Als er merkte, dass der Staatsanwalt streng und genau alle nötigen und möglichen rechtlichen Paragrafen zu prüfen begann, um den Angeklagten wegen des ihm vorgeworfenen versuchten Diebstahls zur Verantwortung ziehen zu können, überzog dessen Anwalt das Schöffengericht in einer Fortsetzungsverhandlung am Mittwoch (30. April) mit immer wieder neuen Beweisanträgen. „Für meinen Mandanten geht es hier nämlich ums Ganze“, begründete der Verteidiger: „Ich werde deshalb für ihn kämpfen.“
Denn: Wird der 41-jährige Angeklagte am Ende tatsächlich dafür verurteilt, dass er von der Polizei in der Nacht auf den 12. Juni des vergangenen Jahres ganz oben auf dem Gymnasium Petrinum in Dorsten angetroffen worden ist, muss er womöglich fast vier Jahre lang hinter Gitter.
Denn zum Zeitpunkt des Vorfalls stand er unter gleich dreifacher Bewährung, und zwar wegen fortwährenden Fahrens ohne Führerschein. Und diese Bewährungsstrafen, die sich auf gut drei Jahren summieren, würden einkassiert, sollte er nun zu einer Haftstrafe verdonnert werden.
Ein Detektiv meldete damals in der Tatnacht um 1.45 Uhr der Polizei, dass der mit dem Rad gekommene Dorstener (41) mit einer Leiter auf das Dach gestiegen sei, während unten eine junge Frau (19) offenbar Wache stehen würde.
Der Detektiv hatte ihn gemeinsam mit einem Kollegen aus einem gegenüberliegenden Klassenzimmer aus dabei beobachtet. Beide Security-Männer hatten sich im Auftrag der Stadt dort auf die Lauer gelegt, weil Unbekannte dort in der Nacht zuvor in einer aufsehenerregenden Aktion vom Gebäudedach Kupferplatten im Wert von fast 90.000 Euro entwendet hatten.
Der auf dem Tatort-Dach angetroffene Mann aus Hervest, der eine Blechschere und einen Schraubenzieher neben sich liegen hatte, erklärte, er habe weder mit der Klau-Aktion in der Nacht zuvor etwas tun gehabt, noch wolle er nun selbst Kupfer stehlen. Er redete sich gegenüber der Polizei mit einem „erotischem Schäferstündchen“ heraus, dass er mit seiner Freundin dort oben geplant habe.
Das glaubte ihm im Gerichtssaal niemand. Selbst sein Verteidiger meinte: „Vielleicht wollte er dort auskundschaften, ob es sich lohnt, am nächsten Tag wiederzukommen.“ Aber: „In der Nacht hat er nichts getan“, betonte der Anwalt.
Das Werkzeug habe er mitgeführt, weil er vorher das Rad seiner Freundin repariert habe. Auch der Detektiv sagte aus: „Ich habe nicht gesehen, dass er sich an den Kupferplatten zu schaffen gemacht habe“, er habe nur Geräusche gehört, die so klangen als ob.
Hausfriedensbruch
Das Schöffengericht lehnte die Anträge des Verteidigers ab, erkannte aber auch keinen endgültigen Beweis für einen versuchten Diebstahl. „Wir müssen überzeugt sein, dass es schon in Richtung Wegnahme ging und das sind wir nicht“, so die Begründung.
Verurteilt wurde der Dorstener dennoch - zu vier Monaten Haft wegen Hausfriedensbruchs. Ein Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist, weil mutmaßlich beide Seiten in Berufung gehen werden. Der Anwalt kündigte bereits an, gegebenenfalls bis in die letzte Instanz vor das Oberlandesgericht in Hamm gehen zu wollen.