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Kurzarbeit seit März: Die erstaunliche Reaktion der Atlantis-Mitarbeiter
Atlantis Dorsten
Die meisten Mitarbeiter des Freizeitbades Atlantis sind seit März ganz oder teilweise in Kurzarbeit. Ihr Chef spricht trotz der schwierigen Situation von einer „überwältigenden Reaktion“.
Zum zweiten Mal in diesem Jahr ist das Freizeitbad Atlantis wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Geschwitzt wird derzeit nicht in der Sauna, sondern bei der Sanierung des Kuppeldachs. Der Fitnessbereich ist geschlossen, die Schwimmbecken sind trocken.
Für fast alle der 122 Beschäftigten gibt es derzeit nichts zu tun. Sie sind zu Hause und bekommen weniger Gehalt. „Bei einem Vollbeschäftigten können schon mal 300 bis 500 Euro monatlich fehlen, wenn er komplett in Kurzarbeit ist“, sagt Geschäftsführer Karsten Meyer. „Das ist hart.“
„Das ist eine ganz schwierige Situation“
Meyer hat sich in den letzten Monaten nicht nur mit der wirtschaftlich angespannten Situation der städtischen Bädergesellschaft beschäftigt, sondern auch mit der persönlichen Situation seiner Mitarbeiter. „Neben den Einkommensverlusten ist das natürlich auch für alle Kolleginnen und Kollegen und deren Familien eine ungewohnte und ganz sicher schwierige Situation“, weiß er aus vielen Gesprächen.
Anders als im Frühjahr sind Anfang November auch die Atlantis-Auszubildenden in Kurzarbeit gegangen. Viele ihrer Kollegen treten schon seit März und mit Beginn der ersten Schließungsphase notgedrungen kürzer. So ist es damals mit dem Betriebsrat vereinbart worden. „Diese Betriebsvereinbarung gilt weiterhin und wird jeweils nur bei Veränderung von Beschäftigungsumfängen einzelner Kolleginnen und Kollegen auf die jeweilig aktuelle Situation angepasst“, bestätigt Meyer.
Arbeitszeiten wurden angepasst
Als beispielsweise zum 11. Mai die Fitnessstudios wieder öffnen durften, wurden die Arbeitszeiten der zuständigen Atlantis-Mitarbeiter angepasst. Gleiches galt bei der Öffnung des Freibades und des Sportbeckens ab dem 2. Juni und bei der Öffnung des gesamten Bades zwei Wochen später. „Wir haben damals versucht, allen Kolleginnen und Kollegen die Rückkehr ins Unternehmen zu ermöglichen, dafür aber die persönlichen Beschäftigungsumfänge eines jeden Einzelnen absenken müssen“, erklärt Meyer. „Ein Beschäftigungsanteil blieb in Kurzarbeit.“

Im Juni öffnete das Atlantis wieder den Schwimmerbereich, aber nur in begrenztem Umfang und mit strengen Hygieneregeln. © Hans Blossey
Der Geschäftsführer staunt nicht selten, wie seine Mitarbeiter damit immer noch umgehen. „Es herrscht eine große Solidarität untereinander und auch gegenüber der Geschäftsführung. Wir reden nicht nur über unsere Atlantis-Familie, wir leben sie! Das macht mich unheimlich stolz.“ In der ganzen Zeit hätten die Kolleginnen und Kollegen abgewartet, die Interessen des Unternehmens vor ihre eigenen gestellt und geholfen, wo sie konnten. „Es sind auch für mich viele berührende persönliche Momente geschaffen worden.“

Atlantis-Geschäftsführer Karsten Meyer sagt: „Es herrscht eine große Solidarität untereinander und auch gegenüber der Geschäftsführung. “ © Rüdiger Eggert (A)
Meyer könnte viele Situationen beschreiben, in denen die Mitarbeiter „Überdurchschnittliches geleistet“ haben. Ein Beispiel: „Am Jahresanfang dauerte meine längste Schicht über 24 Stunden am Stück. Als ich nach zehn Stunden Kollegen nach Hause schicken wollte, wurde mir wörtlich gesagt: Wo ich meine Freizeit verbringe, musst Du schon mir überlassen.“
Niemand ist damals gegangen, alle fünf Kollegen sind mit ihrem Chef über Nacht im Atlantis geblieben und haben geholfen.
Erfolgsprämie für 2019 wird ausgezahlt
Weil das Jahr 2019 ein wirtschaftlich erfolgreiches für das Atlantis war, bekommen die Mitarbeiter trotz Kurzarbeit rückwirkend eine Sonderzahlung. Urlaubs- oder Weihnachtsgeld gibt es generell nicht. Die Erfolgsprämie für das Vorjahr wird zur Hälfte im Juli und zur Hälfte im Dezember gezahlt.
Meyer relativiert allerdings sofort: „Beide Prämienzahlungen zusammen erreichen aber keinesfalls die Größenordnung eines Gehalts und können die Einkommensverluste der letzten Monate auch nicht im Ansatz ausgleichen.“
Veränderungen gab es immer, doch nie waren sie so gravierend. Und nie so spannend. Die Digitalisierung ist für mich auch eine Chance. Meine journalistischen Grundsätze gelten weiterhin, mein Bauchgefühl bleibt wichtig, aber ich weiß nun, ob es mich nicht trügt. Das sagen mir Datenanalysten. Ich berichte also über das, was Menschen wirklich bewegt.
