Kutlay A. und der Bruder von Janina M. haben den mutmaßlichen Angreifer in dieser Spielzeuglok festgehalten, bis die Polizei eingetroffen war. © Marcel Witte
Zivilcourage
Frauen belästigt: Kutlay A. (43) hält Angreifer in Spielzeug-Lok fest und wird angezeigt
Zwei junge Frauen werden nachts in der Altstadt angegriffen. Kutlay A. hilft ihnen, hält den mutmaßlichen Angreifer fest. Jetzt hat er selbst eine Anzeige am Hals - wegen Körperverletzung.
Manchmal ist die Ermittlungsarbeit der Polizei wie ein Puzzle. So auch im Fall einer Auseinandersetzung von Tanz in den Mai dieses Jahres, die erst jetzt bekannt wurde. Wer dort welche Rolle spielte und was genau geschah, versucht die Polizei jetzt zu ermitteln. Denn es gibt gegenseitige Beschuldigungen.
Kutlay A. (voller Name der Redaktion bekannt) ging nach eigenen Angaben in der Nacht des 30. April mit seiner französischen Bulldogge in der Castroper Altstadt spazieren. Das mache er regelmäßig so, sagt der 43-Jährige. Es war kurz nach drei in der Nacht, als er zwei Frauen und einen Mann auf Höhe der Bäckerei Grobe streiten sah. „Zwei junge Frauen wurden von einem Mann angegriffen. Das war eindeutig und da gibt es nichts schönzureden“, so Kutlay A. „Die Frauen haben laut geschrien und sich gegen den Mann gewehrt.“ Kutlay A. bringt auch den Vorwurf der sexuellen Belästigung ins Spiel.
Erst Zivilcourage, dann Anzeige wegen Körperverletzung
Kutlay A. tat in dieser Nacht das, was man Zivilcourage nennt. Er schritt ein und half den beiden ihm unbekannten Frauen, die sich in einer vermeintlichen Notsituation befanden. Dafür hat er jetzt selbst eine Anzeige am Hals. „Ich bin sofort eingeschritten und habe den Mann fixiert“, so A. Der wiederum hat ihn jetzt wegen Körperverletzung angezeigt.
Kutlay A. habe ihn nur festhalten wollen, bis die Polizei eintrifft, damit er nicht fliehen kann. Ja, er sei ihm körperlich überlegen gewesen, sagt Kutlay A., aber ausgenutzt habe er das nicht. Es habe nur geholfen, den Mann an der Flucht zu hindern. Dass er jetzt selbst angezeigt worden sei, macht ihn fassungslos. „Wir leben doch hier nicht in einer Bananenrepublik“, sagt er. Er beteuert, dass er nur habe helfen wollen.
Eine der angegriffenen Frauen, Janina M. (vollständiger Name der Redaktion bekannt), bestätigt die Version von Kutlay A. im Gespräch mit der Redaktion. Sie feierte an diesem Abend mit einer Freundin in der nahe gelegenen Gaststätte „Zum Bus“ an der Straße Im Ort. Der Mann, der sie später angegriffen haben soll, war ebenfalls Gast in der Kneipe. „Er hat sich den ganzen Abend über merkwürdig verhalten“, so M. Die jungen Frauen fühlten sich von ihm beobachtet, nahmen ihn als unangenehm wahr. Gekannt habe sie den Mann aber nicht, so Janina M.
Mann verfolgt die Frauen in menschenleerer Altstadt
Als die beiden Frauen gemeinsam zu Fuß den Heimweg antraten, sei er ihnen gefolgt. Die Castroper Altstadt sei so spät in der Nacht menschenleer gewesen. „Der Mann hat mich auf einmal festgehalten“, sagt Janina M. Es kam zur Auseinandersetzung, Janina M. wehrte sich. Die Freundin rief den Bruder von Janina M. an, der zu der Zeit noch in der Kneipe war. Als er dazukam, war Kutlay A. schon eingeschritten. „Mein Bruder und Kutlay A. haben den Angreifer dann zu der Spielzeug-Lok an der Münsterstraße getragen“, sagt Janina M. Dort hätten sie ihn abgesetzt und festgehalten.
Als die Polizei ein paar Minuten später mit drei Streifenwagen eintraf, zeigte sich der Mann aggressiv - den Polizisten und Kutlay A. und Janina M. gegenüber. Das bestätigt auch Polizeisprecherin Ramona Hörst auf Anfrage. Kutlay A. spricht von Drohungen. Auch Janina M. will Sätze wie „Ich breche dir die Nase“ gehört haben. Sie zeigte den Mann wegen Körperverletzung an. Die Polizei nahm ihn über Nacht mit in die Arrestzelle, „zur Verhinderung von weiteren Straftaten“.
Denn der Mann ist laut Polizeiangaben in derselben Nacht schon einmal aufgefallen. Er wird beschuldigt, einem weiteren Mann eine Glasflasche über den Kopf geschlagen zu haben. „Wir wurden um 1.30 Uhr schon zu einer Auseinandersetzung an der Straße Im Ort gerufen“, so Ramona Hörst. Zu dem Zeitpunkt soll schon jede Menge Alkohol geflossen sein.
Ein paar Tage später soll es zu einem weiteren Zwischenfall gekommen sein. „Der Mann, der mich in der Nacht auf den 1. Mai angegriffen hat, hat mir aufgelauert und vor einem Geschäft in der Altstadt auf mich gewartet“, so Janina M. Sie zeigt ihn ein weiteres Mal an - diesmal wegen Stalkings. „Es ist mir unbegreiflich, dass der Mann immer noch frei herumläuft“, so Kutlay A.
„Ich weiß nicht, wozu der Mann fähig ist“
Janina M. hat seitdem Angst, alleine das Haus zu verlassen. Denn dem Mann, der sie belästigt haben soll, begegnet sie in der Castroper Altstadt immer wieder. „Wenn ich ihn sehe, versuche ich, mich hinter Menschen oder in Geschäften zu verstecken“, sagt die 26-Jährige. Sie wisse ja nicht, wozu er fähig sei. Die ersten Tage nach dem Angriff habe sie kaum das Haus verlassen, danach dann nur in Begleitung von Freunden und Familie.
Kutlay A. muss am Mittwoch, 12. Juni, bei der Polizei aussagen - als Beschuldigter der gefährlichen Körperverletzung. Dafür hat er sich einen Rechtsanwalt genommen, denn er beteuert: „Ich habe ihn nicht geschlagen, sondern nur fixiert.“ Die Anzeigen gegen den mutmaßlichen Angreifer laufen.
Wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind, geht der Vorgang an die Staatsanwaltschaft. „Die muss dann objektiv entscheiden, ob es zu Anklagen kommt“, so Polizeisprecherin Ramona Hörst.
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