
© Bastian Becker
„Wir fühlen das“: Viele Castrop-Rauxeler spenden für Ukraine
Ukraine-Solidarität
Die erste große Spendenaktion der Stadt Castrop-Rauxel ist am Freitag gestartet, um dringend benötigte Hilfsgüter für ukrainische Geflüchtete zu sammeln. Die Solidarität war groß.
Der Krieg in der Ukraine löst bei den Menschen in Castrop-Rauxel eine Welle der Hilfsbereitschaft aus. „Wir haben den Krieg mitgemacht. Die Leute tun mir so Leid“, sagt eine ältere Dame. Sie ist sichtlich aufgewühlt, wischt sich die Tränen aus den Augen. Im Kofferraum ihres Autos stehen Kisten mit Kleidung, Medikamenten und Hygieneartikeln.
Großer Andrang und viele Spenden
Am Freitag (4.3.) um 14 Uhr hat die Annahmestelle, die von Stadt, Caritas, Rotem Kreuz und Flüchtlingshilfe in der Nähe von Europahalle und Rathaus organisiert wird, offiziell ihre Türen geöffnet. Und schon kommt ein Auto nach dem anderen auf den kleinen Parkplatz vor dem Bungalow gerollt. Castrop-Rauxeler tragen säckeweise Spenden zu der Annahmestelle.

Eine aufblasbare Friedenstaube weht über den Helfern im Wind: Viele sind gekommen, um zu spenden oder zu helfen. © Paul Horst
Der 26-jährige Deniss läuft ihnen entgegen, nimmt ihnen freundlich lächelnd Taschen und Kartons ab, trägt sie nach innen. Er berichtet: „Wir haben zwar erst um 14 Uhr aufgemacht, aber heute morgen waren auch schon Menschen da.“ Schon etwa 30 Menschen hätten Spenden vorbeigebracht, dabei ist die Annahme erst seit 20 Minuten offiziell geöffnet.
Auch Kinder stellen Fragen zur Ukraine
Die vermutlich jüngsten Castrop-Rauxeler, die heute hierher gekommen sind, sind die Geschwister Laura und Niklas. Ihre Mutter Katharina hat sie an die Hand genommen: „Mir war es wichtig, dass die Kinder mitkommen“, denn zu Hause würden die beiden im Kindergartenalter ja auch schon Fragen zu der Situation in der Ukraine stellen.
Die Konservendosen und Hygieneartikel, die die junge Familie an der Annahme abgibt, wandern direkt in den Bungalow. Hier sind bereits mehrere Dutzend Menschen damit beschäftigt, die Spenden zu sortieren. In verschiedenen Räumen sammeln sie Kleidung, haltbare Lebensmittel, aber auch Medikamente oder Windeln.
Organisatoren sind begeistert
Die Organisatoren der Aktion zeigen sich vorerst zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Aktion. Es liefe „sehr klasse“ meint Susanne Köhler, die für die Stadt Castrop-Rauxel im Bereich Migration und Obdachlosigkeit arbeitet und die Annahme mitkoordiniert.
Veronika Borghorst, Vorständin der Caritas in Castrop-Rauxel, hat aus der polnischen Partnerstadt Nowa Ruda eine Liste mit benötigten Dingen bekommen. „Vor allem Decken, Hygieneartikel und haltbare Lebensmittel werden benötigt. Das ist sehr wichtig für die erste Notsituation“, betont sie.
Susanne Köhler erklärt, dass zwar viel Kleidung abgegeben werde, diese aber derzeit nicht in großen Mengen benötigt werde. Auch einige wenige andere Spenden wie Tierfutter würden nicht gebraucht. Besonders erfolgreich scheint der Spendenaufruf beim Thema Windeln gewesen zu sein. Sie habe schon einen Anruf erhalten, in Castrop-Rauxel seien die Drogeriemärkte leer gekauft.
Christoph Behrenspöhler aus dem Vorstand des DRK-Kreisverbandes berichtet: „Wir bereiten uns darauf vor, dass ab der nächsten Woche die ersten Flüchtlinge nach Castrop-Rauxel kommen.“ Diese müssten dann vor Ort gesundheitlich untersucht und möglicherweise noch gegen das Coronavirus geimpft werden.
Ehemalige Flüchtlinge wollen jetzt helfen
Nächste Woche werden die Spenden nach Nowa Ruda gefahren. Dort sind in den letzten Tagen bereits die ersten ukrainischen Geflüchteten angekommen.
Auch eine Gruppe syrischer Geflüchteter hat von der Aktion mitbekommen und sich entschieden, zu helfen. Einer von ihnen ist Hussein Alnaser, der 2015 aus seiner Heimat Syrien fliehen musste. „Wir fühlen das“ sagt er und meint die Situation, in der sich die Menschen befinden, die jetzt aus ihrer ukrainischen Heimat fliehen müssen.

"Wir fühlen das": Hussein Alnaser ist 2015 aus Syrien geflüchtet und hilft jetzt bei der Sammelaktion. © Bastian Becker
Simone von Kleve ist aus Ickern gekommen und hat in ihrem Auto Kisten mit Hygieneartikeln und Babykleidung mitgebracht. „Wir haben gesucht, was wir übrig haben, um unseren Beitrag zu leisten. Mein Kind ist erst ein Jahr alt, deswegen sind die Sachen noch ziemlich neu. Diese Menschen brauchen die Sachen jetzt mehr als wir“, erklärt sie.
Ähnlich denkt Joachim Thöing (Henrichenburg): „Wir haben noch alles, uns geht es ziemlich gut. Windeln, Taschenlampen, Handtücher, Zahnpasta: Wir haben alles dabei, was gespendet werden soll.“ Diese Sachen habe er extra vorher eingekauft, um sie zu den Flüchtlingen zu schicken.
Es sieht also alles danach aus, als ob die Spendenaktion, die auch noch am Samstag und Sonntag weiterlaufen wird, ein Erfolg wird. Laut Köhler haben sich für die Fahrt bereits einige Unternehmer zusammengetan. Lange müssen Nowa Ruda und die ukrainischen Geflüchteten dort also nicht mehr auf die Hilfe der Castrop-Rauxeler warten.
Die Stadt zog am Freitagabend eine positive Bilanz. 25 Helferinnen und Helfer seien vor Ort gewesen. Auch über die städtische Koordinierungsstelle fluechtlingshilfe@castrop-rauxel.de hätten sich Freiwillige gemeldet. Bürgermeister Rajko Kravanja sagte zum Ende des ersten Spendentages: „Heute arbeitet die Stadtgesellschaft Hand in Hand für den Frieden, für Menschen in Not. Alle packen an, ob als Helfende oder Spendende. Das ist praktische Demokratie.“
Spendenaktion
- Spenden können auch am Wochenende abgegeben werden: Samstag (5.3.) und Sonntag (6.3.) von 10 bis 16 Uhr.
- Anlaufstelle ist die aktuell leerstehenden, mobilen Kita am Stadtmittelpunkt. Die Anfahrt erfolgt von der Seite der Stadthalle/Europahalle.
- Ausdrücklich wird nochmal darauf hingewiesen, dass nur diejenigen Sachspenden angenommen werden, die auf der städtischen Internetseite unter www.castrop-rauxel.de aufgeführt sind.