als auch in der geplanten schmucken Nachher-Variante.
Geboren 1961 in Dorsten. Hier auch aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach erfolgreich abgebrochenem Studium in Münster und Marburg und lang-jährigem Aufenthalt in der Wahlheimat Bochum nach Dorsten zurückgekehrt. Jazz-Fan mit großem Interesse an kulturellen Themen und an der Stadtentwicklung Dorstens.
