
Eine Aufsehen erregende Serie von Autoaufbrüchen beschäftigte von Mai bis Juli des vergangenen Jahres die Dorstener Öffentlichkeit. Dabei wurden in der Altstadt, in der Feldmark und auf der Hardt Dutzende von Fahrzeugscheiben eingeschlagen und aus den Fahrzeugen Wertgegenstände gestohlen. So viele Fälle, dass die Polizei mit dem Anzeigen-Schreiben zum Teil kaum noch hinterherkam.
„Laut der Beamten war ich an dem Tag das 26. Opfer, das sich auf der Wache gemeldet hatte“, erklärte einer der Geschädigten am Montag (5.8.) vor dem Dorstener Schöffengericht.
Er hatte Ende Juni sein Auto am Westwall abgestellt - als er den Schaden entdeckte, waren mehrere Tankkarten und 150 Euro Bargeld aus dem Wagen weg. „Aber ich hatte Blutspuren im Innenbereich entdeckt“, so der 39-Jährige, „die wurden dann von der Polizei sichergestellt“.
Ins Visier der Kripo geriet dadurch ein 38-jähriger Asylbewerber, der sich jetzt im Dorstener Amtsgericht für die vielen Vorwürfe verantworten musste. „Ich habe mich am Wochenende durch eine Riesen-Ermittlungsakte gekämpft“, erklärte Strafrichterin Lisa Hinkers, „mit 98 einzelnen Fallakten“.
Angeklagt war von der Staatsanwaltschaft mit sieben Vorwürfen jedoch nur die „Spitze des Eisbergs“ - dies aus gutem Grund: Bei all diesen Taten hinterließ der Angeklagte aus Marokko seine DNA-(Blut-)Spuren, die laut der Gutachten keinerlei Zweifel daran ließen, dass nur er der Täter sein könne.
Nachts unterwegs
Die Taten passierten nachts. Und deswegen versuchte der Angeklagte im Prozess, eine Geschichte aufzutischen, die der Staatsanwalt mit einer Frage konterte: „Halten Sie die deutschen Gerichte wirklich für so dumm?“
Der Marokkaner ließ über seinen Dolmetscher nämlich erklären, er habe in den Autos „nur schlafen wollen“. Aufgebrochen habe er nichts, „die Autos waren alle offen“.
Der Angeklagte war damals in der ZUE-Flüchtlingsunterkunft an der Bismarckstraße untergebracht. 2022 war er über Spanien und Frankreich nach Deutschland gekommen, um hier Asyl zu beantragen.
Doch in der Dorstener Flüchtlings-Unterkunft bekam er psychische Probleme, nahm schließlich Alkohol und Drogen. Wurde deshalb nachts vom Security-Dienst der ZUE abgewiesen, wenn er mal wieder völlig zugedröhnt in die Unterkunft zurückkehrte.
Und wegen seines damaligen Drogenkonsums könne er sich kaum noch an die Sache mit den Autos erinnern, sagte er. Auch nicht an die Uhr, die er in einem Fahrzeug fand, über seinen Arm streifte und von der er dummerweise ein Foto mit seinem Smartphone machte, das nach der Festnahme von der Polizei konfisziert wurde.
Die Uhr gehörte einem Geschäftsführer aus Bottrop, der seinen Wagen am Ostwall geparkt hatte. „Auch ein Ring und eine Brille wurden damals aus dem Auto gestohlen“, sagt der Zeuge aus. Er betonte: „Natürlich war mein Wagen abgeschlossen.“
Dies sagte auch ein Dorstener Gastronom, der damals gleich doppelt betroffen war. Denn nicht nur sein Leasing-Fahrzeug wurde auf dem Parkplatz vor dem Haus aufgebrochen. Sondern auch das Auto seiner Ehefrau, aus dem eine Daunenjacke verschwand. „Bei mir war es nur eine angefangene Schachtel Zigaretten“, so der 51-Jährige. „Hinten auf dem Rücksitz lagen viel teurere Sachen, aber wahrscheinlich wurde der Täter von der Alarmanlage in die Flucht geschlagen.“
Auch in Münster verurteilt
Im Herbst 2023 hatte es dann viele weitere Kfz-Aufbrüche in Dorsten gegeben - mit denen hatte der Marokkaner nichts zu tun. Er saß damals nämlich in U-Haft, weil er nach seinem Umzug nach Münster im Juli an seinem neuen Wohnort seine kriminelle Karriere eins zu eins fortsetzte und vom dortigen Amtsgericht schließlich zu 18 Monaten Haft verurteilt wurde.
Das Dorstener Schöffengericht legte jetzt weitere 15 Monate drauf: „Sie haben in der kurzen Zeit hier in der Deutschland so viele Straftaten gegangen wie andere in ihrem ganzen Leben“, so die Vorsitzende Richterin in ihrer Urteilsbegründung.