Friedhofsgärtner Stefan Lukassen steht vor dem großen Kreuz in der Mitte des Friedhofs an der Gladbecker Straße in Dorsten.

Friedhofsgärtner Stefan Lukassen steht vor dem großen Kreuz in der Mitte des Friedhofs an der Gladbecker Straße in Dorsten. Diebe haben eine lebensgroße Jesus-Statue aus Bronze vom Kreuz gestohlen. © Julian Preuß

Lebensgroße Jesus-Statue weg: Metalldiebe wüteten auf Dorstener Friedhof

rnKriminalität

Auf dem katholischen Friedhof an der Gladbecker Straße haben Diebe zugeschlagen. Es fehlen große Metallstatuen. Beklaut wurden ebenfalls zahlreiche private Gräber. Die Fassungslosigkeit ist groß.

Dorsten

, 30.05.2022, 16:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Stefan Lukassen, Mitinhaber der Friedhofsgärtnerei Lukassen & Breuker, schüttelt den Kopf. Er blickt auf das graue etwa sechs Meter hohe Kreuz, das in der Mitte des katholischen Friedhofs an der Gladbecker Straße steht. Ungläubig erklärt Lukassen, dass an dem Kreuz eine mannshohe Jesus-Figur aus Bronze fehlt. Die Skulptur sei Ende letzter Woche gestohlen worden, sagt er. Genau wie viele kunstvolle Metallverzierungen an privaten Gräbern.

Jesus-Statue wog etwa 600 Kilogramm

Der Friedhof ist im großen Stil Opfer von Metalldieben geworden. „Das muss in der Nacht von Donnerstag auf Freitag (Anm. d. Red.: 26./27. Mai) passiert sein“, sagt der Friedhofsgärtner. Auch mehrere Tage nach der Tat ist Lukassen fassungslos darüber, wie die Kriminellen den bronzenen Jesus vom Kreuz geholt haben. „Ich habe mit dem Steinmetz gesprochen. Das Ding wiegt etwa 600 Kilogramm. Die Figur hebt man nicht alleine herunter. Dafür benötigt man mehrere Leute oder einen Kran.“

Die Drohnenaufnahme zeigt, wie das Kreuz ausgesehen hat, bevor die Diebe die lebensgroße Jesus-Statue gestohlen haben.

Die Aufnahme zeigt, wie das Kreuz ausgesehen hat, bevor die Diebe die lebensgroße Jesus-Statue gestohlen haben. © privat / Stefan Lukassen

Doch Reifenspuren von fremden Fahrzeugen, umgeknickte Blumen oder anderweitige Beschädigungen sucht Lukassen vergeblich. Die Täter müssen gewusst haben, was sie tun. Vor allem, weil sie weitere schwere Kunstwerke vom Friedhof entwendet haben.

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Dazu zählt ebenfalls das Relief, erstellt von der Ursulinenschwester Paula - auch bekannt als Tisa von der Schulenburg. Es hing an der Front der Trauerhalle, links neben dem Eingang. „Das hat bereits am Donnerstag, also an Christi Himmelfahrt, gefehlt“, sagt Lukassen. Er schätzt das Kunstwerk aus Bronze oder Messing ebenfalls auf etwa 200 Kilogramm.

Wert lässt sich kaum beziffern

Polizeibeamte haben am Montagmorgen (30.5.) den Schaden begutachtet. „Aber wie will man den Wert von solchen Kunstwerken beziffern? Das ist kaum möglich, weil das keine Metallskulpturen aus der Massenproduktion waren“, erklärt Lukassen.

Der materielle Wert lässt sich mithilfe einer einfachen Google-Suche schnell schätzen. Rund 1.200 Euro lassen sich demzufolge pro 100 Kilogramm Bronze verdienen. Dementsprechend könnte allein der Metallwert der Jesus-Statute und des Reliefs bei mehr als 9.000 Euro liegen. Abgesehen von den emotionalen Werten, die mit den Kunstgegenständen zusammenhängen.

Denn diese sind unersetzbar und einfach weg. Diese Erfahrung musste auch Wilhelm Schürholz machen. Die Familiengruft des Dorsteners befindet sich ebenfalls auf dem Friedhof an der Gladbecker Straße. Sie gehört zu den etwa 20 bis 30 privaten Gräbern, die von den Diebstählen betroffen sind.

Wilhelm Schürholz zeigt ein Foto, wie die Gruft auf dem Friedhof in Dorsten vor dem Diebstahl aussah.

An der Gruft der Familie Schürholz fehlt eine mehr als einen Meter hohe Statue aus Kupfer. Sie hatte unter dem Baum gestanden. Wilhelm Schürholz zeigt ein Foto, wie die Gruft auf dem Friedhof in Dorsten vor dem Diebstahl aussah. © Julian Preuß

Private Gräber werden nicht verschont

„Ich bin traurig“, sagt Schürholz. Er betrachtet den Sockel, auf dem bis vor Kurzem noch die Pietà - die Darstellung Marias mit dem vom Kreuz genommenen Jesus - gestanden hatte. Die etwa 1,20 Meter hohe Kupferstatue war bis dato ein Blickfang und ebenfalls ein emotionaler Anker gewesen. Schürholz sagt: „Es hängen viele Emotionen und Erinnerungen daran. Die Figur gehörte hier zur Gruft. Deshalb haben wir sie auch nicht weggenommen.“

Diese Figur stand bis vor Kurzem auf der Gruft der Familie Schürholz.

Diese Figur stand bis vor Kurzem auf der Gruft der Familie Schürholz. © privat / Wilhelm Schürholz

Vier, vielleicht fünf Meter von dem Sockel entfernt liegt noch das nicht-metallische Innenleben der Figur. Die Täter müssen die Skulptur also aus der Verankerung gerissen und kaputtgeschlagen haben. „Da fällt mir kein anderes Wort für ein als Niedertracht“, sagt Schürholz. Sollten die Täter gefasst oder die Figur wiederbeschafft werden, verspricht er eine Belohnung für diejenige Person, die den entscheidenden Hinweis gegeben hat.

Eine Anzeige bei der Polizei hat Schürholz bereits am Freitag online erstattet. Damit ist er nicht der einzige. Wegen dieses Falles seien bereits mehrere Anzeigen bei der zuständigen Polizeibehörde Recklinghausen eingegangen, berichtet Sprecherin Corinna Kutschke. Weitere Details möchte die Polizei am Dienstag (31.5.) nennen.

Am rechten Bildrand sind noch Reste des Innenlebens von der Figur zu erkennen, die wenige Meter weiter auf der Gruft der Familie Schürholz stand.

Am rechten Bildrand sind noch Reste des Innenlebens von der Figur zu erkennen, die wenige Meter weiter auf der Gruft der Familie Schürholz stand. © Julian Preuß

Die Ermittlungen der Beamtinnen und Beamten laufen. Sollten die Täter gefasst werden, droht ihnen eine mehrjährige Haftstrafe. Sollten sie wegen Störung der Totenruhe (§168 Strafgesetzbuch) verurteilt werden, könnten sie bis zu drei Jahre ins Gefängnis kommen. Diebstahl (§242 StGB) wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet.

„Ich glaube allerdings nicht, dass die Ermittlungen erfolgreich sein werden“, sagt Friedhofsgärtner Lukassen und schaut in Richtung Kreuz - dorthin, wo bis Freitag noch die Jesus-Figur über den Friedhof gewacht hat.