„Wir müssen verdammt nochmal anfangen“ Das hat Bürgermeisterkandidat Thomas Thiel (CDU) vor

Bürgermeisterkandidat Thomas Thiel: „Wir müssen verdammt nochmal anfangen“
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Mit 95 Prozent der Stimmen wurde Thomas Thiel beim CDU-Parteitag offiziell zum Bürgermeisterkandidaten für Castrop-Rauxel gewählt. Er wird zusätzlich von der FDP unterstützt. Die Zeiten, in denen SPD-Kandidaten im Ruhrgebiet und in Castrop-Rauxel wie selbstverständlich gewählt wurden, seien vorbei, sagte der 55-Jährige am Samstag (8.3.) während seiner Antrittsrede im Dieze im Erin-Park. Das hätten Wahlergebnisse der vergangenen Jahre gezeigt. Das Ziel laute, nach der Kommunalwahl im September als CDU nicht nur die stärkste Fraktion, sondern auch den Bürgermeister zu stellen.

Seit 2013 leitet Thiel das Ordnungsamt. Bei der Stadt ist er seit 1989 beschäftigt. Er arbeitete zuvor unter anderem in der Stabstelle Ratsangelegenheiten und als Leiter der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit.

„Ich will es anders machen als der jetzige Amtsinhaber“, sagte Thiel. Den Namen von Rajko Kravanja (SPD) vermied er konsequent. „Ein reiner Verwaltungsfachmann kann nicht Bürgermeister sein“, hatte Kravanja einmal im Gespräch mit unserer Redaktion gesagt – eine Spitze gegen den CDU-Kandidaten. „Dem würde ich jetzt erstmal widersprechen“, sagte Thiel unter dem Applaus seiner Mitstreiter. „Ich habe 35 Jahre Erfahrung – nicht nur in der Verwaltung, sondern auch mit der Politik. Aufgrund meiner Tätigkeit im Rathaus ist eine enge Zusammenarbeit mit der Politik immer schon dagewesen.“

Er würde sowohl die Rolle der Verwaltung, als auch die Rolle des Bürgermeisters „gänzlich anders interpretieren“ als Kravanja, sagte der 55-Jährige. Andere Schwerpunkte zu setzen, sei der erste Antrieb für seine Kandidatur.

Applaus gab es unter anderem während der Rede von Thomas Thiel.
Applaus gab es unter anderem während der Rede von Thomas Thiel. © Ludger Staudinger

Lust auf Castrop-Rauxel

„Wir müssen es wieder schaffen, dass die Menschen Lust auf diese Stadt bekommen“, sagte Thiel. Egal, ob Menschen in Castrop-Rauxel wohnen, Kinder großziehen, arbeiten, einkaufen, Freizeit verbringen, bauen oder ein Unternehmen ansiedeln wollten – der Fokus müsse darauf liegen, es attraktiv für sie zu gestalten. Dazu sei es – insbesondere wegen der „nicht rosigen“ finanziellen Lage – nötig, dass sich Politik und Verwaltung wieder auf das Wesentliche konzentrierten. „Wir sind kein Selbstzweck. Wir sind für die Bürgerinnen und Bürger da.“

Zu Beginn thematisierte der 55-Jährige sein Spezialgebiet: die Stadtverwaltung. Er sei der Auffassung, „dass in den Menschen, die im Rathaus arbeiten, viel mehr Potenzial steckt, als gerade tatsächlich zum Vorschein kommt“. Das Bürgerbüro habe sich, seit es 2016 in seine Verantwortung übertragen worden sei, in die richtige Richtung entwickelt. Im Sommer 2021 übernahm Detlef Grunau den Posten von ihm. Zukünftig solle das Bürgerbüro zu einem „Lotsen in die Verwaltung hinein“ werden. Das Ziel: „Ich habe als Bürger einen Ansprechpartner für viele Dinge. Ich muss mich nicht mehr kümmern, sondern es wird sich um mich gekümmert.“ Es gelte, die Prioritäten so zu setzen, dass genug Personal für die Dienste da sei, die mit den Bürgern zu tun haben.

Stadtverbands-Chef Carsten Papp spricht beim CDU-Parteitag.
Die gesamte Rede von Thomas Thiel gibt es als Video. © Ludger Staudinger

„Verdammt nochmal anfangen“

„Wir haben eine wunderschöne Altstadt“, sagte Thiel. Die sei für sich genommen ein echtes Pfund. „Das Einzige, was fehlt, ist der Geschäftsbesatz.“ Er wisse, dass das nicht einfach zu lösen sei. Doch es müsse viel mehr Energie in dieses Thema gesetzt werden. Das Personal der Wirtschaftsförderung brauche mehr Freiheiten, damit Leerstand vermieden und beseitigt werden könne. Für das Bauordnungsamt fordert Thiel mehr Personal, „damit aus dem Bauordnungsamt ein Bau-Ermöglichungs-Amt wird“.

Zum Bereich Kinder und Familien sagte Thiel, es müsse für alle Kinder das passende Angebot gemacht werden. Dazu müsse weiter Geld in Infrastruktur wie den Offenen Ganztag und die Kitas investiert werden. Ihm sei völlig klar, dass es um die Stadtfinanzen schlecht steht. Klar sei: „Wir brauchen einen langen Atem. Aber wir müssen verdammt nochmal anfangen.“

Stadtverbands-Chef Carsten Papp (links) gratuliert dem Bürgermeisterkandidaten Thomas Thiel.
Stadtverbands-Chef Carsten Papp (links) gratuliert dem Bürgermeisterkandidaten Thomas Thiel. © Ludger Staudinger

„Sicherheit braucht Sichtbarkeit.“

Das Thema Sicherheit nehme aktuell in seiner Bedeutung zu, sagte der Chef des Ordnungsamts. Er sprach sich für eine Ausweitung sowie ein eigenes Büro für den Kommunalen Ordnungsdienst aus. Damit würde er sichtbarer: „auf der Straße, in Brennpunkten, in Hotspots“ oder bei Veranstaltungen. Veranstalter und Verwaltung machten sich immer mehr Gedanken darum, wie Events so sicher wie möglich durchgeführt werden könnten. „Aber wir müssen da dranbleiben.“ Auch die Beleuchtung von Angsträumen könne einen Beitrag dazu leisten, dass sich Menschen in Castrop-Rauxel ein bisschen sicherer fühlten. „Was uns nicht guttut, ist, wenn man Probleme verschweigt, Probleme nicht erkennt, Probleme nicht ausspricht, Probleme nicht sehen möchte. Denn eins ist ganz klar: Wenn ich Probleme nicht sehe, bin ich an Lösungen nicht interessiert.“

Stadtverbands-Chef Carsten Papp legte beim Parteitag Wert darauf, dass zuerst das Wahlprogramm beschlossen, und erst danach das Personal gewählt wird, mit dem die CDU ins Rennen geht. Das fertige Wahlprogramm mit dem Titel „Zukunftsplan 2030 – Unser Programm für Zusammenhalt, Stabilität und Erneuerung“ lag uns zu Redaktionsschluss noch nicht vor, da laut Papp noch letzte Änderungen eingepflegt werden mussten.

Die komplette Rede des Bürgermeisterkandidaten auf rn.de/castrop