
© Claudia Engel
Als Wärmepumpen noch Exoten waren, heizten Menschen in Barkenberg schon damit
Kalte Nahwärme
Sie ist klimaschonend und langlebig: kalte Nahwärme. 53 Wohnungsinhaber nutzen sie seit mehr als 40 Jahren. Und dürften zu den wenigen gehören, die sich über Heizkostenabrechnungen freuen.
Michael Dröscher sitzt zusammen mit Arno Schade und Willi Rosowski in seinem gut beheizten Wohnzimmer seines Einfamilienhauses im Hetkerbruch. Draußen regnet es in Strömen, die Temperaturen sind unterirdisch - feucht-kalt ist dieser Spätherbsttag in Barkenberg. Doch Dröscher und seine Nachbarn haben es behaglich warm. Seit mehr als 40 Jahren setzen sie auf kalte Nahwärme und feiern eine Heiztechnik, die „simpel, langlebig, im Verbrauch kostengünstig und klimaschonend“ ist.

Michael Dröscher, Arno Stamm und Willi Rosowski (v.l.) sind überzeugt davon, dass Wärmepumpen Zukunft haben. © Claudia Engel
Bei kalter Nahwärme wird Grundwasser in das Heizsystem eingeleitet und elektrisch auf Temperatur gebracht. Weil der Ortsteil Barkenberg in seiner Gründerzeit ein weit gestecktes Pionierfeld für Ingenieure und Architekten war, wurde dort in den 1970er-Jahren eine Ringleitung gelegt. Sie stellt die Versorgung der Haushalte im Westen des Ortsteils sicher.
„Primärenergiesparende Wärmeversorgung der Wohnsiedlung Stadtkern West“ lautete der sperrige Titel für die zukunftsweisende Technik, von der 117 Haushalte zunächst profitierten. Die Ringleitung versorgt die Einfamilien- und Mehrfamilienhaus-Siedlung im Barkenberger Westen zwischen Heidbruch und Hetkerbruch bis hin zu Gebäuden am Wulfener Markt mit dem Grundwasser, das elektrisch von den Wärmepumpen in den Häusern aufgeheizt wird und in den häuslichen Heizkörpern bzw. Fußbodenheizungen zirkuliert.
Das Wissen um die Möglichkeiten verlorengegangen?
„Das Wissen um diese Ringleitung und die Möglichkeiten, auch größere Gebäude mit Grundwasser und Wärmepumpentechnik zu beheizen, scheint aber verloren gegangen zu sein“, sagen die drei Barkenberger Hausbesitzer. Ihnen ist unverständlich, warum zum Beispiel die Gesamtschule Wulfen bei ihrer Sanierung nicht ans Netz angeschlossen worden sei: „Dafür rücken jetzt alle drei Wochen Lkw mit Holzpellet-Ladungen an, um das Heizmaterial für die Schule zu liefern. Das hätte man einfacher und umweltschonender haben können“, meint Dröscher.
Für Wulfener-Markt-Investor attraktiv
Attraktiv sei diese Beheizung vielleicht auch für die Häuser am Wulfener Markt: „Je nachdem, was ein künftiger Investor mit den leer stehenden Wohnungen und Geschäftslokalen vorhat, bietet sich ihm ein Anschluss an die Ringleitung an“, so Dröscher. Sein Blick nach vorn wird von der Energie.Agentur NRW unterstützt: „Wärmepumpen gelten heute als zukunftsweisende Anlagen, denn sie ermöglichen umweltfreundliches, nachhaltiges Heizen und tragen so zur Energiewende bei“, heißt es in einem Bericht der Agentur vom 19.10.2019 über die Kalte Nahwärme in Barkenberg.
Gute Nachricht für alle Barkenberger Interessenten: Die Kapazität der Barkenberger Ringleitung ist nicht ausgeschöpft. Das hat damit zu tun, dass einige Häuser vom Netz gegangen sind, als RWE als Betreiberin das Handtuch warf und die Hausbesitzer um die Zukunft ihres speziellen Heizsystems bangen mussten: „Zur Aufrechterhaltung der Wärmeversorgung wird ein neuer Betreiber gesucht“, meldete der Umweltausschuss 2013.
Neue Partnerin gefunden und glücklich über Kooperation
„Glücklicherweise konnten wir selbst einen neuen Betreiber finden“, sagt Michael Dröscher. In der OET Kälte & Wärme GmbH habe man eine Partnerin entdeckt, die sogar die Effizienz der Wärmepumpen weiter verbessern konnte. Sie steht den 40 Teilnehmern, denen 53 Wohneinheiten zuzuordnen sind, zur Seite.

Zählerkasten im Heizungskeller im Hetkerbruch: Einer ist für den häuslichen Stromverbrauch, der zweite zeigt an, wie viel Strom die Wärmepumpe für ihren Betrieb braucht. © Claudia Engel
Dröscher und seine Nachbarn sind hochzufrieden mit der Kooperation. Heizkosten von nur 900 Euro jährlich für ein 180 Quadratmeter großes Haus - das würden viele Besitzer mit Gas- oder Ölheizungen sich wohl wünschen. Zu den umwelt- und kostengünstigen Aspekten kommt die Langlebigkeit der Wärmepumpentechnik hinzu: „Die Wärmepumpe in meinem Haus läuft seit 1982 mit dem ersten Kompressor ohne wesentliche Reparaturen. Alle Welt spricht über energieeffiziente Heizungen, wir haben sie seit fast 40 Jahren“, sagte Michael Dröscher im Interview mit der Energie.Agentur NRW.
Seit 20 Jahren als Lokalredakteurin in Dorsten tätig. Immer ein offenes Ohr für die Menschen in dieser Stadt, die nicht meine Geburtsstadt ist. Das ist Essen. Ehefrau, dreifache Mutter, zweifache Oma. Konfliktfähig und meinungsfreudig. Wichtige Kriterien für meine Arbeit als Lokalreporterin. Das kommt nicht immer gut an. Muss es auch nicht. Die Leser und ihre Anliegen sind mir wichtig.
