Zig-Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr Riesige Solar- und Windkraftanlage geplant

Zig-Millionen Kilowattstunden: Riesige Solar- und Windkraftanlage geplant
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Über die neuartigen Pläne für Castrop-Rauxel haben wir erstmals berichtet, als die Tagesordnung für den Umweltausschuss bekannt wurde. Nun konnten wir dem Eigentümer Details zur geplanten Freiflächen-Photovoltaik-Anlage, der ersten der Stadt, entlocken. Sie soll am Rande des Gestüts Forstwald in Bladenhorst entstehen. Fragen und Antworten.

Wer ist der Eigentümer und wie kam man auf diese Idee?

Eigentümer des Gestüts ganz in der Nähe des Schlosses Bladenhorst ist Rolf Holtschneider mitsamt Familie. Sie stammt ursprünglich aus Duisburg, ist seit Generationen im Ruhrgebiet unternehmerisch tätig. Die Idee für ein Investment in erneuerbare Energien in Castrop-Rauxel sei bereits vor einigen Jahren entstanden, heißt es. Und der Standort am Gestüt Bladenhorst erfüllte schon damals viele umweltrelevante und rechtliche Voraussetzungen für die Errichtung einer Photovoltaik- und Windkraftanlage. Hier sind die Nähe zum Industriegebiet auf Herner Stadtgebiet am Kanal zu nennen, die nahe Autobahn und Bahntrasse, eine geringe Einsehbarkeit des Geländes, die Entfernung zu Wohngebieten.

„Die Eigentümerfamilie möchte gerne einen Beitrag zur Energiewende leisten“, so Sprecher Johannes Tisborn des Büros Holtschneider in Weilerswist, dem unsere Redaktion Fragen zukommen lassen konnte. Die unternehmerische Perspektive stehe hier nicht an erster Stelle. „Die Familie möchte aktiv im Kampf gegen den Klimawandel werden – und das vor Ort, im Ruhrgebiet, in Castrop-Rauxel.“

Was ist geplant?

Zukunftsfähige Technologien, die fast keine CO2-Emissionen verursachen: So heißt es aus dem Hause Holtschneider. Wenn die Anlage realisiert werden könnte, werde ein signifikanter Anteil des benötigten Strombedarfs von Castrop-Rauxel lokal und umweltfreundlich produziert, so Tisborn. Die Planung umfasse die Errichtung einer Photovoltaikanlage unter Erhalt von Flora und Fauna. Die Größe könne noch nicht genau benannt werden, da man Umweltprüfverfahren wie Artenschutzgutachten abwarten müsse. „Wir bewegen uns in einer Größenordnung von ca. 4 bis 6 Hektar mit rund 7 Millionen Kilowattstunden Leistung pro Jahr“, sagt Johannes Tisborn.

Die Errichtung einer Windkraftanlage sei ebenfalls geplant. Dazu müsse man noch Umwelt- und Windgutachten abwarten. „Erste Indikationen stimmen uns aber zuversichtlich.“ Man erwarte dabei eine Jahresleistung von weiteren 15 Millionen Kilowattstunden. Nach der 2020 in Betrieb gegangenen Stadtwerke-Anlage auf dem Gelände von Rain Carbon (3300 Kilowatt Leistung, stärkste Anlage in Castrop-Rauxel) wäre das neben Becklem und den sechs Anlagen auf Schwerin die neunte.

Acht Windkraftanlagen hat Castrop-Rauxel bisher zu bieten: sechs auf Schwerin (Foto), eine in Becklem, eine bei Rain Carbon. Ganz in der Nähe in Bladenhorst könnte vielleicht das neunte Windrad errichtet werden.
Acht Windkraftanlagen hat Castrop-Rauxel bisher zu bieten: sechs auf Schwerin (Foto), eine in Becklem, eine bei Rain Carbon. Ganz in der Nähe in Bladenhorst könnte vielleicht das neunte Windrad errichtet werden. © Tobias Weckenbrock

Seit wann ist das Gestüt und das Gelände im Eigentum der Familie?

Schon in den 70er-Jahren erwarb Familie Holtschneider das Gestüt in Bladenhorst, so der Sprecher. Bis heute wurde es ausschließlich land- und forstwirtschaftlich genutzt, speziell für Pferdehaltung. Seit November 2022 ist Sina Madlung Pächterin. Es soll auch nach dem Bau der Ökostrom-Anlagen als Gestüt weiter betrieben werden.

Hat die Familie Erfahrungswerte mit ähnlichen Projekten?

Man habe bereits Investitionen in erneuerbare Energien getätigt, plane parallel auch an anderen Standorten. Aber die geplante Größenordnung der Anlage in Castrop-Rauxel übertreffe alle bisherigen Investitionen in erneuerbare Energien, heißt es aus dem Kreise der Familie. In Rede stehen Gesamtinvestitionen von ca. 15 Millionen Euro. Allerdings sei es zu früh, eine präzise Summe zu nennen. Von dieser Summe gehe man derzeit aus.

Bis wann sind die Projekte realisiert?

Da muss man die Glaskugel bemühen, wenn man eine genaue Antwort haben möchte. Aber es gibt durchaus Näherungswerte: Die entscheidenden Schritte, also ein Planungs- und Genehmigungsverfahren mitsamt der Nutzungsänderung stünden erst noch bevor. Man haben jedoch der Stadt klar signalisiert, „dass wir das Projekt im ‚neuen Deutschlandtempo‘ zügig und unbürokratisch umsetzen möchte“, so die Familie Holtschneider. Als Eigentümer und Investor sei man bereit, das Projekt zu einem Vorzeigeprojekt zu machen. „Wir möchten demonstrieren, dass die Stadt Castrop-Rauxel bei guter Zusammenarbeit von Eigentümer/Investor und Stadtverwaltung Dinge schnell bewegen kann.“ Dies gehe nur, „wenn uns die Stadtverwaltung auch weiterhin zielorientiert begleitet“, so Johannes Tisborn.

Explizit hebt er dabei hervor, dass man bisher „sehr positive Erfahrungen mit der Stadt Castrop-Rauxel“ gemacht habe, vor allem mit Stadtwerke-Geschäftsführer Jens Langensiepen, Astrid Gatzke und Michael Werner vom EUV-Stadtbetrieb. „Unser Eindruck ist, dass die Stadt Castrop-Rauxel unserem Projekt positiv gegenübersteht.“ Es habe zwar noch keinen direkten Kontakt zwischen Bürgermeister Rajko Kravanja und dem Eigentümer gegeben, vom Projekt-Partner Stadtwerke gebe es aber bisher immer sehr zeitnah Rückmeldung zu aktuellen Entwicklungen.

Zupass kommt der Initiative vermutlich auch die Bewegung in der Bundesregierung von dieser Woche: Wirtschaftsminister Habeck unterstrich am Montag (30.1.) erst die neue Geschwindigkeit in Genehmigungsverfahren. „Grundsätzlich erwarten wir eine Umsetzung in 2024/25“, so der Investor. Spätestens 2026 solle die erste Kilowattstunde durch die Leitungen fließen. „Das ist ambitioniert, aber nicht unrealistisch“, sagt Familien-Sprecher Johannes Tisborn.