Es war ein großer nächtlicher Polizeieinsatz, der sich vom 23. auf den 24. September 2023 um 1.20 Uhr rund um ein städtisches Gebäude an der Bochumer Straße abspielte. Mehrere Streifenwagen rückten aus, die Beamten umstellten das Haus, sogar ein Diensthund wurde angefordert.
Ein aufmerksamer Anwohner, der von einer Hochzeit nach Hause zurückgekehrt war, hatte zuvor draußen verdächtige Beobachtungen gemacht. Die Scheibe einer Eingangstür war mit einem Pflasterstein zertrümmert worden.
Und in der Immobilie, deren Räume im Erdgeschoss damals von einer gemeinnützigen sozialen Einrichtung genutzt wurden, flackerten Lichtkegel einer Taschenlampe - und zu sehen war ein Mann mit einem Messer.
24 weitere Vorwürfe
Als die alarmierten Beamten das Gebäude stürmten, stellte sich heraus, dass der Eindringling ein 42-jähriger Bewohner der benachbarten Asylbewerber-Unterkunft im alten Petrinum war.
Der Mann aus Algerien musste sich am Mittwoch vor dem Dorstener Schöffengericht verantworten. Er wurde aus der U-Haft vorgeführt: auch aufgrund eines Haftbefehls aus Gelsenkirchen wegen 24 weiterer offener Tatvorwürfe.
Bei der Feststellung seiner Personalien sei der Verdächtige damals „außer Rand und Band“ gewesen, erklärte eine Polizistin: „Er hat mehrfach seinen Kopf gegen den Streifenwagen geschlagen.“ Und stand unter Drogen und Alkoholeinfluss, wie ein Arzt später feststellte.
Der Beschuldigte gab über seinen Dolmetscher an, dass er nur deshalb in das Haus eingedrungen war, um einen Schlafplatz für die Nacht zu finden. Weil er stark betrunken war, habe ihm nämlich der Security-Dienst den Einlass in seine Unterkunft verwehrt.
In der Teeküche im Erdgeschoss habe er zwei kleine Schälmesser gefunden, mit denen er oben die Türen öffnen wollte. Die Polizeibeamten entdeckten dort durchwühlte Schränke und Schubladen, auch ein Koffer stand an der Gartentür zum Abtransport bereit. „Ist möglich, dass ich das war, ich kann mich nicht erinnern“, so der Mann.
Stark betrunken will der 42-Jährige auch bei zwei Diebstählen in einem Drogeriemarkt in der Fußgängerzone eine Woche zuvor gewesen sein. Zunächst ließ er drei Flaschen Parfüm mitgehen, eine Stunde später versuchte er erneut sein Glück.
Doch er wurde auf frischer Tat vom Personal erwischt, gab seine Beute zurück und flüchtete. „Dabei hat er mir seine Hand mit voller Wucht gegen den Oberarm geschlagen“, so eine Mitarbeiterin. Ein im Gerichtssaal gezeigtes Video der Überwachungskamera zeigte den Vorfall, der laut des Beschuldigten „keine Absicht“ gewesen sein soll.
„Dreistigkeit sondergleichen“
Der Angeklagte war vor 13 Monaten nach Deutschland eingereist. „In dieser Zeit haben Sie schon mehr Straftaten begangen als andere in 20 Jahren“, so Richterin Lisa Hinkers.
Als „Dreistigkeit sondergleichen“ bezeichnete sie die Tatsache, dass der Mann den Dorstener Drogerie-Diebstahl nur einen Tag nach einer Verurteilung am Amtsgericht Bottrop (elf Monate auf Bewährung) verübt hatte.
Das Schöffengericht verhängte eine einjährige Haftstrafe gegen den Mann, der anschließend gleich wieder zurück in die Justizvollzugsanstalt gebracht wurde. Der Staatsanwalt gab die Prognose ab, „dass er mit 99-prozentiger Sicherheit abgeschoben werden wird“. Schon jetzt soll es einen behördlichen Ausreiseantrag des Kreises Coesfeld gegen den 42-Jährigen geben.